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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Häscher herangaloppiert und der Hufschlag ließ das ganze »Heidentor« erzittern. Durch Ritzen und Risse im Baumstamm sah Amos den Widerschein mehrerer Fackeln, der alles da draußen purpurrot erglühen ließ. Und nur ein paar holprige Herzschläge später waren seine Verfolger an der Eiche vorbeigeprescht.
    Angespannt lauschte Amos nach draußen. Das Donnern der Hufe wurde langsam wieder leiser – und dann auf einmal wurde es unwirklich still. Was hatte das zu bedeuten? Noch immer schimmerte ein Abglanz von den lodernden Fackeln zu ihm herein. Aber wenn die Purpurkrieger noch in Sichtweite waren, dann musste er doch erst recht den Hufschlag ihrer Pferde hören! Doch außer dem Donnern seines eigenen Herzens war alles gespenstisch still. Und das konnte nur eines bedeuten: Die Purpurkrieger hatten ihre Pferde urplötzlich angehalten.
    Aber aus welchem Grund? Weil sie Verdacht geschöpft hatten und vielleicht in diesem Augenblick schon um seinen Baum herumschlichen? Oder hatten sie die Maurer eingeholt und zum Anhalten gezwungen?
    Das Herz klopfte Amos nun bis in die Kehle hinauf. Er lauschte noch angestrengter. Jetzt nahm er auch erregte Ausrufe wahr. Zu verstehen war überhaupt nichts, dafür waren die Männer zu weit von ihm entfernt. Aber die tiefe, kräftige Stimme von MeisterDreyfuß hörte er deutlich heraus – und gleich darauf eine zweite Stimme, die in allem das Gegenteil von dem beruhigenden Bass des Baumeisters war. Eine helle Jünglingsstimme, die sich eigentlich immer aufgeregt anhörte, auch wenn ihr Besitzer sich bemühte, so kühl und überlegen zu klingen wie Leo Cellari. Kein Zweifel, dachte Amos – dieser zweite Sprecher, der eigentliche Wortführer bei der ganzen erregten Auseinandersetzung da draußen, war Frater Meinolf.
    Wie Amos seine Ohren auch spitzte, er konnte nicht einmal Satzfetzen erhaschen. Desto verzweifelter versuchte er zu erraten, worüber Meinolf mit den Maurern streiten mochte. Hatte der junge Dominikanermönch etwa doch Verdacht geschöpft? Aber das konnte ja gar nicht sein – schließlich hatte er selbst nicht die allerkleinste Spur hinterlassen, weder auf dem Wagen noch als er in den Baum hinaufgeklettert war. Oder sollte er etwa doch irgendetwas vergessen oder verloren haben? Fieberhaft tastete Amos nach dem
Buch der Geister
– aber nein, es steckte im Wams von Andres Kupferschuh, wo er es vorhin eigenhändig verstaut hatte. Er nahm sogar sein Bündel von der Schulter, tastete im Dunkeln darin herum und gab sich erst zufrieden, als er jedes einzelne seiner Kleidungsstücke zwischen den Fingern erfühlt hatte – seine Hosen, sein Hemd, die Lammlederweste.
    Ganz ruhig bleiben, sagte sich Amos, gleich werden sie unverrichteter Dinge wieder abziehen. Wahrscheinlich konnte sich Meinolf nur nicht sofort damit abfinden, dass er anscheinend einer falschen Fährte gefolgt war. Aber schließlich würde er sich alles so zurechtlegen, dass Amos und Klara offenbar beide noch immer bei Bruder Egbert waren – und dann würde er den Kirchensoldaten befehlen, ihm eilends zurück zu der Stelle zu folgen, wo Egbert und seine Leute die Straße überquert hatten und gen Westen erneut im Dickicht verschwunden waren.
    Klara! Ein eisiger Schreck fuhr Amos in die Glieder – und im nächsten Moment ein schneidender Schmerz. Er musste sie warnen – die Purpurkrieger waren ihr dicht auf den Fersen. Und ermusste sie zur Rede stellen – er musste einfach, er konnte nicht anders, wenn er nicht an seiner Eifersucht ersticken wollte.
    Amos schloss die Augen zu schmalen Schlitzen und spähte in sein Inneres. Er erblickte sein eigenes magisches Herz und in beträchtlicher Entfernung ein zweites funkelndes Gestirn – Klara. Und dann bemerkte er ganz nah bei ihr einen kleineren, blässlich blinkenden Stern.
    Die Kehle wurde ihm eng. Er spürte ganz deutlich, dass dieser kleine Stern, der da neben Klara aufgegangen war, niemand anderes als Leander sein konnte, der dreckige Dieb. Klara musste die Gabe der Gefühlsmagie in ihm erweckt haben – aber wie nur? Er hatte
Das Buch der Geister
doch mit sich genommen – wie also hätte sie Leander die Geschichte
Vom Ritter, der seine Liebste hinter dem Spiegel fand
vorlesen können?
    Klara? Beschwörend rief er ihren Namen in seine innere Nacht hinaus. Bei allen guten Geistern, Klara – warum gibst du mir keine Antwort?
    Hier bin ich ja, mein Auserwählter. Ihre Gedankenstimme hörte sich gelassen, fast heiter an. Du klingst bekümmert und beunruhigt – was

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