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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Beileid, ja, es ist schlimm und traurig, ja, es ist komisch, hier zu sein – war schnell alles verhandelt. Die Zisterne musste dringend sauber gemacht werden, bevor das neue Wasser hineingelassen werden konnte.
    »Ich schicke meinen Sohn«, rief Tommaso gegen den Lärm seines klapprigen Lasters an, »und komme dann gegen zwölf mit dem Wasser, früher geht es leider nicht!« Früher? Das war sowieso schon mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte. Sie bedankte sich mehrmals.
    »Ah, Tommaso«, ihr war noch etwas eingefallen, »was ist mit Mimmo? Ich erreiche ihn nicht.«
    »Mimmo? Mimmo Fiorillo?«
    »Ja, der! Hier sieht es aus, als ob er sehr lange nicht da gewesen wäre. Die ganzen Jahre nicht …«
    »Das hat er oft so gemacht, sich erst gekümmert, wenn die Leute wirklich kommen, aber in diesem Fall ist es anders! Der Schlag hat ihn getroffen!«
    »Ach du meine Güte!«
    Mimmo hatte vor drei Wochen einen Schlaganfall gehabt, mit fünfundfünfzig Jahren saß er zu Hause und wurde von seiner Frau gefüttert. Ab und zu kam jemand, um mit ihm Gymnastik zu machen, aber er hatte keine rechte Lust dazu. Ja, es wäre grausam, ihn so zu sehen. Tommaso war gar nicht erst da gewesen, sondern hatte seine Frau geschickt.
    Eva bedankte sich für die Auskunft und legte auf. Der arme Mimmo! Das Schlitzohr mit der Goldkette, der große Baumeister mit der Liebe zum Detail, der Pflanzenkenner und Tomatenzüchter fiel wahrscheinlich für immer aus. Sie musste ihn unbedingt besuchen gehen und ihm eine Kleinigkeit mitbringen, wie es sich hier gehörte. Pralinen? Sie hatte keine Ahnung, doch was sie wirklich bewegte und sorgte, war die Frage, woher sie jetzt einen Gärtner bekam. Sie war schrecklich egoistisch, immer ging es nur um ihr Glück. Aber was konnte sie schon tun? Sollte sie jetzt zu Mimmo laufen und ihm einen motivierenden Physiotherapeuten beschaffen? Der ihn aus seiner depressiven Stimmung holte? Wohl kaum, der Trulloverkauf war erst einmal wichtiger.
    Wen kannte sie?
    Mimmos Cousin. Mimmos anderen Cousin. Mimmos Neffen. Einer war Alkoholiker, der brauchte erst ein Bier, sonst konnte er nicht arbeiten. Der andere stank immer nach Schweiß, schaffte es kaum, einem in die Augen zu schauen, und hatte so gern die kleinen, scharfen Rucolablätter von der Einfahrt gepflückt und mit nach Hause zu seiner Frau genommen. Der dritte war jünger, er hatte eine rasante Drogenkarriere hinter sich und war sogar zu einem Boten der Sacra Corona Unita aufgestiegen, der apulischen Mafia, dann war irgendetwas dazwischengekommen. Verrat und Gefängnis vermutlich. Angeblich war er schon seit J ahren wieder clean. Alle drei waren recht ordentliche Hand werker und Gärtner, doch wie sollte sie die Männer erreichen, wenn sie nicht einmal ihre Namen kannte?
    Irgendwo in der Nachbarschaft ging ein Motor an, das Knattern einer motozappa , weit weg, aber dennoch gut zu hören. Sie schlich sich an Emil heran, der mit weißen Steinen ein Kreuz auf dem roten Erdboden anordnete. Um ihn nicht zu erschrecken, pfiff sie ein paarmal leise, bis er aufschaute.
    »Sag Helga und Georg, dass ich ein bisschen durch die Gegend spaziere, bin in einer halben Stunde wieder da.« Er nickte.
    »Wenn ich wüsste, wo Papa den Marder begraben hat, könnte ich ihm das jetzt drauflegen.«
    »Stimmt«, sagte Eva und wollte am liebsten fortlaufen. Das war ein Thema, das er mit seinem Vater besprechen sollte, ob nun biologischer oder nicht, warum konnte Georg sich nicht richtig um ihn kümmern? Wo er doch sonst so besorgt um ihn war. Irgendwas hing da quer zwischen den beiden.
    Emil seufzte. »Papa rennt immer rum, als ob er was suchen würde, aber gar nicht weiß, was.«
    »Ja, ich weiß, was du meinst.«
    Eva wartete, sah sich selbst unter dem Baum stehen, die Arme um sich geschlungen, als ob sie friere. Sollte sie etwas sagen? Sollte sie ihn auf Milena, Mama, Grab, irgendetwas ansprechen? Oder gerade nicht? Ihn ablenken mit der Aussicht auf einen Nachmittag am Strand?
    Die Sonne schien durch die Äste des Olivenbaums und warf kleine Sprenkel auf Emils Gesicht und die Steine. »Ach«, er seufzte noch einmal, »mit dir kann man echt gut reden, Eva, aber jetzt muss ich mal aufs Klo!« Er rannte los, auf die Pergola zu, zwischen den beiden Moskitonetzen hindurch, ins Haus.
    Eva folgte dem Geräusch der motozappa . Sie nahm zwei Steine vom Boden auf, die wilden Hunde waren zwar eingesperrt, aber vielleicht gab es inzwischen neue. Die Steine wogen angenehm schwer in ihren Händen, mit

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