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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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berühmten Dombaumeister berichtet worden war: Dieser allseits verehrte Meister habe sich mächtige Geister untertan gemacht – denn allein mit Menschengeist und Menschenkraft könne man derart schwindelerregende Bauwerke wie die Dome von Nürnberg, Würzburg oder Köln unmöglich auftürmen.
    Die Weinhändler waren heilfroh, als sie endlich ihre geliebte Heimatstadt erreicht hatten. Die letzte halbe Stunde ihrer Reise war in unbehaglichem Schweigen vergangen. Der Maurerlehrling schien zu schlafen, doch stillschweigend gelangten sie beide zu dem Schluss, dass er hinter seinen heruntergeklappten Lidern heimlich Dämonen beschwor. Wenn dieser seltsame Bursche zur Dombauhütte bestellt worden war, obwohl er vom Maurerhandwerk keine Ahnung hatte – was konnte er dann anderes als ein Magier sein, der dienstbare Geister für den Baumeister herbeizwingen sollte?
    Sie hatten kaum das Stadttor passiert, da beugte sich der ältere Händler aus dem Fenster und rief dem Kutscher zu, dass er anhalten solle. »Zum Dom ist es von hier bloß noch ein Katzensprung«, sagte er zum Maurerlehrling. »Du gehst einfach diese Gasse weiter und dann rechts bis …«
    Weiter kam er nicht. Der Kerl sah ihn nur aufmerksam an, doch für den Händler fühlte es sich an, als ob sich Geisterhände um seine Kehle legten. »Danke fürs Mitnehmen«, sagte der Bursche. »Wie komme ich von hier zum Schottenkloster? Der Abt erwartet mich.«
    Der ältere Weinhändler schluckte krampfhaft, doch er brachte kein weiteres Wort heraus. So schaute er nur flehentlich seinen Sohn an, der allerdings kaum weniger entgeistert schien.
    »Trithemius meinst du – den neuen Abt?«, stieß der Jüngere endlich hervor. »Aber du sagtest doch …?«
    Der Maurerlehrling sah mit strahlend blauen Augen vomeinen zum anderen Händler. »Bitte bemüht Euch nicht weiter«, sagte er. »Ich finde den Weg schon allein.«
    Damit stieß er die Kutschtür auf und war im nächsten Moment draußen auf der Straße. Seil und Bündel über der Schulter, lief er die Gasse hinauf und war den Blicken der beiden Weinhändler nur ein paar hastige Herzschläge später entschwunden.
2
    W
ährend er auf staubigen
Wegen durchs Maintal gewandert war, hatte sich Amos so manches Mal gewünscht, ein einfacher Handwerksbursche zu sein. Von früh bis spät würde er dann Steine aufeinanderschichten oder Stroh zu Besen binden und bräuchte sich um nichts sonst in der Welt zu scheren. Keine Soldaten, keine Bluthunde würden ihn durchs Land jagen. Genauso wenig würden Bücherjäger mit Flickenpanzern und halb verrückten Gehilfen ihm Fallen stellen, weil sie ausgerechnet das eine unscheinbare Büchlein an sich bringen wollten, das er in seinem Bündel bei sich trug.
    Doch auch an den Blicken der Weinhändler hatte Amos gesehen, dass es für ihn kein Zurück mehr gab.
Das Buch
hatte ihn unwiderruflich verwandelt. Die Männer hatten ihn angeschaut, als ob sie sich vor ihm fürchteten. Vor allem seine Augen schienen ihnen Angst einzujagen, und wenn Amos sein Spiegelbild in einer Pfütze oder Scherbe erblickte, erging es ihm nicht sehr viel anders. Von seinen Augen ging ein sonderbares Strahlen aus, so als ob es winzige Sterne wären.
    Nun lief er durch das Gassengewirr, ohne auf seinen Weg zu achten. Niemals vorher war er in dieser Stadt gewesen, die von Weinbergen umgeben war, und doch spürte er ganz genau, wie er seine Schritte lenken musste. Trithemius wusste anscheinend schon, dass Amos in Würzburg eingetroffen war, und geleitete ihn wie an magischen Zügeln ins Ziel.
    Die Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel. Irgendwo rechter Hand hinter der Häuserzeile strömte gurgelnd der Main dahin. Allerlei Leute bevölkerten die engen Gassen, doch auch um sie kümmerte sich Amos kaum. In seinen Gedanken war er bei Klara.
    Den Vormittag über hatte er ein paar Mal versucht, ihr eine magische Botschaft zu schicken, allerdings ohne Erfolg. Aber er machte sich deshalb keine Sorgen – Klara musste noch auf dem Weg nach Nürnberg sein, und wenn sie im Sattel ihrer Füchsin saß, vergaß sie oftmals alles andere. Amos spürte ja, dass sie wohlauf war. Und er freute sich für Klara, weil sie wohl morgen schon mit Mutter Sophia zusammentreffen würde. Ein wenig beneidete er sie auch deswegen – wie viel freudiger würde er selbst dem Kloster entgegeneilen, wenn ihn dort oben Kronus erwarten würde.
    Du musst dich jetzt an mich halten, hatte Trithemius ihm erklärt und zumindest für den Moment blieb Amos auch gar

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