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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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»Niemand hat das Recht, einen Beauftragten der kaiserlichen Zensurbehörde zu verhaften – nicht einmal ein blutgieriges Mönchlein wie du.«
    Hannes war auf seiner Steinbank so weit wie irgend möglich zum Fenster hin gerutscht. Mit angstvoll geweiteten Augen sah er zur Tür und dabei dachte er immer wieder dieselben Worte: Nicht zensieren – nie mehr! Nicht zensieren – nie mehr!
    Er bewegte sogar seine Lippen zu diesem stummen Gestammel, und währenddessen sah er unverwandt zur Tür hin, die nun mit rostigem Kreischen aufschwang.
    Skythis schob Meinolf zur Seite und trat auf die Schwelle. »Johannes, Johannes«, stieß er hervor, »warum hast du diesen Kirchenmännern nicht gesagt, dass du in meinem Auftrag das Vertrauen jener Bücherteufel erschleichen solltest?« Beschwörendsah er Hannes an und winkte ihm dabei mit der blanken Axt zu – sein Hilfsschreiber sollte sich endlich aufrappeln. »Komm jetzt, Johannes«, knurrte der Unterzensor, »alles ist bereit für die große Jagd.«
6
    A
ls Klara zu sich kam
, lag sie in Schilf und Farn, und unweit unter ihr gurgelte der Fluss. Sofort fiel ihr alles wieder ein – ihr Sprung von jenem Hausdach, die Hunde, die hinter ihr durch die Luft flogen, der durstige Mann, wie er auf seinem Floß zusammenbrach. Sie war um ihr Leben geschwommen, hatte schließlich einen Schlag abbekommen – und dann nichts mehr.
    Sie tastete nach der Stelle, wo sie am Hinterkopf getroffen worden war. Sonderbarerweise fühlte sie unter ihren Fingerspitzen einen Tuchfetzen mit einer breiigen Substanz darunter – anscheinend hatte irgendwer ihr ein Heilpflaster auf die Wunde geklebt. Aber wer nur?
    Mühsam setzte sie sich auf. Ihre Kleidung war durchnässt, ihr Kopf brummte wie ein ganzes Hummelnest. Benommen tastete sie sich über Arme, Rippen, Beine – allem Anschein nach hatte sie zumindest keine Knochenbrüche davongetragen.
    Sie saß unmittelbar über der Böschung. Erschreckend schnell schoss unter ihr die Pegnitz dahin. Äste, morsche Bootsplanken, sogar ein vollständiger Eichbaum mitsamt Wurzeln und Krone wurden von den Fluten mitgerissen – kein Wunder, dass eines dieser vielerlei Trümmerstücke sie am Kopf getroffen hatte.
    Hinter ihr erklang leises Räuspern. Klara wandte sich um, doch da war nichts zu sehen außer wogenden Wänden aus Farn und Schilf. Dahinter verlief anscheinend eine Straße oder ein Weg.
    Jetzt vernahm sie auch Stimmengemurmel. Wer mochte das nur sein? Etwa die Purpurkrieger? Nein, das glaubte sie nicht.Nun hörte sie auch noch das vertraute Schnauben eines Pferdes – ihre Füchsin! Wie war das nur möglich?
    Klara sprang auf und wäre beinahe gleich wieder hingefallen. Ihre Beine fühlten sich so weich an wie Bienenwachs in der Mittagssonne. Ihr war schwindlig und unter dem Pflaster an ihrem Hinterkopf klopfte ein boshafter Schmerz.
    Sie bog Farnwedel und Schilfblätter zur Seite und wollte ihren Augen nicht trauen: Am Rand einer schmalen Straße, die sich zwischen Fluss und Feldern dahinwand, stand eine Kutsche mit vier Pferden – und eines davon war wirklich ihre Füchsin!
    Neben dem Wagen standen vier Nonnen in der strengen Tracht der Augustinerinnen und schauten ihr lächelnd entgegen. »Nun, meine Liebe«, sagte eine von ihnen, »wie fühlst du dich?«
    Klara schaute sie benommen an. Diese ältere Frau kannte sie doch! Aber ja, es musste eine der beiden Nonnen sein, die gestern früh mit Mutter Sophia und ihr selbst in jenem Nachen vom Heilig-Geist-Spital über den Fluss geflohen waren. »Es geht schon«, sagte sie ohne rechte Überzeugung. »Mein Kopf brummt noch ein wenig. Aber sonst …« Das Schwindelgefühl wurde stärker. »Ich glaube, ich falle um«, setzte sie in kläglichem Tonfall hinzu.
    Zwei der jüngeren Nonnen traten zu ihr und hielten sie bei den Armen fest. »Wir müssen schnell weiter«, sagte eine von ihnen. »Aber in der Kutsche kannst du dich ausruhen.«
    Die vierte Nonne griff ins Innere der Karosse und zog ein Kleiderbündel hervor. »Was hältst du davon, wenn du dir vorher noch etwas Frisches anziehst?«
    Klara schaute an sich herunter und stieß ein erschrockenes Lachen aus. So konnte sie wirklich nicht in die Kutsche steigen. Ihre – besser gesagt, Adrians, oder eigentlich Leanders – Anziehsachen trieften vor Nässe und Schlamm. Vor allem aber konnte sie nicht gut als Bursche verkleidet mit vier Nonnen in einer Kutsche durch die Lande reisen. »Ich bin gleich zurück.« Sie wandte sich um und wechselte im Schutz des

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