Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Bicker
Vom Netzwerk:
mit einem Hauch gespielter Fröhlichkeit darin, was sein ganzes Auftreten noch unheimlicher erscheinen ließ. »Ich wollte zum Training und bin schon spät dran.« Er versuchte, sich aus Elizas Griff zu winden, doch anscheinend hatte er nicht mal dazu die Kraft. Also blieb er einfach auf der Stelle stehen, sah Eliza an und wartete offensichtlich darauf, dass sie ihn losließ.
    »Heute sind doch überhaupt keine Kurse.« Eliza runzelte die Stirn. Warum war Torben so verwirrt? »Torben, ich habe neulich gehört, wie du mit Jo geredet hast. Hinter der Musikhalle.«
    Es war ein Schuss ins Blaue, aber seit sie dieses Gespräch belauscht hatte, hatte sie darüber nachgegrübelt, mit wem Jo wohl an dem Nachmittag in ihrem Versteck diskutiert hatte. Und an Torbens Reaktion merkte sie, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Er zuckte leicht zusammen und wurde – wenn das überhaupt möglich war – noch ein bisschen blasser. Außerdem sah er sie jetzt zum ersten Mal so an, als höre er ihr wirklich zu. Plötzlich war sein Blick erstaunlich klar.
    »Ich habe nichts mit ihrem Unfall zu tun. Ich war nicht mal in der Nähe. Ich war zu der Zeit im Dorf.«
    Er lügt , dachte Eliza. Sie wusste nicht, woher diese Überzeugung kam, aber sie war sich hundertprozentig sicher. Sie konnte die Lüge beinah riechen, eine Unsicherheit, die ihn umwaberte wie eine Wolke, die ihr in alle Poren zu dringen schien und ihre Finger kribbeln ließ. Allerdings war sie auch noch von etwas anderem vollkommen überzeugt: Er log vielleicht in Bezug darauf, wo er gewesen war. Aber er hatte Jo tatsächlich nichts angetan.
    »Das sage ich ja auch nicht«, meinte sie. Sie löste ihren Griff um seinen Arm ein wenig, jetzt war es fast ein beruhigendes Tätscheln. »Ich glaube nicht, dass du Jo etwas getan hast. Aber du weißt besser, was in ihr vorging, als alle anderen. Glaube ich. Ihr habt etwas miteinander geteilt.«
    Einen Augenblick lang sah Torben so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. Dann jedoch machte er sich mit einem Ruck von Eliza los und trat einen Schritt zurück. »Jo war paranoid«, stieß er hervor. »Sie hat sich eingebildet … sie hat sich eben Dinge eingebildet. Hat geglaubt … nein.« Er schüttelte den Kopf. »Jo war einfach ein bisschen verrückt. Vielleicht ist sie wirklich unter dem ganzen Druck zusammengebrochen. Dem Druck dieser Schule, meine ich. Du weißt schon. Gute Noten haben und so. Und ihre Eltern wollten ja gar nicht, dass sie hierherkommt. Sie hat immer riesengroßen Ärger mit ihnen gehabt. Das war es. Darüber hat sie … das hat sie fertiggemacht.«
    Du lügst doch schon wieder , dachte Eliza. Torbens Gesicht war jetzt seltsam gefasst, nur seine Stimme verriet, dass er nervös war.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das war es aber nicht, was ich gehört habe«, sagte sie sehr leise und trat wieder näher an ihn heran. Sie spürte seine Angst und seine Unsicherheit. Sie atmete tief und regelmäßig. Vielleicht gelang es ihr ja, diese Ruhe wiederzufinden, die ihr bei der Prügelei geholfen hatte. Und nicht nur ihr. Die Ruhe, die sich auf den Jungen übertragen hatte. Vielleicht konnte sie auch Torben irgendwie beeinflussen.
    Nur dieses Mal hatte sie gar keine Zeit, sich ihren Ruhepol vorzustellen, keine Zeit für eine friedliche Waldlandschaft und eine sonnige Stimmung. Torben sah aus, als könne er jeden Moment die Flucht ergreifen.
    Sie überlegte, ob sie ihn wieder festhalten sollte, um ihn am Weglaufen zu hindern. Aber das wäre wahrscheinlich doch unverschämt gewesen. Stattdessen bemühte sie sich weiter um ein entspanntes Gesicht. »Du kannst mir vertrauen, Torben«, sagte sie. »Ich bin doch auch an dieser Schule. Ich weiß doch, dass es merkwürdige Dinge gibt, die hier passieren.« Eigentlich habe ich immer geglaubt, die passieren nur mir, dachte sie bei sich, bis ich euer Gespräch belauscht habe . »Was war es denn, das Jo solche Angst gemacht hat? Wenn du weißt, warum sie sich das Leben genommen hat … «
    Torben schüttelte nur wieder den Kopf. Er sah sich um, warf einen Blick über die Schulter zurück, als ob er sich beobachtet fühlte. »Ich kann nicht mit dir reden«, sagte er leise. »Ich weiß nichts. Lass mich in Ruhe!« Und damit wandte er sich auf dem Absatz um und floh den Weg wieder zurück, den er gerade gekommen war.
    Eliza sah ihm ein wenig ratlos und ziemlich verwirrt hinterher.
    So ein Mist. Kein guter Anfang . Sie konnte nur hoffen, dass Rica mehr Erfolg gehabt hatte als sie.
    * *

Weitere Kostenlose Bücher