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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Düsternis war keine Dachschindel und keine Turmzinne von dem Städtchen zu sehen. Hannes hätte ohnehin nichts davon mitbekommen – er dämmerte auf seinem Muli zwischen Halbschlaf und Ohnmacht vor sich hin. Die Bluthunde erfüllten seine Träume mit Hecheln und Gewinsel. Manchmal meinte er an seinem Hals noch die Zähne der einen Bestie zu spüren, die ihm auf die Brust gesprungen war, während der Steinmetz Walter ihn im Innern des Berges hinter sich hergezogen hatte. Da hatte Hannes schon geglaubt, dass sein letztes Stündlein geschlagen hätte, und bestimmt hätte das Tier ihm auch die Kehle durchgebissen, wenn er versucht hätte, sich zu wehren. Aber dafür war Hannes viel zu durcheinander gewesen – er war zu sich gekommen und hatte direkt in die blutunterlaufenen Augen des riesengroßen Spürhundes gesehen. Still und starr vor Angst war er liegen geblieben und hatte nur unverwandt an Klara gedacht, und so hatte die Bestie ihm mit ihren Reißzähnen nicht einmal die Haut aufgeritzt.
    Allmählich verlor Hannes jedes Zeitgefühl. Längst war es dunkle Nacht, doch der Vollmond wies ihnen den Weg. Irgendwann zündeten die Männer Fackeln an, und Elias mahnte sie mit gedämpfter Stimme zur Vorsicht. »Haltet die Leuchten so, dass die Hecke keinesfalls in Brand geraten kann.« Die Männer beteuerten, dass sie Acht geben würden, und Hannes schlief neuerlich ein.
    Als er das nächste Mal zu sich kam, knieten Elias und Meinolf neben seinem Muli am Boden. Dieser Anblick erstaunte ihn sehr, und im ersten Moment glaubte er schon, dass Rolfus und der Steinmetz Walter einen Hinterhalt gelegt hätten, um ihn aus denHänden der Kirchenkrieger zu befreien. Aber gleich darauf erkannte er, dass der Dominikaner und der päpstliche Offizier lediglich Spuren auf dem Waldboden untersuchten.
    »Hier sind sie aus ihrer Teufelsburg wieder hervorgekrochen«, sagte Elias. Er malte mit seiner Fackel ein großes O in die Luft vor dem Dornenwall. »Vor zwei Stunden, allenfalls drei. Von jetzt ab treiben wir sie wieder vor uns her.« Er deutete gen Westen. »Mit etwas Glück haben wir sie bis Mitternacht eingeholt.«
    Meinolf nickte, doch er wirkte nicht sonderlich überzeugt. In verschärftem Tempo ritten sie weiter, so rasch es der holprige Pfad erlaubte.
    Hannes war mittlerweile kaum mehr bei Besinnung. Traum und Wirklichkeit flossen ihm aufs Wunderlichste ineinander. Das Flackern der Fackeln und das Funkeln und Blinken der Gestirne an seinem inneren Himmel. Das Schaukeln seines Mulis und die zauberischen Melodien, die er vor langen Jahren einmal gehört hatte, gespielt auf der Viola eines reisenden Musikus. Der tosende Strom, an dem Ritter Laurentius entlangritt, und das lebhafte Brausen eines Gewässers, das sich ganz in seiner Nähe befinden musste. Aber wie sollte das nun wieder möglich sein? Waren sie nicht eben noch durch unabsehbares Dickicht getrabt, eingezwängt zwischen Bäumen zur Rechten und dem Dornenwall linker Hand?
    Er versuchte, sich darüber klar zu werden, was sich in seiner Fantasie abspielte und was in Wirklichkeit. Doch bereits dieses Bemühen ging über seine Kräfte und so schlief Hannes abermals ein.
3
    D
er Morgen dämmerte bereits
, als Hannes ein weiteres Mal zu sich kam. Er lag auf einer saftig grünen Wiese. Ein lauer Wind fächelte ihm würzig frische Luft zu. Als er seinen Kopf hin und her wandte, nickten ihm Löwenzahn und Mohnblumen freundlichzu. Das Gurgeln und Plätschern, das er früher in der Nacht vernommen hatte, war jetzt sogar noch lauter, und ein Geruch nach kühlem, lebhaft fließendem Wasser lag in der Luft. Allem Anschein nach befanden sie sich am Ufer eines wirklichen Flusses – keines Traumgewässers, auch keines erdichteten Stroms.
    Hannes rappelte sich auf. Das war gar nicht so leicht, denn er war noch immer gefesselt, auch wenn er zumindest nicht mehr an Hand- und Fußknöcheln zusammengebunden war.
    Die Purpurkrieger hockten in einiger Entfernung im Gras, offenbar kaum weniger entkräftet als Hannes. Ihre Pferde ließen sich derweil das Ufergras schmecken, und auch Hannes’ Muli rupfte eifrig Grasbüschel und zermalmte sie mit seinen Zähnen, die beinahe so gelb waren wie die Löwenzahnblüten, die ihm aus dem Maul hingen.
    Wenige Schritte unterhalb der Wiese rauschte ein Fluss dahin. Er war nicht besonders breit, doch er führte genügend Wasser mit sich, um schiffbar zu sein. Jedenfalls entdeckte Hannes eine Reihe von Booten und Nachen, die an einem kleinen Holzsteg festgemacht

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