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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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aber auch unglücklich, die ausgestreckte Hand von Jannis kam ihr vor wie eine Rettungsleine, an der sie sich von Bord ihres in Trauer versinkenden Hirns schwingen konnte.
    Sie holten sich zwei eiskalte Bier aus einem zur Kühlbox umfunktionierten Holzfass und gingen ohne ein Wort über die aufgebrochene rote Erde davon. Eva stolperte und knickte mit ihren hohen Schuhen um, doch bevor sie fallen konnte, hielt Jannis sie fest und küsste sie. Eva war es egal, sie war zunächst nur froh, dass jemand sie festhielt, registrierte nach einer Weile aber, dass ihr seine Küsse gefielen und dass sie dazu nicht in ihn verliebt sein musste. Die Luft war lau, die Grillen sägten, auf der Party wurde It’s raining Men! gespielt. »Ich dachte, dieser DJ Bobo hätte Ahnung«, murmelte Jannis, und Eva stimmte ihm darin zu, dass dieser Song einfach nur grauenhaft war und für immer verboten gehörte. Sie bat ihn, immer weiter mit ihr zu gehen, einen Zaun gab es damals noch nicht, die Grundstücke waren nur durch lose aufeinandergeschichtete Steinmauern voneinander getrennt. Der Mond lag als leuchtende Rie sensichel auf dem Rücken, die Silhouetten der Oliven bäume ragten schwarz und bedrohlich in den Nachthimmel, doch an Jannis’ Hand hatte sie keine Angst. Sie gingen, tranken Bier, beobachteten eine Eule, die vor ihnen geruhsam mit weiten Schwingen davonflog, und küssten sich alle paar Meter. Die Musik entfernte sich. Sie fanden eine Spitzhacke auf der Erde, Jannis grub für Eva einen Feigenbaumableger für ihren Balkon in Hamburg aus und kam dabei ziemlich ins Schwitzen. Mit Bäumchen, Hacke und Bierflasche in den Händen führte er sie zu einem unbewohnten Häuschen, das er am Tag zuvor entdeckt hatte. Es sah aus wie ein Trullo, nur ohne Kuppel, und war vor Jahren einmal weiß gestrichen worden, an der Seite führte ein schmales Steintreppchen hinauf. Eva erklärte ihm, dass diese kleinen Bauten Lámia hießen, und kletterte hinter ihm die Stufen hoch. Oben auf dem flachen Dach, das in der Mitte einen recht hohen Buckel hatte, lag eine Isomatte. Zwei dicke Steine hinderten sie daran, vom Wind weggeweht zu werden.
    Er habe hier heute schon gesessen, erklärte Jannis, ein cooler Platz, von dem man herrlich weit ins Tal schauen könne, bis nach Ostuni hinüber. Der Stein strahlte noch immer die Hitze der Sonne aus, sie legten sich aneinandergeschmiegt auf die Matte, den Buckel bequem im Rücken. Evas Kopf ruhte auf Jannis’ Brust, der Feigenbaumableger lag neben ihnen. Sie tranken das Bier aus, küssten sich, fummelten ein bisschen aneinander rum und unterhielten sich über die Notwendigkeit von One-Night-Stands. Sie stellten lachend fest, dass es keine gab, und schauten minutenlang schweigend hinauf in den Himmel.
    »Hast du die Sichel des Mondes jemals so groß gesehen?«, fragte Jannis irgendwann. Eva verneinte. Er beugte sich über sie:
    »Das ist eine magische Nacht. Mit dir.«
    »Lass uns nicht reden, bitte.«
    »Das ist aber noch nicht der Sonnenaufgang«, sagte Jannis, als sie gegen halb vier vom entfernten Flackern eines blauen Lichts aufgeschreckt wurden.
    »Sieht eher nach der Landung von Außerirdischen aus«, bestätigte Eva und musste kurz an Milenas Höhlenmännchen denken, mit denen sie sie im Laufe der letzten Jahre immer wieder aufgezogen hatte. Vielleicht war It’s raining Men der Tropfen gewesen, der das Fass der kleinen Wesen endgültig zum Überlaufen gebracht hatte.
    Sie standen auf. Von ihrem erhöhten Ausguck konnten sie sehen, wie ein Auto die schmalen Wege durch die Olivenhaine zum Grundstück fuhr, gefolgt von einer ambulanza mit Blaulicht, aber immerhin ohne Sirene. »Da ist was passiert!«, sagte Eva. Hauptsache, nicht Milli, nicht dem Kind, nicht Georg, dachte sie und wunderte sich kurz über die Reihenfolge. Sie machten sich eilig auf den Weg zurück.
    Schon bald konnte man erfahren, dass Helga und Sebastian sich während der Feier auf ein ganz ähnliches Gemäuer wie Jannis und Eva verzogen hatten, allerdings in entgegengesetzter Himmelsrichtung. Außerdem hatten sie es auch nicht beim Beieinanderliegen belassen. Das Dach ihrer Lámia war mit einer zwanzig Zentimeter hohen, aber sehr breiten Mauer umgeben. Nach einem gemeinsamen Sturz aus gut drei Meter Höhe war Helga auf Sebastian, dem treulosen Innenarchitekten, gelandet. Über die Position, die sie vor dem Sturz innehatten, wollte keiner der Anwesenden Vermutungen anstellen; das Lachen war ihnen vergangen.
    Helga hatte eine schwere

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