Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
Erleichterung, dass Michelle das Messer ein Stück hatte sinken lassen. Offensichtlich hatte sie nicht vor, gleich wieder anzugreifen.
»Tut mir leid«, murmelte sie, »ich verstehe wirklich nicht, was du meinst. Was ist mit dieser Elite? Wer läuft dir den Rang ab? Was soll das Ganze?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich wollte nur wissen, wo sich dieses Institut befindet. Ich dachte, du müsstest das wissen.«
Michelle schnaubte. »Du weißt gar nichts. Ich dachte, du seist zu irgendwas gut. So, wie du immer großgetan hast, dachte ich, ihr hättet wer-weiß-was rausgefunden. Und jetzt? Du bist genauso unnütz wie alle anderen auch. Ich glaube, ich muss das doch allein machen.« Sie schenkte Rica einen beinah bedauernden Blick. »Ich dachte, du würdest mir helfen. Ich hätte gerne mal etwas mit jemandem zusammen unternommen.«
Unternommen? Noch ein paar Menschen abstechen? Rica schauderte. Doch ihr blieb nicht viel Zeit, Angst zu haben, denn mit einem Mal sauste das Messer durch die Luft, genau auf Ricas Gesicht zu.
Einen Augenblick lang schien die ganze Welt in Zeitlupe zu versinken. Rica konnte die Klinge blitzen sehen, sie schwang in einem hohen Bogen über ihren Kopf und kam unendlich langsam auf sie zu. Beinah zu langsam, als dass Rica regiert hätte. Fasziniert betrachtete sie die Klinge, sie konnte die Augen nicht davon lösen. Erst, als es schon fast zu spät war, ließ sie sich auf den Boden fallen.
Mit einem hässlichen Geräusch bohrte sich das Messer über ihr in die Brüstung. Michelle schrie wütend und enttäuscht auf und zerrte am Messergriff, doch plötzlich schien alles in Rica wie automatisch zu funktionieren. Sie rollte sich ein Stück weg, wandte sich um und trat gegen Michelles Beine, noch bevor diese Gelegenheit hatte, das Messer aus dem Holz zu ziehen. Das Mädchen schrie erneut auf und stürzte. Im nächsten Moment war Rica wieder auf den Beinen, sprang zu Michelle hin und drückte sie auf den Boden.
Das Mädchen trat und wandte sich, aber Rica war einfach viel größer und viel stärker. Und sie dankte im Stillen der nächsten höheren Macht, die sich angesprochen fühlte, dass Michelle nicht daran dachte, ihre Fähigkeit einzusetzen.
»Halt still!«, fauchte Rica. Die Angst, die ihr gerade noch so zugesetzt hatte, hatte sich jetzt in Wut verwandelt. Sie biss sich auf die Unterlippe und musste sich mit Gewalt davon zurückhalten, Michelle eine runterzuhauen. »Ich will wissen, wo das verdammte Institut ist. Verstanden?«
Michelle schrie wie eine Katze, drehte das Gesicht zur Seite und biss Rica in die Hand.
Tief gruben sich die Zähne des Mädchens in Ricas Fleisch, und sie schrie auf vor Schmerzen. Instinktiv riss sie ihre Hand zurück, aber Michelles Kiefer blieben fest geschlossen. Blut schoss aus der Bisswunde, als es Rica gelang, sich loszureißen. Ein gutes Stück ihrer Haut musste in Michelles Mund zurückgeblieben sein.
»Biest!« Rica versuchte, das Mädchen zu ohrfeigen, aber Tränen verschleierten ihren Blick, und die Schmerzen, die ihr durch Hand und Arm schossen, raubten ihr fast das Bewusstsein. Sie hatte gedacht, schon einiges zu kennen, was Schmerzen anging, aber dieser Biss war doch noch mal etwas anderes. Jedenfalls duckte sich Michelle geschickt unter ihrem Schlag weg, rollte ebenfalls herum und kam auf die Füße. Ohne dass Rica wusste, wie das zugegangen war, blitzte das Messer wieder zwischen Michelles Fingern.
»Ich mach dich fertig«, zischte Michelle. Sie klang nicht anders als irgendein Straßengangster in einem amerikanischen Film. Was nichts daran änderte, dass Ricas Herz unkontrolliert zu rasen begann.
Sie konnte nur noch die Klinge sehen. Silbrig-hell mit roten Flecken, die sich jetzt langsam auf sie zu bewegte. Michelle, das kleine Mädchen, war vollkommen verschwunden. Es gab nur noch das Messer.
Wieder handelte Rica ohne nachzudenken. Sie wich zurück, bis sie abermals mit dem Rücken zur Brüstung stand. Sie konnte das harte, raue Holz in ihrem Rücken fühlen. Sie drückte sich dagegen, machte sich zum Absprung bereit. Es ist nur ein Stockwerk. Nicht so hoch wie die Jugendherberge. Und danach kannst du rennen!
Aber es kam anders. Michelle gab ein Knurren von sich, das kein bisschen menschlich klang, und die Klinge schoss auf Rica zu. Rica spannte sich an, wollte sich über die Brüstung schwingen, sich fallen lassen, doch im letzten Moment schien sich ihr Körper anders zu entscheiden. Sie sprang zur Seite weg, rollte sich abermals ab und kam
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