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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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sein Fräulein Schwester verrecken!«
    Sein Wutgeschrei schien der ganzen steinernen Schar neues Leben einzuhauchen. Die Männer hoben die Köpfe, rappelten sich auf und näherten sich von allen Seiten der Bank vor dem Kamin. Direkt daneben hatte sonst immer Ritter Heriberts Sessel mit dem übergeworfenen Bärenfell gestanden. Doch sogar den hatten die Krieger des Heiligen Vaters nach draußen verschleppt – als Purpurthron für den Inquisitor.
    »Habt ihr gehört, Leute?«, rief einer der Räuber. »Wenn wir schon alle verrecken müssen, wollen wir wenigstens vorher noch Rache üben.«
    Er stürzte sich auf Amos, doch sein Wutgebrüll erstarb in atemlosem Japsen: Urplötzlich war Höttsche aufgesprungen und stieß ihn zurück. »Ihr Idioten, nichts habt ihr verstanden«, sagte er. »Sie werden uns alle kaltmachen, bevor der Morgen graut.« Das Narben-X auf seiner Stirn sah im Dämmerlicht fast schwarz aus. »Aber wenn einer hier unter uns ist, den daran nicht die kleinste Schuld trifft – dann ist das Herr Amos. Ihr Idioten!«, wiederholte Höttsche und spuckte vor seinen Leuten aus.
    Die Männer wechselten ratlose Blicke. »Erklär es uns, Hauptmann«, forderte einer von ihnen. »Die Soldaten sind doch wegen dem Alten vom Mühlhof gekommen. Dieser Kronus ist der Teufel, sagen sie – und der junge Herr war sein Vertrauter. Wie kann er da unschuldig sein?«
    »Der Hauptmann redet wirres Zeug!«, schrie der Nächste. »Wenn sie uns diese Nacht noch kaltmachen wollen – warum sind sie dann bis auf ein paar Wächter alle abgezogen? Kannst du mir das mal erklären, Höttsche?«
    »So sehe ich’s auch«, ließ sich ein Dritter dröhnend vernehmen. »Sie sind gekommen, um sich den Satan Kronus zu schnappen. Und dass sie das junge Herrlein hier zu uns in den Saal gesperrt haben, hat einen einfachen Grund: Sie wollen, dass wir ihm das Licht auspusten – und wenn wir das machen, lassen sie uns morgen früh wieder frei. Und unsern Herrn Heribert obendrein!«
    Jetzt schrien und brüllten alle durcheinander. Sie fuchtelten mit den Händen, rissen sich gegenseitig an den Bärten, versetzten einander Faustschläge und drängten sich dabei immer enger um Höttsche zusammen. Doch der stand wie eine Eisenwand vor Amos.
    »Maul halten!«, schrie endlich der Hauptmann. Als auch das nichts half, nahm er die Köpfe zweier Kerle, die gerade vor ihm standen, und schlug sie gegeneinander.
    Außer den beiden Räubern, die aufheulend ihre Stirnen befühlten, lärmte nun niemand mehr. »Sie sind nicht abgezogen, ihr Idioten«, fuhr Höttsche so leise fort, dass sogar die Umstehendendie Ohren spitzen mussten. »Sie haben das nur vorgetäuscht, um uns in Sicherheit zu wiegen – damit wir versuchen auszubrechen und sie uns guten Gewissens alle töten können.«
    »Aber es sind doch Soldaten des Inquisitors.« Bastian, der jüngste Page, war aufgesprungen. »Sie jagen Ketzer und Teufelsjünger, aber doch keine … keine wie uns. Warum sollten sie uns töten?«
    »Weil wir für sie nichts anderes als Teufelsjünger sind, Junge – Gefolgsleute von Kronus, den sie für den leibhaftigen Satan halten.«
    Die Männer starrten Höttsche an. Einige von ihnen wurden bleich und mehrere bekreuzigten sich sogar mit zitternden Händen. »Du meinst also, Hauptmann«, brachte schließlich einer hervor, »dass wir uns ruhig verhalten sollen, um ihnen keinen Vorwand zu liefern?«
    »Na klar meint er das, du Holzkopf!«, rief ein anderer, und sofort fingen wieder alle an durcheinanderzuschreien.
    Doch diesmal musste Höttsche nur eine Hand heben, um sie erneut zum Schweigen zu bringen. »Im Gegenteil, ihr Idioten.« Er sprach jetzt sogar noch leiser als vorhin, es war kaum mehr als ein raues Wispern. »Wenn wir uns weigern, bei ihrem Spiel mitzuspielen, zünden sie eben den Palas an – spätestens dann müssen wir durch diese Tür ausbrechen und werden alle in ihrem Pfeil- und Kugelhagel sterben.« Er zeigte auf die von außen verrammelte Tür zum Burghof, den einzigen Zugang zum Wohnturm.
    »Also geht’s ans Verrecken – noch diese Nacht.« Der Räuber mit den eisenharten Händen, der Amos vorhin von der Tür zurückgerissen hatte, fletschte die Zähne. »Wir haben nicht mal mehr unsere Waffen – da können sie seelenruhig reinkommen und uns abstechen wie Mastvieh.«
    »Du sagst es«, pflichteten ihm seine Kumpane bei. »Aus und vorbei.« Sie rauften sich die Haare und Bärte. Doch bevor sie schon wieder anfangen konnten, wüst durcheinanderzuheulen,

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