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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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und seine beiden Begleiter liefen hinter ihnen her und schrien sich gleichfalls irgendetwas zu, wovon Amos nur »Hilfe« und »Wasser« verstehen konnte.
    Aber es war zu spät, für jede Rettung viel zu spät. Die Windbö war nur die Vorbotin eines gewaltigen Sturms gewesen, der nun durch die aufgesprengte Tür in die Halle fuhr. Amos’ Eltern wankten in der Halle herum, zwei schreiende Feuersäulen. Funken wirbelten umher und setzten Teppiche und Vorhänge, Dielen und Balken in Brand. Binnen weniger Augenblicke war die ganze Halle in eine prasselnde Flammenhölle verwandelt, und schon krochen die ersten Feuerzungen auf der hölzernen Treppe ins Obergeschoss hinauf.
    Amos und Klara schwebten näher zu Ferdinand und Mathilde von Hohenstein heran. Ineinander verkrümmt und verschlungen lagen sie mitten in der Halle auf den brennenden Dielen. Ihre Gesichter waren geschwärzt und zu unkenntlichen Masken geschrumpft, ihre Augen leer und starr. Flammen krochen auf ihren Körpern umher wie giftige Schlangen.
    »Holt Wasser vom Brunnen«, rief Höttsche seinen Begleitern zu. »Löscht, was noch zu löschen ist – ich rette die Kinder!«
    Die beiden Rechtsgelehrten rannten auf den Hof hinaus, und Amos wusste im Voraus, dass sie nicht zurückkommen würden. Aber wozu auch: Seine Eltern waren tot und ihr Haus brannte mittlerweile schon bis in den Dachstuhl hinauf. Mit ein paar Eimern voll Brunnenwasser war hier nichts mehr zu löschen undzu retten – zumal der Sturm immer wütender raste und das Feuer zu einem tausendzüngigen Ungeheuer anwachsen ließ.
    Unterdessen rannte Höttsche die Kellertreppe hinab. Anstelle einer Kerze oder Fackel hatte er einen brennenden Balkensplitter mitgenommen, aus dessen einem Ende Flammen hervorzüngelten. »Amos, Oda«, rief er, »wo seid ihr?« Offenbar hatte er vorhin noch mitbekommen, dass sie beide durch die Halle und zum Keller hinabgeschlichen waren.
    Amos und Klara schwebten hinter ihm her. Höttsche stolperte die Treppe herunter und wimmerte dabei mit unwirklich hoher Stimme vor sich hin.
    Wovor ängstigt sich Höttsche so sehr?, fragte Amos. Ich habe ihn niemals auch nur zusammenzucken gesehen.
    Er hat wohl Angst um euch – vor allem um dich , antwortete Klara.
    Das bestimmt auch – aber sieh ihn dir doch an: Er rennt, als ob es um sein eigenes Leben ginge!
    Am Fuß der Treppe war eine massive Tür, die von oben bis unten mit Eisen beschlagen war. Höttsche fasste nach der Klinke und riss aufheulend seine Hand zurück – der Griff war offenbar glühend heiß. Er stieß die Klinke mit dem Ellbogen herab und rempelte die Tür auf. Dahinter war es deutlich kühler – das merkten auch Amos und Klara sofort, auch wenn sich für sie alles geisterhaft gleich anfühlte.
    Doch Höttsche atmete sichtbar auf. Sorgsam schloss er hinter sich die Tür. Bis hierher war das Feuer bislang nicht vorgedrungen und hier würde es auch nur wenig Nahrung finden. Die Treppe von der Halle hinab war aus Stein, die äußere Kellertür mit Eisenplatten beschlagen. Auch der Gang, den Höttsche nun entlangstapfte, enthielt keinerlei brennbare Gegenstände. Der Boden war mit Steinplatten ausgelegt, Wände und Decke bestanden aus gekalktem Mauerwerk.
    »Eine Feuerschneise«, hörten sie Höttsche murmeln, »gut gemacht, Herr Ferdinand.«
    Amos und Klara wechselten einen raschen Blick. Zumindest redete Höttsche nun wieder mit seiner gewöhnlichen Stimme, auch wenn er weiterhin ziemlich durcheinander schien. Zu Tode verängstigt.
    Am Ende des Kellerflurs gab es eine weitere Tür, gleichfalls mit Eisen beschlagen. Wie vom Vater angeordnet, hatte Amos diese Tür damals hinter Oda und ihm selbst geschlossen, ehe sie in den Steinkasten geklettert waren.
    Höttsche stieß die Tür auf und blieb auf der Schwelle stehen. Von seinem brennenden Balkenstück ging ein ungewisses Glühlicht aus, das nur ein paar schemenhafte Umrisse erkennen ließ. Deckenhohe Schränke an einer Längswand des schlauchförmigen Raums. Aufgestapelte alte Fässer und Bretter an der Wand gegenüber. Hinten an der Stirnwand der gemauerte Sockel mit dem Steinkasten darauf.
    Für Amos war es verwirrend, so neben Höttsche über der Türschwelle zu schweben – während er sich gleichzeitig dort in dem Steinkasten verbarg! Da drüben lag er mit seiner Schwester Oda in dem Kasten und war zwölf Jahre alt. Und hier bei der Tür stand er Hand in Hand mit Klara und war längst ein Jüngling von bald sechzehn Jahren. Und Oda, die dort drüben im Kasten

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