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Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Titel: Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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natürlich angerufen.« Die Schwester strahlte. Eliza verspürte das starke Bedürfnis, sie zu ohrfeigen. Doch in diesem Moment passierte etwas, mit dem sie nicht gerechnet hätte. Die Schwester zwinkerte ihr zu. Es war nur eine Sekunde, in der sich der Arzt vollkommen zur Tür umgedreht hatte. Was sollte das heißen? Eliza schüttelte verwirrt den Kopf. Das war ein Fehler. Das Schwindelgefühl überfiel sie einmal mehr, und wieder musste sie die Übelkeit unterdrücken.
    »Ich komme gleich wieder mit dem Essen«, versprach die Schwester und tätschelte mütterlich Elizas Arm. Dann wandte auch sie sich ab und folgte dem Arzt durch die Tür. Diese klappte zu, und Eliza hörte deutlich, wie ein Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde. Sie war allein. Sie blinzelte und versuchte, ihren Kopf ein wenig klar zu bekommen. Wieder sah sie sich im Zimmer um, aber nur, damit sie etwas zu tun hatte.
    Dennoch fiel ihr etwas auf. Ein leises Rauschen. Zuerst dachte sie, dass es vielleicht von einer Lüftung kam oder aus einem Lautsprecher, aber dann wurde ihr klar, dass das Geräusch aus Richtung des Fensters kam. Eliza schob ihre Beine unter der Bettdecke vor und ließ sich langsam auf den Boden hinunter. Sie bewegte sich sehr vorsichtig, um zu vermeiden, dass ihr wieder übel wurde, und dieses Mal wurde ihr tatsächlich nicht gleich wieder schwindelig. Ihre Beine wollten unter ihr nachgeben, aber Eliza krallte sich an der Bettkante fest, bis sie sich ein wenig sicherer auf den Füßen fühlte.
    Der Boden war kalt unter ihren bloßen Füßen. Eliza sah an sich herab und bemerkte jetzt erst, dass sie nur ein kurzes Nachthemd trug. Ein beinah überwältigendes Schamgefühl überfiel sie bei dem Gedanken, dass der Arzt sie so gesehen haben konnte, aber auch das versuchte sie, herunterzuschlucken. Dann machte sie sich auf wackeligen Beinen auf den Weg zum Fenster.
    Die paar Schritte schienen eine unendliche Entfernung darzustellen, und als Eliza sich schließlich am Fensterbrett festkrallte, kämpfte sie schon wieder gegen den Schwindel.
    Sie warf einen Blick durch die Scheibe nach draußen.
    Eine mit spärlichem Gras bewachsene, flache Ebene zog sich unter ihr dahin und stieg schließlich zu einer Art Damm auf. Es waren keine Bäume zu sehen, nur Gras und dazwischen Sand und Steine. Trotzdem war Eliza klar, wo sie sich befinden musste. Am Meer.
    Der Gedanke brachte eine ganz eigenartige Romantik mit sich, die nichts mit dem Institut zu tun hatte. Eliza hatte das Meer immer gemocht. Sie liebte wilde, freie Orte, an denen man ganz einfach mal durchatmen konnte. Mit einer Fingerspitze strich sie über das kühle Glas vor sich und wünschte sich, das Meer sehen zu können.
    Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss, und Eliza hörte die eiligen Schritte der Schwester über das Linoleum klappern. Etwas wurde mit einem leichten Klirren abgestellt, vermutlich das Tablett mit Elizas Essen. Eliza unterdrückte das Bedürfnis, sich zu der Schwester umzudrehen. Sie hatte sich noch keine Meinung darüber gebildet, was diese eigentlich vorhatte, und so lange wollte sie ihr keine Blöße bieten. Konnte sie ihr vertrauen? Warum sollte sie? Sie kannte sie ja nicht einmal.
    Doch die Schwester schien das anders zu sehen. Die Schritte verharrten, dann hörte Eliza, wie sie sich ihr näherten. Noch immer drehte sie sich nicht um, aber sie fühlte, wie ihr ganzer Körper sich anspannte. Sie war bereit, zu handeln, wenn sie auch keine richtige Idee hatte, was sie machen sollte.
    »Du solltest etwas essen, dann geht es dir besser.« Die Stimme klang herzlich und professionell, genauso, wie eine Krankenschwester klingen sollte. Dennoch schwang etwas darin mit, das Eliza komisch vorkam. Eine Anspannung, als erwarte die Schwester irgendwas von ihr. Langsam drehte sie sich um. Die Schwester lächelte sie an, aber in ihren Augen lag eine Warnung. Sie schielte kurz zur Decke, dann nach rechts und links, ohne dabei mit dem Lächeln aufzuhören. »Komm schon! Bevor es kalt wird.«
    Eliza verstand die Mimik genau. Die Schwester fürchtete, dass sie belauscht werden könnten. Vielleicht vermutete sie auch versteckte Kameras. Eliza musste sich zwingen, sich nicht ebenfalls im Raum umzusehen und nach den verdächtigen Augen zu suchen. Stattdessen folgte sie der Schwester zum Bett und ließ sich darauf nieder. Die Schwester blieb neben ihr stehen, zog die Bettdecke über Elizas Beinen glatt, lächelte sie die ganze Zeit an und beugte sich dann vor, um das Tablett

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