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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Herr Schweitzer wechselte in den Schatten. In den Lotto-Schreibwarenladen wäre er eingetreten, hieße der Jackpot Coca-Cola und würde sofort ausbezahlt werden. Durst.
    Durst. Durst. Durst. Dadada vorne. Ein Bioladen. Wahrscheinlich keine Coca-Cola, aber Holundersaft aus biodynamischem Anbau. Im Augenblick hätte er auch Brennessel-Kuhfladen-Saft zu sich genommen. Ihm war alles egal, Hauptsache flüssig und kalt. Und man schaue, sogar ein Café war dem Laden angeschlossen. Ah, dachte Herr Schweitzer, der Stuhl hier ist ja wie geschaffen für mich und steht zusätzlich noch unter einem schattigen Bäumchen.
    Und als hätte die weibliche Bedienung den Ernst der Lage erkannt, kam sie auch ganz fix angeeilt. „Was wünscht der Herr?“
    „Saft.“
    „Welchen? Wir hätten …“
    „Vollkommen schnurz. Am besten gleich drei große Gläser. Und mit Eis, wenn’s keine Umstände macht. Bitte.“
    „Ist recht.“ Die hübsche Dame warf einen sonderbaren Blick auf ihn, jedoch nicht wegen seines Äußeren. Doch das klärte sich kurz darauf.
    „Sag mal, bist du nicht der komische Simon aus Frankfurt?“ fragte das Mädel neugierig, als sie die drei Flaschen Bionade brachte. Dazu drei Gläser mit Eis.
    Herr Schweitzer hatte nun alle Schmerzen, die man sich nur wünschen konnte. Normalerweise litt er nicht unter Realitätsverlust, sondern genoß ihn. Doch was war das eben? Hatte sie ihn komischer Simon aus Frankfurt genannt? Irgendetwas war hier oberfaul. Er kniff sich in die Wange, ob der Kreislaufkollaps, ohne daß er davon etwas mitbekommen hatte, doch noch eingetreten war. Aber der Kniff tat weh. Und in Crailsheim war er nie in seinem Leben gewesen, ganz sicher nicht, das vergißt man doch nicht. Wer also wollte ihm hier übel?
    „Na klar, du bist der Simon. Ich hab dich gleich erkannt. Du suchst den Hasi, stimmt’s? Seltsam, daß er mir nicht gesagt hast, daß du kommst.“
    Eine Falle, ganz eindeutig. Den Hasi suchte er gewiß nicht, und komisch war er mitnichten. Na ja, vielleicht für hiesige Verhältnisse, wo doch alles nur so wimmelte von Schaffe-schaffe-Häuslebauern. Am besten, ich trinke erst mal eine Flasche, überlegte er, möglich, ich sehe danach wieder klarer.
    „Du fragst dich vielleicht, woher ich dein Gesicht kenne …“
    Und wie Herr Schweitzer sich das fragte. Als sexy Coverboy einer erotischen Frauenzeitschrift hatte er nämlich noch nicht seine Brötchen verdient. Obschon kaum noch eine Steigerung möglich war, trat sie ein.
    „… du hängst beim Hasi am Kühlschrank.“
    Für’s Hängen schien tatsächlich der richtige Augenblick gekommen zu sein. Schon immer hatte sich Herr Schweitzer gewünscht, den eigenen Todeszeitpunkt selbst zu bestimmen. Der Ast des Baumes müßte stark genug sein. Ein kurzer Abschiedsbrief an Maria. Den Totkörper verbrennen, die Asche in alle Winde verstreuen. Von ihm aus bräuchte man nicht viel Wirbel verursachen. Aber erst trinke ich die Bionade aus.
    Einen letzten Wunsch hatte er noch: „Wer ist der Hasi? Ist das dein Hasi? Seid ihr glücklich miteinander?“
    „Hi. Du bist wirklich so komisch, wie Harald dich beschrieben hat. Er hat also nicht übertrieben.“
    Harald? Hatte er da eben Harald gehört? „Harald?“
    „Ja, mein Freund. Ich heiße Sina.“
    Im Nu war Herr Schweitzer wieder einsatzbereit. Der pochende Kopf ward zur Bagatelle. Falls gewünscht, konnte er doch noch den sexy Coverboy abgeben. Er schnellte aus dem Stuhl empor. „Oh, ist das aber angenehm.“ Er reichte Sina die Hand. Und seine Sinne waren auch wieder in Reih und Glied: „Nein, ich habe Harald mein Kommen nicht angekündigt, soll eine Überraschung sein.“
    „Oh, da wird er sich aber freuen. Er dürfte bald hier sein. Warte am besten hier. Ich muß jetzt wieder reingehen. Kundschaft.“
    „Was verschlägt dich denn an den Arsch der Welt?“ fragte Harald. Die weithin leuchtende Jogginghose hing über dem Wäscheständer, das Käppi hatte er auf.
    Nach einer kurzen Begrüßung war man zu dessen Wohnung aufgebrochen. Herr Schweitzer hatte für ein Taxi plädiert, Harald aber dem Besucher erklärt, in Crailsheim habe es keine weiten Wege. Nun saß man in dessen Küche.
    „Du erinnerst dich doch noch an den Jürgen, mit dem wir in Vang Vieng die Nacht durchgefeiert haben …“
    „Und ob. Eines der größten Arschlöcher, die mir je über den Weg gelaufen sind.“
    So drastisch hätte es Herr Schweitzer jetzt nicht ausgedrückt, doch im Kern stimmte er ihm bei. „Weißt du noch,

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