Opium bei Frau Rauscher
was in dieser Nacht alles geredet wurde? Mir fehlen da nämlich ein paar Stunden. Äh … Filmriß … und so.“
„Deswegen kommst du extra nach Crailsheim? Warum hast du mich nicht einfach angerufen?“
„Ich habe deinen Nachnamen vergessen.“
„Aber wir haben doch unsere Visitenkarten getauscht. Da steht meine Telefonnummer drauf.“
„Haben wir?“
„Ja, schau, deine hängt am Türrahmen hinter dir.“
Herr Schweitzer drehte sich um, und siehe da, tatsächlich, dort hing sie. „Seltsam“, sprach er, „wo hab ich denn deine?“
„Damals hattest du sie ins Portemonnaie gesteckt.“
Oh je, dachte er, das ist jetzt aber peinlich. Er breitete alles, was sich in seiner Geldbörse befand, auf dem Tisch aus. Und, was sagt man dazu, es war so, wie Harald sagte, eine ihm unbekannte Visitenkarte steckte zwischen Kreditkarte und einem alten Einkaufszettel. Harald Haas, stand drauf, mit Telefonnummer und allem Pipapo. „Huch, da ist sie ja. Ist mir das aber unangenehm.“ Dem genialen Genie Schweitzer ging auch umgehend ein Lichtlein auf, was es mit Hasi auf sich hatte.
Hasi grinste. „Komm mal mit.“
Es war nicht weit. Der Kühlschrank stand in der Ecke zum Balkon. Auf der weißen Tür prangte ein reichlich vergrößertes Foto. Ein Herr mit freiem Oberkörper und irrem Gesichtsausdruck umgarnte archaisch tanzend und sein Hemd über dem Kopf schwingend eine südländisch aussehende Frau, die locker seine Tochter hätte sein können. Der Herr war er, Herr Schweitzer. Im Hintergrund die Discobar, in der Hand eine Riesenzigarette. Es brauchte kaum Phantasie, um sich vorzustellen, daß es sich um einen Joint handelte. Die Aufnahme war allererste Sahne. Die im Hintergrund zu sehende Bergkette von Vang Vieng wurde bereits von frühmorgendlichen Sonnenstrahlen malerisch illuminiert. Wäre da nicht der wie die Axt im Walde sich aufführender Dickwanst abgebildet gewesen, man könnte dem Werk einen gewissen künstlerischen Wert nicht absprechen.
„Wenn du möchtest, kann ich dir das Foto als Datei schicken.“
Darauf war Herr Schweitzer nun gar nicht erpicht. Seine Mails rief er auf Marias Computer ab, er hatte ja keinen. Aus Gründen der Schicklichkeit verbot sich das von selbst. „Oh, laß mal.“ Wollte er weiterhin ein auf Rosen gebetteter Göttergünstling bleiben, durfte seine Freundin vom Treiben dieser Nacht nichts erfahren.
Bei Kaffee und Kuchen füllte Harald Herrn Schweitzers Gedächtnislücken nach und nach mit Leben. Er war erstaunt zu erfahren, was man in besagter Partynacht so alles anstellte. Gott sei Dank hatte sich die von ihm bedrängte Südlandfrau recht bald verabschiedet. Ihr Freund habe sie von der Tanzfläche gezerrt und Herrn Schweitzer dabei noch ein Bier ins Gesicht geschüttet. Völlig dicht sei sie gewesen, habe sich kaum noch auf den Beinen halten können. Er, Herr Schweitzer, übrigens auch nicht. Jürgen habe ihn mehrfach stützen müssen, immer wieder sei er hingefallen. Und in den Nam Xong habe er auch noch gereihert.
Gegen Ende wußte Harald aber auch von interessanteren Dingen zu berichten. So erfuhr Herr Schweitzer, daß Jürgen dem Hasi ganz gewaltig auf die Eier gegangen war, indem er in einem fort gejammert habe, wie langweilig und monoton sein Leben in Frankfurt doch sei. Wie gerne er nach Chiang Rai auswandern wolle, dort habe es ihm extrem toll gefallen. Das Klima dort sei Zucker, und bald käme er auch ans große Geld, dann könne er sich das leisten. Immer wieder habe er von Chiang Rai und Zucker gefaselt, bis es Harald nicht mehr ausgehalten und dem Jürgen einen Maulkorb verpaßt habe. Und am Morgen bei Herrn Schweitzer auf der Veranda habe dieser bescheuerte Typ dann auch noch angefangen, Haralds Knie zu streicheln. Also schwul, der Kotzbrocken, mindestens aber bisexuell. Er, Harald, habe sich dann auch ganz schnell vom Acker gemacht. „Du bist dann auch sofort ins Bett, noch bevor ich die Stufen runter bin. Geschlafen hattest du ja bereits im Korbsessel.“
Letzteres konnte sich Herr Schweitzer sehr gut vorstellen. Er hatte sich bereits gefragt, wie er diesen Gewaltakt durchgestanden habe. Im Korbsessel seinen Rausch auszuschlafen war immer noch besser als so manch anderes böse Erwachen, das er in seiner Karriere schon durchlitten hatte.
„Jetzt noch einmal, was treibt dich nach Crailsheim? Bestimmt nicht das schöne Wetter.“
Warum nicht? Im Süden schien wenigstens die Sonne. Ohne Berücksichtigung der Feinheiten beleuchtete Herr Schweitzer für
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