Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)

Titel: Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
Vom Netzwerk:
mehr hören. Sie stand jetzt in einem engen Durchlass zwischen zwei Häusern, dunkel und etwas feucht. Ein stiller, unheimlicher Ort, an dem sie aber sicher niemand stören würde.
    Rica ging bis zur Mitte der Gasse, dann ließ sie sich mit dem Rücken zur Wand auf den Boden sinken. Sie legte die Stirn auf ihre angezogenen Knie und atmete tief durch. Die Tränen liefen immer noch und durchnässten den Stoff ihrer Jeans.
    Sie glaubte nicht, dass sie sich je in ihrem Leben so schlecht gefühlt hatte.
    Später wusste sie nicht, wie lange sie dort gehockt hatte. Sie hatte das Gefühl, eine Ewigkeit hier gesessen zu haben, doch es konnten höchstens ein paar Minuten vergangen sein. Die Sirenen waren inzwischen verstummt.
    Sie wischte sich die Tränen ab. In diesem Zustand war sie niemandem eine Hilfe, schon gar nicht Robin. Sie sollte nicht hier herumsitzen und weinen. Vor allem nicht, wenn er recht hatte und tatsächlich Angestellte des Instituts irgendwo hier in der Gegend waren.
    Langsam richtete sie sich auf.
    Robin. Ich hätte nicht …
    Doch sie wischte den Gedanken beiseite. Sie hatte nicht anders gekonnt. Robin hatte recht gehabt, sie musste sich zusammenreißen und die ganze Geschichte zu einem Abschluss bringen. Rica atmete tief durch, holte ein Papiertaschentuch aus ihrer Jackentasche und wischte sich gründlich das Gesicht sauber. Sie wünschte sie, Feuchttücher oder so etwas dabeizuhaben, ihre Augen mussten ziemlich verquollen aussehen, aber vielleicht ging es, wenn sie den Blick weiter auf den Boden gerichtet hielt. Sie putzte sich noch einmal die Nase, schwang dann den Rucksack auf ihren Rücken und bahnte sich langsam den Weg zum anderen Ausgang der Gasse.
    Sie bog nach links ab und ging langsam aber bestimmt in Richtung der Bushaltestelle, von der sie gekommen waren.
    Ihre Augen waren wieder feucht, als sie in den Bus stieg.

Kapitel vierzehn
    Psycho
    Es war dunkel, als Rica aus dem Bummelzug auf den winzigen Bahnsteig stieg. Es gab hier nicht einmal ein Bahnhofsgebäude, nur ein hässliches Betonwartehäuschen auf jedem Bahnsteig.
    Rica fröstelte, und das lag nicht nur an dem kühlen Wind, der ihr entgegenwehte. Sie kam sich vor wie am Ende der Welt. Ein paar immer noch fast kahle Bäume säumten den Bahnsteig, von dem eine bröckelige Treppe und eine flache Rampe hinunterführten. In einem rostigen Fahrradständer fristete ein Uraltfahrrad den Rest seiner Tage. Es war platt und rostig, und Rica glaubte nicht, dass noch irgendjemand damit fahren wollte.
    Rica seufzte, schob den Rucksack zurecht, zog ihre Jacke enger um sich und wünschte sich, sie hätte ihren Parka dabei.
    »Entschuldigung?«
    Rica wirbelte herum, aber der Sprecher war nur ein älterer Mann in einer etwas abgetragenen Uniform der Deutschen Bahn. »Hier darfst du nicht bleiben, Mädchen«, murmelte er. Er klang eher verlegen als abweisend. »Ich muss dafür sorgen, dass nach dem letzten Zug niemand mehr auf dem Bahnsteig herumhängt. Damit keine Penner hier übernachten, verstehst du?«
    »Ja, klar«, murmelte Rica, und sah sich auf dem kahlen Bahnsteig um. Als ob hier Horden von Obdachlosen einfallen würden, um in diesem Kaff auf dem Bahnhof zu schlafen. »Gibt es hier eine Jugendherberge oder so was?«, wollte sie von dem Mann wissen. »Ich hab mich ein bisschen verfahren, und nun geht ja wohl kein Zug mehr zurück.«
    Er musterte sie verwundert. »Jugendherberge? Hier?« Er lachte leise. »Ne, Mädchen, das kannst du dir aus dem Kopf schlagen.«
    »Ein Hotel vielleicht?« Rica wurde immer unwohler zumute. Ein Hotel war nicht ideal. Man würde sich sicher an ihr Gesicht erinnern.
    Der Mann schüttelte wieder den Kopf. »Es gibt ein paar Ferienzimmer«, versuchte er zu helfen. »Aber ich glaube nicht, dass die in dieser Jahreszeit schon auf Gäste eingerichtet sind.« Er schüttelte bedauernd den Kopf, bot Rica aber auch keine Alternative an. Super. Gestrandet im Nirgendwo, bei diesem arschkalten Wind, und offensichtlich wollte man hier keine Gäste haben.
    Rica sah sich abermals auf dem Bahnsteig um. Dabei blieb ihr Blick auf dem Schild hängen. »Altbühl«, las sie und wandte sich mit einem strahlenden Lächeln wieder zu dem Mann um, als sei ihr jetzt erst bewusst geworden, wo sie sich befand. »Ich war mal in einem Sommercamp mit einer, die aus Altbühl kam. Moment …« Sie tat so, als müsse sie überlegen. »Michelle … Kaltenbrunn. Genau. So hieß sie. Ist das vielleicht das richtige Altbühl?« Sie bemühte sich um ein

Weitere Kostenlose Bücher