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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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wieder Luft statt Felsstaub um die Nase wehte. Modrige, uralte Luft zwar, doch er saugte sie in seine Kehle wie die köstlichste Brise und verharrte längere Zeit in diesersonderbaren Lage: vom Kragen aufwärts aus dem Boden einer Verlieszelle ragend, während der Rest von ihm noch im Hügel unter Burg Answer steckte.
    Es war nicht die Zelle, in der sein Vater seit Jahr und Tag festsaß – oder jedenfalls war dieses Kerkerloch unbewohnt. Abgesehen von den Ratten, die sogleich angetrappelt kamen, um an Laurenz’ Ohren herumzuschnuppern und dann eilends Verstärkung herbeizupfeifen. Aber noch viel rascher hatte sich Laurenz aus dem Boden hervorgearbeitet und seine Einzelteile wieder zusammengefügt. Mit ein paar Fußtritten verscheuchte er die Ratten und ließ sich dann auf die Steinbank fallen, über der Eisenketten von rostigen Wandringen herunterhingen.
    Die Crutsmare spähten aus Wand- und Bodenritzen hervor. »Spute dich, der Vater darbt«, mahnte einer von ihnen, während er sich aus einem Bodenspalt hervorschlängelte. Er sprang zu Laurenz auf die Steinbank und deutete auf die Mauer hinter ihm. »Dort zürnt und leidet er – befreie ihn.«
    Laurenz war noch immer so sehr außer Atem, dass er kaum ein Wort hervorkeuchen konnte. »Dank, tausend Dank«, stammelte er. So viele Jahre hatte er sich darauf vorbereitet, seinen Vater aus der Gewalt ihrer Widersacher zu befreien. Und wenn sie erst den Sieg errungen hätten und ihre Fahne wieder über Burg Answer flatterte, dann würde er auf schnellstem Weg zu seiner Lucinda zurückkehren und endlich Hochzeit feiern.
    Er stand auf und wandte sich um. Die Mauer hinter der Steinbank war aus gewaltigen altersdunklen Felsquadern zusammengefügt. Ich bin die Welle, die sich bricht, dachte Laurenz und ging durch die Wand hindurch in seines Vaters Verlies.
    Zusammengesunken saß dort auf der steinernen Bank ein allem Anschein nach uralter Mann. Nur mit Mühe vermochte Laurenz in diesem hinfälligen Greis den einst sostarken und stolzen Herrn von Burg Answer wiederzuerkennen. Graue Haare hingen ihm spinnwebdünn in die Stirn. Eingesunken waren seine Augen, stumpf ihr einst so flammender Blick. Die Ratten, die sich um seine Füße herum pfeifend um irgendwelche Knorpelbrocken balgten, schien er kaum zu bemerken. Beinahe nur noch der eiserne Halsreif, mit dem er an die Wand gefesselt war, hielt ihn einigermaßen aufrecht.
    »Hier bin ich, Vater – gekommen, Euch zu befreien.« Laurenz fiel vor ihm auf die Knie und die Ratten stoben davon.
    »Spät kommst du, Sohn.« Ohne den Kopf zu bewegen, schaute der Vater sich in seiner Zelle um. »Wo ist deine Heerschar?«
    Laurenz senkte den Kopf. »Ich bin allein, Vater.«
    »Allein.« Der alte Mann wiederholte das Wort in einem Tonfall, als ob es sein endgültiges Todesurteil wäre.
    »Aber ich habe einen Plan«, beeilte sich Laurenz fortzufahren. »Und obwohl ich keine Heerschar mit mir führe, sind wir doch nicht nur auf uns gestellt.« Er sah sich nun seinerseits in der Zelle um, ob es irgendwo in Mauerritzen grünlich schimmerte, aber die Crutsmare ließen sich nicht blicken. »Der Hügel unter Burg Answer ist voll von ihnen«, fügte er hinzu. »Ihr werdet sie gewiss auch schon das eine oder andere Mal hier in Eurem Verlies gesehen haben – Crutsmare, grünhäutig, dürr und winzig. Sie können massiven Stein durcheilen, als ob er nicht dicker wäre als Wasser, ja als Luft.«
    Er unterbrach sich und schielte zum Vater hinauf. Doch der saß so reglos da, als ob er selbst aus Stein gemeißelt wäre.
    »Und in diese Kunst«, fuhr Laurenz dennoch fort, »haben mich die Crutsmare eingeweiht, und sie werden auch Euch mit Freuden darin unterweisen, wenn Ihr es ihnen und mir nur erlaubt.«
    »Crutsmare!« Der Vater spie die Silben aus sich heraus, als ob ihm schleimiges Gewürm die Kehle emporgekrochen wäre. »Seit Jahren liegt das Geschmeiß mir in den Ohren –›mach es wie wir, tropfe und rinne durch den Fels davon‹. Aber merke, Sohn«, setzte er hinzu und seine Stimme, eben noch dünn und greisenhaft, wurde zum Donnergrollen – »höre und merke dir ein für allemal, Laurentius: Diesen Kerker werde ich als freier Mann verlassen – oder überhaupt nicht. Ich habe dich ausgesandt, damit du die Kunst des ritterlichen Kampfes erlernst – und nicht die feigen Schliche schimmelgrüner Gnome! Mit einer Heerschar edler Ritter und wackerer Wehrknechte solltest du zurückkehren, um unsere Besatzer und Beschmutzer mit Schwert und Lanze,

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