Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
Mörderin, und beinah hätte sie auch Rica und Eliza umgebracht. Rica schauderte noch immer, wenn sie an die Nacht dachte, in der sie vor Andrea geflohen war. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie solche Angst gehabt. Wenn sie jetzt sogar einen Verdacht hatten, wo sie sich aufhielt, dann war es eigentlich ihre Pflicht, das zu melden.
Doch Andrea hatte auch für das Institut gearbeitet. Andrea kannte Frau Jansen und wusste vielleicht, was diese mit der Sache zu tun hatte. Andrea konnte ihnen sagen, was wirklich vorging.
Rica atmete tief durch. Sie war sich nicht sicher, ob sie nicht gerade einen schrecklichen Fehler beging.
»Okay. Wir können mit ihr reden. Aber Nathan soll auf gar keinen Fall unsere Namen nennen, verstehst du?«
»Würde er nie«, gab Eliza zurück. Sie wirkte erleichtert. »Du hast also nichts dagegen?«
»Ich habe eine ganze Menge dagegen«, meinte Rica. »Ich sehe allerdings auch, dass es sinnvoll sein könnte. Und schließlich wollte ich mehr wissen, nicht wahr?« Sie seufzte. »Noch irgendwas?«
Eliza schüttelte den Kopf. »Das ist erst einmal alles«, antwortete sie. »Bisschen wenig, ich weiß. Aber uns ist nichts mehr eingefallen.« Sie lächelte verlegen. »Außerdem haben wir noch über so viel anderes gequatscht, da ist ein bisschen was untergegangen, schätze ich.«
»Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte Rica, und Eliza wurde sofort feuerrot im Gesicht. »Ganz so ist es auch nicht. Nathan hat ständig versucht, dich zu erreichen, aber dein Handy war aus, und auf die E-Mails hast du auch nicht geantwortet.«
Rica nickte schuldbewusst. »Ich wollte meine Ruhe haben. Ein bisschen mit Robin allein sein. Sorry. Ich hätte mich melden sollen, aber …«
»Schon gut.« Eliza legte Rica die Hand auf den Arm. »Ich verstehe dich ja. Nur dann darfst du uns auch keine Vorwürfe machen, dass wir alles allein besprochen haben, okay?«
Wieder spürte Rica einen Anflug von schlechtem Gewissen. »Sorry«, wiederholte sie. »Ich bin einfach etwas angespannt.«
»Du bist immer angespannt«, murmelte Eliza und stand ruckartig auf. »Lass uns von hier verschwinden. Dieser Ort macht mich ganz kribbelig. Ich werde das Gefühl einfach nicht los, dass uns jemand beobachtet.«
»Du träumst«, wehrte Rica ab, obwohl das gleiche Gefühl sie selbst auch plagte. Betont langsam erhob sie sich, wie um sich zu beweisen, dass sie keine Angst hatte. Aber als sie gemeinsam mit Eliza in Richtung Tür ging, glaubte sie immer noch, Blicke in ihrem Rücken zu spüren.
Als sie die Tür erreichten, drehte Rica sich noch einmal um. Die Halle lag vollkommen im Dämmerlicht, und es war unmöglich, etwas zu erkennen, aber dennoch war sie einen Augenblick lang der Meinung, eine Bewegung am anderen Ende der Halle wahrgenommen zu haben. Ein Huschen, ein leichtes Flackern der Schatten, als ob sich die Eingangstür zu Andreas und Lars’ Wohnung bewegt hätte. Rica kniff die Augen zusammen und starrte so intensiv in die Dunkelheit, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Da war nichts. Die Tür war zu.
Mit einem Schaudern wandte sich Rica ab und folgte Eliza.
Ricas Mutter saß am Küchentisch, trank Kaffee und schien in ein Buch vertieft, als Rica die Tür zur Wohnung aufstieß. Sie sah von ihrer Lektüre auf und lächelte Rica an. »Ich dachte, du kommst gar nicht mehr. Wie war der Urlaub?« Sie gab sich große Mühe, einen unbeschwerten Tonfall anzuschlagen, aber in ihren Augen lag ein Ausdruck, den Rica nur zu gut kannte.
Mit einem Seufzen ließ sie ihren Rucksack von der Schulter gleiten, ging zur Küchenzeile hinüber und goss sich ebenfalls eine Tasse Kaffee ein. Zusammen mit einer Packung Milch trug sie sie zum Küchentisch und ließ sich gegenüber ihrer Mutter nieder.
»Was ist los, Ma?«
Ihre Mutter tat so, als ob Ricas Frage sie vollkommen überraschte. Doch als sie Ricas Gesichtsausdruck sah, lächelte sie schuldbewusst, schlug ihr Buch zu und richtete sich auf.
»Dir kann man auch nichts mehr vormachen, oder?« Sie nahm einen Schluck Kaffee. Von dem Becher stieg kein Dampf mehr auf. Rica fragte sich, wie lange ihre Mutter schon hier saß und so tat, als ob sie lese.
»Du nicht«, erwiderte Rica. Sie schüttete großzügig Milch in ihre Tasse und nahm selbst einen Schluck. Der weiche, milchig-nussige Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus, und bereitete ihr ein vertrautes, wohliges Gefühl.
Ihre Mutter seufzte und malte mit dem Zeigefinger unsichtbare Kringel auf den Küchentisch. Sie sah
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