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Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Titel: Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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ansprechen sollte. Sie schenkte ihm ein versöhnliches Lächeln und drehte sich wieder zur Straße um. Der Verkehr hatte ein wenig abgenommen, und eine schwere Stille schien sich über die Stadt zu legen. Rica warf einen Blick auf die große, beleuchtete Uhr, die am Juweliergeschäft gegenüber hing. Kaum acht Uhr und sie klappen hier schon die Gehwege hoch, dachte sie mit einem Anflug von Verachtung. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war vollkommen verschwunden.
    Am Ende der Straße bog der Bus um die Ecke. Rica atmete erleichtert auf. Das wurde aber auch Zeit. Erwartungsvoll trat sie an die Bordsteinkante und kramte in ihrer Jackentasche nach dem Geldbeutel.
    In diesem Moment passierte es. Ein harter Stoß traf sie im Rücken und ließ sie nach vorne taumeln. Die Hand noch in der Jackentasche kämpfte sie um ihr Gleichgewicht. Von links schossen die Scheinwerfer des Busses auf sie zu. Rica schrie leise auf, riss die Hand aus der Tasche und versuchte gleichzeitig, ihre Balance wiederzuerlangen. Vergebens. Sie verlor nur noch mehr das Gleichgewicht und taumelte haltlos auf die Straße. Direkt vor den Bus. Instinktiv schloss sie die Augen. Bremsen kreischten, der Bus hupte dröhnend, sie wusste, es würde zu spät sein.
    Eine Hand packte ihren Jackenkragen und riss sie zurück, bevor sie endgültig stürzte. Rica taumelte wieder, dieses Mal rückwärts, stieß gegen etwas Weiches und verlor endgültig den Halt. Unsanft plumpste sie auf ihren Hintern, so hart, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb. Von weit weg hörte sie empörtes Schimpfen, doch die einzelnen Worte konnte sie nicht verstehen. In ihren Ohren dröhnte es, und ihre Augen waren verschleiert von unvergossenen Tränen.
    »Ob du in Ordnung bist, will ich wissen!« Die Worte drangen wie durch eine dicke Watteschicht zu ihr. Sie zog die Nase hoch, wischte sich mit einem Jackenärmel über die Augen und blinzelte die restlichen Tränen weg.
    Der Mann im Anzug hatte sich über sie gebeugt und betrachtete sie mit einem halb genervten, halb besorgten Gesichtsausdruck. Knapp hinter ihm hatten sich die beiden alten Frauen zusammengedrängt. Sie sahen aus wie erschrockene kleine Vögelchen.
    »Mir geht es gut«, murmelte Rica und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. »Was ist denn passiert?«
    Der Mann half ihr auf und schenkte ihr einen seltsam eindringlichen Blick. »Was hast du nur angestellt?«, wollte er statt einer Antwort wissen.
    Rica runzelte verwirrt die Stirn, aber eine der älteren Damen sprang gleich ein. »Dieser junge Kerl da hat dich einfach angerempelt. Gerade, als der Bus kam. Dann ist er weggelaufen.« Sie schüttelte den Kopf. »Diese Jugend heute!« Ihrem Tonfall nach hätte der Junge auch Äpfel von ihrem Baum gestohlen haben können.
    »Was hast du dem Kerl getan?« Das war wieder der Anzugträger. Inzwischen sah er wirklich eher verärgert als besorgt aus. »Hast du mit ihm Schluss gemacht, oder wie ist das?«
    Rica verzog das Gesicht. »Ich kenne den gar nicht …«
    Sie wurde unterbrochen. Die Türen des Busses schwangen auf, und ein besorgter Fahrer sah heraus. »Ist alles okay mit dir?«, fragte er. Sein Gesicht war kalkweiß, und Rica wurde klar, dass er sich mindestens genauso erschrocken haben musste, wie sie selbst.
    »Ich bin okay«, bestätigte sie ein zweites Mal. Der Mann, der immer noch ihre Hand festhielt, schnaubte ein wenig empört, aber Rica achtete nicht auf ihn. Vorsichtig machte sie sich von ihm los. »Ich muss zur Kaiserstraße«, sagte sie dem Busfahrer. »Halten Sie da?«
    Er sah sie nachdenklich an. »Ich nehme dich nicht mit, wenn du betrunken bist«, meinte er schließlich. »Was hattest du auf der Straße zu suchen?«
    »Sie ist …«, begann eine der alten Damen hilfreich.
    »Ich bin gestolpert«, sagte Rica schnell. Sie hoffte nur, die alte Dame würde ihr nicht sofort widersprechen. »Ich hab nichts getrunken. Ehrlich.«
    »Jemand muss den Kerl doch anzeigen«, murmelte die zweite alte Dame. In Ricas Ohren war sie kaum zu überhören, aber der Busfahrer merkte entweder wirklich nichts, oder er wollte nichts merken.
    »Spring rein!«, brummte er. »Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«
    »Und mir selbst erst.« Rica versuchte ein freches Grinsen, aber besonders gut gelang ihr das nicht. Mit wackligen Knien stieg sie die Stufen hinauf, schob dem Busfahrer ein paar Münzen zu und wankte zu einem Sitzplatz. Hinter ihr stieg der Anzugträger in den Bus, zahlte und stolzierte an ihr vorbei

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