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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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oder ein Junge und ein Mädchen, aufgetaucht, die ihnen beiden ungemein ähnlich sahen. Und das erklärte ja möglicherweise, weshalb das Opus Spiritus gerade sie selbst und Amos –
    Doch weiter kam Klara mit ihren fieberhaften Überlegungen nicht.
    Es war der schlechteste Moment, um verwickelte Angelegenheiten zu durchdenken. Jäh bremste der Kutscher ihr Gefährt ab, sodass sie diesmal wirklich alle fünf gegeneinander geworfen wurden. Und im nächsten Moment schnellte Schwester Magdalena auf der Sitzbank neben Mutter Maria herum und schlüpfte mit wieselhafter Gelenkigkeit aus dem vorderen Kutschfenster.
    Mit großen Augen sah Klara, wie sich die junge Nonne neben dem Kutscher auf den Bock schwang und Peitsche und Zügel übernahm. Der Kutscher stieß ein dumpfes »Gott mit Euch!« hervorund sprang rechter Hand vom Wagen. Gebückt kroch er ins Gestrüpp am Straßenrand und entschwand ihren Blicken, während Schwester Magdalena die Peitsche jauchzend über den Pferden schwang.
    Rasch gewannen sie wieder an Fahrt.
10
    U
nterdessen schoss die Kutsche
der Bücherjäger wie eine Kanonenkugel voran, mehr schon über als auf der Straße zwischen den Weinbergen zur Rechten und dem Main, der linker Hand unter einem schroffen Felshang dahinströmte. Mit gellenden Schreien trieb Gregor die Rösser zu noch rasenderem Galopp an. In lang gestreckter Reihe jagten die sieben gepanzerten Reiter hinter der Karosse her.
    »Vier falsche Nonnen und eine echte Teufelin«, knurrte der Unterzensor. »Und gleich hab’ ich euch!« Er schien vor Jagdfieber wie von Sinnen, jedenfalls kam es Hannes so vor. Skythis knirschte mit den Zähnen, krampfte seine Hände mal in die Sitzbank, dann wieder schmerzhaft in Hannes’ Schulter. »Siehst du, Johannes, sieht du’s?«, stieß er hervor und packte Hannes beim Kragen. Der stammelte vorsichtshalber »Ja, ja, Herr«, obwohl er nicht die matteste Ahnung hatte, was er sehen sollte.
    Ihm war übel vor Ekel über seinen Verrat und von der halsbrecherischen Fahrt. Allenfalls noch eine halbe Meile vor ihnen jagte der Wagen mit den fliehenden Frauen dahin – gleichfalls in haarsträubendem Tempo und doch deutlich langsamer als sie selbst. Die Straße verlief in wildem Zickzack zwischen den Felsbrocken am Fuß der Weinberge. Sie war eben breit genug für ihre riesenhafte Kutsche, und linker Hand, nur ein paar Zoll neben den wie toll sich drehenden Rädern, ging es fünfzig Fuß lotrecht zum tosenden Main hinab.
    Verzeih mir, Klara, dachte Hannes still für sich.
    Just in diesem Moment heulte neben ihm der Unterzensor auf und Hannes schreckte furchtbar zusammen. Es hatte ganz und gar wie das Heulen eines mondsüchtigen Wolfs geklungen, und Hannes wagte kaum, seinen Kopf nach rechts zu wenden – aus Angst, dass Skythis neben ihm vollends ins Wölfische verwandelt wäre. Aber der Unterzensor sah aus wie immer, bloß noch ein wenig grauer im Gesicht, und er malmte grässlich mit den Kiefern, während er mit bebender Hand zum vorderen Kutschfenster wies.
    »Sie sind weg!«, ächzte er.
    Hannes schaute folgsam nach vorn. Von dem Wagen der fliehenden Frauen war tatsächlich nichts mehr zu sehen, von der Straße allerdings auch nicht, die gerade vor ihnen mit scharfer Rechtskrümmung hinter einem Felsen verschwand. Sie jagten in die Steilkurve hinein, und kurz darauf kam die fliehende Kutsche wieder in ihr Blickfeld, keine zweihundert Schritte mehr voraus. Für einen winzigen Augenblick war es Hannes so vorgekommen, als ob die Kutsche aus dem Dickicht am rechten Wegrand hervorgebrochen wäre, aber das ergab keinerlei Sinn. Wahrscheinlich konnte er vor Angst nicht einmal mehr geradeaus sehen! Die Kutsche, in der Klara und die Nonnen sitzen mussten, raste jetzt eine steile Gefällstrecke hinab. Auch die vier Rösser, die den Wagen da vorne zogen, kamen Hannes mit einem Mal äußerst sonderbar vor: So mechanisch wie übergroße Spielzeugpferde setzten sie Huf vor Huf, und dann krümmte sich die Straße wiederum schroff nach rechts – doch Klaras Wagen raste weiter voran und über den Felshang hinweg.
    »Klara!«, heulte Hannes auf.
    Für die Dauer eines halben Wimpernschlags schien die Kutsche einfach weiter durch die Luft zu fahren, mit im Leeren drehenden Rädern und im Leeren galoppierenden Rössern. Dann stürzte sie wie von einer Riesenfaust getroffen lotrecht in den Fluss hinab.
    »Oh, mein Gott, Klara!«, schrie Hannes. Er wollte die Kutschtür aufstoßen, sich bei voller Fahrt nach draußen werfen –

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