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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Dafürhalten kernige Mannsbild von Fahrschüler gewuchtet. Ihr Sitz war in der hinterletzten Kerbe eingerastet. „Wollen wir uns nicht duzen? Das fördert den Lernerfolg.“
    Herr Schweitzer hatte davon zwar noch nichts gehört, aber er willigte ein. Kinderlos wie er war, hatte er von Pädagogik recht wenig bis gar keine Ahnung.
    „Nun, Simon, glaub mir, es ist ein großer Unterschied, ob man mit Automatik- oder Schaltgetriebe einparkt. Das wirst du gleich sehen. Ich habe hinten extra zehn Meter freigelassen. Da kann also nichts schiefgehen. Und jetzt schmeiß die Karre mal an.“ Salbungsvoller hätte auch das Timbre einer Märchenerzählerin nicht klingen können.
    Noch während der Detektiv den Schlüssel drehte, wollte er einräumen, die zehn Meter seien doch wohl etwas übertrieben, er sei schließlich nicht blöd. Nur gut, daß er dazu nicht mehr kam, denn kaum war der elektrische Funke des Anlassers übergesprungen und der Schaltknüppel auf R gelegt, machte der Audi einen gewaltigen Satz nach hinten. Herr Schweitzer erschrak enorm, und die Fahrlehrerin stampfte nach feiner englischer Art ihre Quadratlatschen mit der Wucht einer Planierraupe auf das Bremspedal, so daß des Schülers Sitz zuzüglich der Karosserie quietschte und ächzte.
    Erst als er seine Stimme wiedergefunden hatte – vorher ging nicht –, quietschte und ächzte Herr Schweitzer: „Was war denn das eben?“
    Brigitte drehte Däumchen. „Der Unterschied zwischen Automatik und Gangschaltung.“
    Nun denn, dachte Herr Schweitzer, mit ausgeklügelter Pädagogik hat diese Erklärung aber nichts zu tun. „Wieso fährt das Auto los? Ich habe doch gar kein Gas gegeben.“
    „Aah, jetzt kommen wir der Sache schon näher. Weißt du, Simon, ein Automatik-Auto fährt immer von alleine.“
    „Ich brauch also nur noch lenken?“
    „Ja, Simon, sehr, sehr gut. Das hast du jetzt ganz, ganz fein bemerkt. Aber …“, Brigitte deutete durch die Windschutzscheibe, „nennst du das Lenken?“
    Herr Schweitzer schaute nach vorne. Oh, zwei der vier Holzbälkchen, die vormals eine Parklücke darstellten, waren ganz schön zur Seite geschleudert worden. Eine bittere Prise Untergangsstimmung ließ seine Stimme vibrieren: „Uiuiui, wenn das echte Autos gewesen wären, das hätte aber einen gewaltigen Schaden gegeben.“
    „Jaaa, so könnte man es ausdrücken, Simon. Aber zum Glück bist du bei Brigittchen in guten Händen.“ Ihre fleischige Hand tätschelte Herrn Schweitzer Oberschenkel gefährlich weit oben.
    Der Detektiv jedoch hatte das soeben Geschehene noch gar nicht richtig verarbeitet. Noch hielt er diese körperliche Berührung für pädagogisches Kalkül. „Also gut, beim Automatik-Auto immer ans Lenken denken.“
    „Nicht immer. Auf einem großen Salzsee zum Beispiel wäre das manchmal auch zu vernachlässigen.“
    Ganz schön spitzfindig, die Dame, dachte Herr Schweitzer. „Aber, wie verhindere ich denn, daß das Auto einen so plötzlichen Satz macht? Muß ich das Standgas runterdrehen? Ist der Audi gerade kaputt? Ist schließlich schon ein älteres Modell.“
    „Die Bremse“, startete Brigitte nun einen Versuch, die Unwissenheit ihres Schützlings zu eliminieren.
    „Die Bremse? Du meinst, ich muß immer bremsen, während das Auto von sich aus fährt? Das ist doch ziemlich unlogisch. Man könnte doch beispielsweise den Motor so einstellen, daß das Auto nicht von sich aus drauflosfährt, dann bräuchte ich auch nicht immerfort zu bremsen. Schließlich bin ich ja schon mit dem Lenken beschäftigt.“
    „Aber du hast doch eben gar nicht gelenkt.“ Brigittes Taktik bestand nun darin, den hörigen Führerscheinanwärter erst einmal gehörig runterzuputzen, um ihm dann mit allem erzieherischem Feingefühl wieder aufzubauen.
    „Ja schon, dennoch könnte ich beim nächsten Mal dran denken. Jetzt, da ich’s weiß …“
    „Ich will dich ja nicht entmutigen, Simon, aber zum Fahren gehören noch eine ganze Menge anderer Sachen.“ Tätschel, tätschel.
    „Was’n?“
    „Verkehrsschilder beachten. Die anderen Autofahrer im Auge behalten, denen könnten ja auch Fahrfehler unterlaufen. Hin und wieder in den Rückspiegel gucken. Gegebenenfalls den Verkehrsnachrichten zuhören. Und, und, und. Ich weiß, ihr Männer habt eure Probleme damit, zwei Sachen gleichzeitig zu tun.“
    Was sollte denn das jetzt schon wieder, überlegte Herr Schweitzer. Ist Brigitte etwa eine Lesbe? Aber wieso streichelt sie dann meinen Oberschenkel? Wird Zeit, einen

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