Opium bei Frau Rauscher
zu dieser bedauerlichen Aktion habe kommen können. Das Militär habe ja nicht gewußt, daß die deutsche und thailändische Polizei die Drogenhändler bereits im Visier hatten. Man habe dann natürlich versehentlich davon ausgehen müssen, die Herren Schmidt-Schmitt und Schweitzer seien ebensolche verabscheuungswürdigen Subjekte wie die anderen drei Männer, denen demnächst der Prozeß gemacht werde. Sorry. Und sein Kollege vom Militär lasse nachfragen, ob es ihnen auch an nichts gefehlt habe. Er sei doch sehr darauf bedacht, die deutsche Polizei zu unterstützen, wo es nur geht, schließlich sei der Feind derselbe. Und es sei auch erst gerade mal drei Monate her, da seien fünf in Deutschland ausgebildete Schäferhunde zwecks Erschnüfflung von Drogen in Chiang Rai eingetroffen. Wie es denn ihnen hier gefalle? Und in welchem Hotel sie wohnten? Und natürlich seien sie Gäste, die Rechnung gehe selbstverständlich auf Staatskosten. Vor der Tür stehe übrigens noch ein Wagen plus Chauffeur, über den sie je nach Belieben verfügen können. Und noch vielmals sorry, sorry.
Da der Oberkommissar dem Monolog nur mühsam folgen konnte, übernahm Herr Schweitzer die Initiative: „Wer ist der dritte Mann in der Zelle?“
Als verstünde der Koloß seine Sprache, übergab er Rungroj eine Kopie. „Horst Keller aus Hamburg. Ist mit einem Schiff gekommen.“
Horst Keller? Horst Keller? Der Name sagte ihm was. Während er die Kerne einer Honigmelone auf den Teller spuckte, fiel es Herrn Schweitzer wieder ein. Klar. Horst Keller. Das war doch der, der kürzlich erst aus dem Gefängnis gekommen und der Boß der Erpresserbande war, in der Jürgen Sikora vor mehr als zehn Jahren Mitglied war. Aha, dachte er, so schließt sich der Kreis. „Can I have another cup of Kaffee?“
Der Koloß stürzte zur Kaffeekanne, als sei Herr Schweitzer ein hochrangiger Staatsgast, von dem Thailands weiteres Schicksal abhing.
„Ich jetzt übrigens sehr offiziell Dolmetscher in diesem Fall von Drogen.“ Rungroj zuckte mit der Schulter und ergänzte: „Keine andere Wahl mir bleiben. Wenn Ihr habt noch Wünsche, sagt mir.“
Er schaute zu Schmidt-Schmitt mit seinen blutunterlaufenen Augen. Der gehört ins Bett, dachte Herr Schweitzer, sonst ist er bald der Obhut des Herrn überlassen. Er fragte sich, was ein gesunder Oberkommissar jetzt wohl tun würde. Klar doch, die Vernehmung von Lola und Jürgen, schließlich mußte Schmidt-Schmitt der Sedlurak ja Bericht erstatten, sobald er zurück war. „Natürlich würden wir noch gerne eine kurze Befragung vornehmen, damit die Polizei in Frankfurt die Untersuchungen abschließen kann.“ Herr Schweitzer fühlte sich großartig. Eine Menge Verantwortung lastete auf ihm.
„Ich nichts anderes erwarten.“
Rungroj sprach nun auf den Koloß ein. Offensichtlich hatte er etwas gut bei ihm, denn der Armeeoffizier nickte dauernd recht unterwürfig mit dem Kopf.
Jürgen Sikora und Waldemar Hanuch wurden hereingeführt. Auf Horst Keller konnte er verzichten, der würde ihm sowieso bloß raten, sich ins Knie zu ficken.
„Hallo Jürgen, schön, dich zu sehen.“
Das ganze Machogehabe war aus dem knallbunten Hawaiihemd gewichen. „Äh.“
„Wie du siehst, haben wir euch gefunden“, begann Herr Schweitzer. „Das hast du wohl nicht erwartet, was?“
„Nein.“
„Und du, Lola, wie steht’s mit dir?“
„Was passiert jetzt mit uns?“
Herr Schweitzer holte tief Luft. „Es sieht nicht gut aus. Wäre Jürgen tatsächlich tot, hätten wir eine Chance, dich ausliefern zu lassen. Wegen Beihilfe zum Mord, gemeinsam geplant mit Jürgens Frau Sabine. Könnte sein, daß sich die Thais darauf einließen. Aber jetzt werdet ihr wohl des Drogenhandels angeklagt. Ihr solltet euch wirklich um einen guten Anwalt kümmern. Das Auswärtige Amt ist dafür zuständig.“
Lola blickte zu Jürgen, der um Jahre gealtert wirkte und apathisch seine Hand betrachtete.
„Und jetzt möchte ich von euch hören, wie ihr auf die aberwitzige Idee mit dem vorgetäuschten Mord gekommen seid. Wir können uns noch immer keinen Reim darauf machen.“
„Lola, erzähl du“, sagte Jürgen resigniert.
Waldemar Hanuch räusperte sich. „Wo soll ich anfangen?“ Die Frage war an Jürgen gerichtet.
„Am besten bei meiner Frau.“
„Ja, seine Frau. Die Sabine. Der größte Grund, schwul zu sein.“ Affektiert schüttelte sich Lola, als sei die bloße Erwähnung von Sabines Namen der höchste Greuel auf Erden.
In den nächsten
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