Orangenmond
Polizeimitarbeiter, das Höchste war einmal eine Einladung zu Kaffee und Schmalzgebäck beim Polizeipräsidenten gewesen, als sie den Fall mit den drei entführten Prostituierten so schnell gelöst hatten. Aber das wusste Silke ja nicht, die war erst zwei Jahre dabei.
Silke lachte. »Du weißt, wie man mich kriegen kann, ich bin zwar Mutter von Zwillingen, aber immer noch eitel, ich gebe es zu. Das ist aber weit weniger schlimm, als ein karrieregeiles kinderloses Monster wie du zu sein!«
»Ich gebe gerne ab, Silke! Sowohl Arbeit als auch Ruhm. Kein Problem. Ruf mich an, wenn ihr was gefunden habt!«
»Bestimmt nicht!«
Sie lachten beide und legten auf.
Die Trattoria Sal e& Miele lag im Schatten der Gasse, die Tische waren mit kariertem Stoff bedeckt und standen auf einem flachen Podest. Georg erhob sich, als er Eva sah. »Na, amüsiert? Wo warst du denn die ganze Nacht?!« Er umarmte sie und presste dabei seine Schläfe an ihre, küsste sogar kurz ihr Haar.
»Mit Jannis? Unterwegs?« Den triumphierenden Unterton in ihrer Stimme hatte sie nicht beabsichtigt. »Hallo, Emil!« Eva setzte sich schwungvoll, doch zuvor gab sie Helga noch ein Wangenküsschen auf den begrenzten Platz, den die riesige Sonnenbrille in ihrem Gesicht freiließ. Solidarität unter Clubgängerinnen. Georg schaute zwischen ihnen hin und her. »Na, das scheint ja sehr aufregend gewesen zu sein!«
Eva grinste und sagte nichts. Auch Helga rührte versonnen in ihrem Pfefferminztee und schwieg.
»Also, kleine Lagebesprechung!« Georg schüttelte den Kopf, Eva meinte einen ärgerlichen Unterton in seiner Stimme wahrzunehmen. »Die schlechte Nachricht: Superstar Elio ist anscheinend nicht in der Stadt, ich habe den mal gegoogelt, der dreht angeblich zurzeit in Milano.«
»Welcher Superstar?«, fragte Helga müde.
»Ein Schauspielerkollege von Milena, den wir treffen wollten. Wäre für Emil vielleicht ganz interessant gewesen … Also werden wir morgen wohl nach Apulien aufbrechen. Aber jetzt die gute Nachricht: Ich habe ein Hotel mit Pool in Ostuni gefunden und schon drei Zimmer reserviert. Es liegt direkt zwischen Ostuni und dem Trullo. Und: Wir werden heute Abend Konrad noch mal treffen.«
»Ooch, den. Den finde ich blöd«, stöhnte Emil.
»Warum?«, fragten Georg und Eva wie aus einem Mund.
»Weil der mich immer so anschaut, als ob ich was sagen müsste. Wie in der Schule bei Herr Behrend.«
»Herrn Behrend!«, korrigierte Georg.
»Herrn Behrend guckt auch immer so, wenn niemand sich meldet, weil wir das mit dem Subjektiv und Objekt nicht verstanden haben.« Eva lachte. Georg nicht.
»Hast du etwas von ihm … Hast du die Sachen von Konrad bekommen?«, fragte Eva betont beiläufig.
Georg schaltete schnell: »Die Fotos? Nein, deswegen müssen wir ihn ja noch mal treffen. Und das wird nicht so langweilig wie gestern im Restaurant, das verspreche ich dir, Emil!«
Emil stöhnte noch einmal.
»Da fragt der Donald mich, ob ich bei ihm in Rom bleiben möchte, er hat hier eine Wohnung, ist aber die meiste Zeit des Jahres auf Malta.« Helga sprach vor sich hin, als ob die restlichen Personen am Tisch nicht anwesend wären. Eva antwortete ihr dennoch:
»Na und, warum nicht? Ich fand ihn sehr charmant, und er sah gut aus!«
Helga wiegte zweifelnd den Kopf. »Bin ich ein Spielhäschen, das sich für ihn im Hotel einquartiert? Nein.«
Das Lachen gluckerte in Eva hoch, eigentlich konnte man dauernd über Helga lachen, wenn man sie nicht zu ernst nahm, sondern wie eine durchgeknallte Freundin betrachtete. Der Unterhaltungswert des yogazähen Spielhäschens aus gegerbtem Leder war ihr bis gestern gar nicht aufgefallen. Wieder schaute Georg zwischen ihnen hin und her, diesmal ohne eine Miene zu verziehen:
»Hat Mimmo sich gemeldet?«
»Soll er was tun für seinen Spaß, soll er mir hinterherkommen. Was nichts kostet, ist auch nichts wert«, murmelte Helga auf ihren Tee herab.
Evas Gesicht tat weh vom unterdrückten Grinsen. Also kein One-Night-Stand zwischen über Sechzigjährigen, im Gegenteil, Helga machte sich rar. Georg drückte das Kinn gegen die Brust, wie immer, wenn er seinen Ärger über Helga nicht zeigen wollte. Eva drehte sich zu ihm:
»Mimmo meldet sich doch nie zurück, wenn ich ihm auf die Mailbox quatsche. Wahrscheinlich ist ihm nicht bekannt, dass es auf seinem Handy so eine Einrichtung überhaupt gibt. Ich habe ihn das letzte Mal vor ungefähr vier Wochen gesprochen.«
»Mimmo hat viel mehr Haare auf der Brust als du,
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