Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
sanft und einfühlsam, genau richtig, um ein schwieriges Kind zu etwas zu überreden, was es nicht tun wollte. Eliza fühlte sich beleidigt von diesem Tonfall. Sie war doch kein kleines Mädchen mehr. Wieder schüttelte sie den Kopf.
Die Schwester seufzte hörbar, und gleich darauf spürte Eliza zwei kräftige Hände, die sie unter den Achseln packten und nicht besonders sanft aufrichteten. Die Welt schwankte, und Eliza musste alle Willenskraft aufwenden, um die Übelkeit zu unterdrücken, die in ihr aufstieg. Dann jedoch wurde es allmählich besser, und auch ihr Blick klärte sich ein wenig. Genug jedenfalls, um sich einen Überblick über ihre Umgebung zu verschaffen.
Krankenhaus war gar nicht so falsch gewesen. Sie saß auf einem dieser Betten, die man nach Belieben verstellen konnte, und auch die restliche Einrichtung des kleinen Raumes entsprach ungefähr dem, was Eliza von Krankenhäusern kannte. Ein Betttischchen, ein Wandschrank, ein Tisch mit Stühlen daran. Alles in allem ziemlich normal – wenn sie krank gewesen wäre. Außerdem passten die massive Metalltür und die Metallstäbe vor dem Fenster nicht ganz in das friedliche Krankenhausbild.
Der Arzt und die Helferin hatten es offensichtlich aufgegeben, mit ihr reden zu wollen, oder irgendwelche Kooperation von ihr zu verlangen. Sie machten sich routiniert an die Arbeit. Die Schwester maß Elizas Blutdruck und nahm Blutproben, der Arzt sah sich ihre Augen an, testete Reflexe und horchte ihren Atem ab. Eliza ließ die Prozedur über sich ergehen, machte aber keine Anstalten, irgendwelche Hilfestellungen zu geben. Sie versuchte immer noch, auszuknobeln, wo sie eigentlich war. Eigentlich gab es nur eine Antwort darauf.
»Ich bin im Institut, nicht wahr?«, fragte sie aus heiterem Himmel, gerade als die Schwester die Nadel aus ihrem Arm zog. Die junge Frau zuckte zusammen und ließ fast die Spritze fallen. Sie vermied Elizas Blick, während sie die Gerätschaften in einer Plastiktüte verstaute, und antwortete nicht. Der Arzt jedoch sah interessiert aus.
»Welches Institut meinst du, Eliza?«, wollte er freundlich wissen, während er sich ein paar Notizen auf einem Klemmbrett machte. Er versuchte offensichtlich, sein Interesse zu überspielen, aber Eliza konnte er mit dem Gehabe nicht täuschen.
»Sie wissen genau, was für ein Institut«, schnappte sie und wunderte sich ein wenig über ihren eigenen Mut. Sie hörte sich fast an wie Rica.
»Du bist im Krankenhaus«, meinte der Arzt mit einem knappen Lächeln. Er sah vom Klemmbrett auf und suchte Augenkontakt zu Eliza, wie um seine Ehrlichkeit zu unterstreichen. »Du bist einfach zusammengeklappt. Weißt du das nicht mehr?«
»Andrea hat mich betäubt«, verbesserte Eliza. »Vielleicht hat es daran gelegen?«
Der Arzt runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, von wem du redest«, meinte er leichthin. »Wir sind zur Schule gerufen worden, weil dich eine Schülerin in einem der verlassenen Gebäude entdeckt hat. Du warst bewusstlos. Wir versuchen jetzt, die Ursache für deinen Zusammenbruch herauszufinden.«
Die Schwester war die ganze Zeit über mit ihren Tüten und Spritzen beschäftigt gewesen, schenkte Eliza jetzt jedoch ein schüchternes Lächeln. »Wir finden schnell etwas heraus, das verspreche ich dir«, sagte sie in betont munterem Tonfall.
»Bullshit«, meinte Eliza. »Ich bin kein kleines Kind mehr. Ich verstehe besser, was hier vorgeht, als Sie ahnen.«
»Tatsächlich?« Der Arzt hob eine Augenbraue und sah Eliza interessiert an. Dann wandte er sich wieder seinem Klemmbrett zu. »Wir melden uns, wenn wir irgendwelche Ergebnisse haben«, sagte er und kritzelte ein paar letzte Notizen auf den Zettel. Dann wandte er sich um und ging mit eiligen Schritten in Richtung Tür.
Die Schwester zögerte kurz, bevor sie ihm folgte. »Ich werde dafür sorgen, dass du etwas zu essen bekommst«, sagte sie zu Eliza und lächelte wieder breit. »Mittagessenzeit ist zwar vorbei, aber die in der Küche werden sicher ein Einsehen haben. Wo du doch gerade erst aufgewacht bist.«
»Mittagessen?« Elizas Magen zog sich zusammen. »Wann bin ich denn hier angekommen? Wie lange habe ich geschlafen?«
»Du bist gestern Abend eingeliefert worden«, meinte die Schwester mit ihrem patentierten Lächeln. »Jetzt ist es fast drei Uhr.« Wieder überlief ein eisiger Schauer Eliza. Was war in der Zeit wohl alles passiert? Wusste Rica schon von ihrem Verschwinden?
»Weiß meine Familie Bescheid?«
»Wir haben sie
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