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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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er dankbar wäre, dass er sich endlich alles von der Seele reden konnte.
    Zusammen mit Gregor, einem der gepanzerten Bücherjäger, hatte er das Bündel zuunterst in den eisernen Wagen gelegt, den sie von Nürnberg eigens nach Hohenstein mitgenommen hatten. Im Boden dieses Eisenwagens, so erklärte Johannes, gab es eine Aussparung von den ungefähren Umrissen eines Sargs. Sie hatten das Bündel hineingelegt, das Loch mit der dafür vorgesehenen Eisenplatte wieder verschlossen und den Wagen dann bis zum Rand mit Büchern und Schriftrollen aus Kronus’ Büchersammlung beladen. Aus der »Teufelsbibliothek«, wie der Unterzensor Skythis mehrfach ausgerufen hatte.
    Amos sah den anderen Jungen fassungslos an. »Ihr habt ihn umgebracht«, sagte er. »Auch wenn er vorher vielleicht noch am Leben war – in diesem verdammten Eisenloch muss er doch elend erstickt sein!«
    Johannes schüttelte so heftig den Kopf, dass seine dünnen Haare wie Spinnweb um ihn herumflogen. Nein, das glaube er ganz und gar nicht, erklärte er eifrig – der Wagen bestehe ja von oben bis unten aus Eisengittern, und so auch das Kerkerloch im Boden. Luft zum Atmen bekomme man da unten drin mehr alsgenug – allerdings werde man während der Fahrt wohl erbärmlich durchgerüttelt. Aber das sei weiter oben im eigentlichen Wagen auch nicht anders.
    »Leute verschleppen, Bücher verbrennen – wie kann man bei so etwas nur mitmachen!« Amos ballte abermals seine Hände. Er kochte vor Zorn und am liebsten hätte er Johannes jetzt doch noch gehörig verprügelt. Dann würde der andere Junge zumindest ein wenig von der Angst und dem Schmerz zu spüren bekommen, die er selbst mit sich herumschleppen musste, seit er Kronus verloren hatte – seinen geistigen Vater, den weisesten, fantasievollsten, fürsorglichsten Mann, dem er jemals begegnet war.
    Johannes ließ den Kopf hängen. »Skythis hat immer gesagt, dass Kronus der Teufel wäre, der leibhaftige Satan. Und dass er
Das Buch der Geister
erschaffen hätte, um die ganze Menschheit in den Irrsinn zu stürzen.«
    »Und das hast du geglaubt?«
    Johannes nickte wie im Krampf. »Auf mich selbst hat es ja ganz genauso gewirkt – ich hatte furchtbare Angst davor und konnte trotzdem an nichts anderes mehr denken. Ich wollte
Das Buch
unbedingt haben, wieder und wieder darin lesen, dabei hat es mich nur immer mehr durcheinandergebracht. Es war wie ein Zwang, ein böser Zauber, in dem ich gefangen war.«
    Klara hatte unterdessen die Stute und das Muli mit den letzten Hafervorräten aus der Jagdhütte gefüttert. »Wir müssen weiter«, sagte sie. »Die Soldaten sind bestimmt bald schon oben bei dem Wagen.«
    »Gleich.« Amos nickte ihr zu und drehte sich wieder zu Johannes. »Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet: Wohin habt ihr Kronus gebracht – nach Nürnberg ins Inquisitionsgefängnis?«
    Zaghaft hob Johannes die Schultern. »Gregor sollte ihn – das Bündel, du weißt schon – am Liebfrauenplatz abliefern. Ob er das gemacht hat, weiß ich nicht – ich bin ja nicht mit zurückgefahren.«
    Stattdessen war er Amos durch das halbe Fichtelgebirge hinterhergerannt, einen Strick um seine Brust geknotet, dessen anderes Ende der Unterzensor Skythis sich ums Handgelenk gewunden hatte wie eine Hundeleine.
    »Aber vielleicht …« Johannes zog den Kopf noch tiefer zwischen seine Schultern. »Vielleicht war in dem Bündel auch etwas ganz anderes – ein Holzkerl oder Knochenmanderl, oder wie man so etwas nennt. Jedenfalls hat Skythis das einmal zu mir gesagt, irgendwann im Wald, als wir hinter dir her waren. Ich weiß allerdings bis heute nicht, ob er das ernst gemeint hat. Oder ob …« Er stockte erneut, und als er weiterredete, war es wieder nur ein kaum hörbares Flüstern. »Oder vielleicht habe ich das alles auch nur geträumt – dass in der Teppichrolle ein ausgehöhlter Baumstamm wäre, mit hineingepfropften Menschenknochen und einem Totenschädel obendrauf, der in ein Lumpentuch eingewickelt ist.«
    Er verschränkte die Arme vor der knochigen Brust. Offenbar fröstelte Johannes, obwohl die Spätsommersonne auf sie herabschien. »Und dass Schwarzmagier solche Holzkerle hernehmen«, flüsterte Johannes, »um Höllengeister zu beschwören – und dass sie sich auch selbst in solche Knochenmanderl verwandeln können, wenn sie sich anders nicht mehr zu helfen wissen. Jedenfalls glaubt das Cellari … hat Skythis damals gesagt …« Seine Lippen bewegten sich noch ein paar Atemzüge lang weiter, aber zu

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