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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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nicht auf Georg zu zeigen und ihn als suo padre vorzustellen. Fast hätte sie ihren großartigen Plan gefährdet. Sie hörte Georgs Stimme: Ich nehme einfach ein Haar von seinem Fischverkäuferkittel oder klaue das Glas, aus dem er getrunken hat.
    Na dann los, viel Glück, Georg!
    »Sie hat mir ein Geschenk gemacht!«, rief Sergio zweimal hintereinander. »Es tut mir so leid, ich habe gehört, was mit Miläna passiert ist. Wie lange ist das jetzt her?«
    »Fünf Jahre«, antwortete Eva auf Italienisch. Sergio wun derte sich nicht, dass sie ihn verstand, er nahm ihre Sprach kenntnisse als selbstverständlich hin. »I’m not a devil«, hatte er zu ihr am Strand gesagt. »I can wait!«
    I’m not a devil. Kein Teufel. I can wait! Das hatte man dann ja gesehen … Ein großkotziges Bürschchen war er gewesen, doch immer ganz klein unter der Herrschaft seines Vaters. Zu seinem englischen Wortschatz war seit zweiundzwanzig Jahren garantiert nichts hinzugekommen, da war sie sicher. Er und Milena? Lächerlich.
    »Cinque anni«, wiederholte er. Dann ging er hinter seinen Tresen zurück, bediente die Kundin zu Ende, bat Eva aber mit einer Handbewegung zu warten. Von Georg hatte er noch keine Notiz genommen.
    »Wie alt ist er denn?«
    »Zehn.«
    »Ah!« Es klang verlegen, er zog seine Stirn in Falten, Eva konnte es dahinter arbeiten sehen. »Meine sind jetzt neun. Gemelli . Zwillinge. Sofia und Enrico. Und du?«
    Eva schüttelte den Kopf. Sergio wechselte sofort das Thema: »Was macht ihr hier? Ferien?«
    »Wir haben Anna besucht, in Forlì.«
    »Welche Anna?«
    »Anna, la …« Das italienische Wort für Maskenbildnerin fiel ihr nicht gleich ein. » … la truccatrice! Sie hat gerade ein Kind bekommen.«
    »Ah!« Es klang genauso verlegen wie das erste Ah!, registrierte Eva.
    »Und dann haben wir beschlossen, einen kleinen Ausflug zum Campingplatz Marinella zu machen…«
    »Camping Marinella, mamma mia , wie die Zeit vergeht. Wir sind alt geworden, was?« Er lachte.
    Du!, dachte Eva. Ich nicht.
    » Allora , ich habe eine Idee! Ihr müsst alle mitkommen. Ich mache im Sommer fast jeden Samstag ein Barbecue bei mir im Garten, mit dem, was ich nicht verkaufe. Wäre doch schade, das alles wegzuschmeißen!« Er lachte zufrieden und hob einen großen weißen Plastiksack hoch, dann zeigte er auf Georg. »Versteht er, was ich sage? Ist das dein Mann?«
    »Nein, der von Milena.«
    »Ah! Angenehm. Sergio!« Er schüttelte Georg die Hand. Eva übersetzte Sergios Einladung.
    »That would be great!«, bedankte Georg sich.
    »Aber jetzt darf ich euch hinausbitten, ich muss die Kasse machen und den restlichen Fisch zusammenpacken, und sie wartet schon!« Sergio zeigte auf eine kleine dunkelhaarige Frau, die unterwürfig lächelnd einen Putzeimer vom Hinterzimmer in den Ladenraum schob.
    »Ich komme gleich raus zu euch!«
    »Könnte doch gar nicht besser laufen!«, sagte Georg leise. Die Ladentür schloss sich hinter ihnen mit triumphierendem Gebimmel. Sie standen auf dem Platz und blinzelten in die Sonne, die auf ihre unbedeckten Köpfe knallte.
    »Er hat zweimal wiederholt, dass Milena ihm mit Emil ein Geschenk gemacht hat.«
    »Wow.« Georg rieb sich die Stirn. »Das hat er wirklich gesagt?«
    » Mi ha fatto un regalo . Einfache Sätze verstehe ich gerade noch.«
    »Deswegen habe ich dich ja mitgenommen!« Georg wehrte ihren Faustschlag auf seinen Oberarm lachend ab.
    »Also bleiben wir heute noch eine letzte Nacht im Palazzo, und morgen checken wir aus.« Eva schaute ihn fragend an.
    »Na, zum Trullo müssen wir sowieso, oder? Wenn wir gleich etwas Handfestes über unseren Signor Fischhändler herausfinden, geht es weiter Richtung Apulien, wenn nicht, nehmen wir eine Probe und machen uns daran, die Liste weiter abzuhaken.« Eva blies die Wangen auf und ließ die Luft dann langsam wieder daraus entweichen. Bei Georg hörte sich alles so einfach an.
    Helga stieg aus dem Wagen. »Was machen wir denn hier eigentlich noch?«, fragte sie, mithilfe ihrer Sonnenbrille wieder in ein feindliches Insekt verwandelt.
    »Wir warten.«
    In diesem Moment trat Sergio aus dem Laden, er hatte sich umgezogen und trug nun ein grün-weiß gestreiftes Hemd plus aufgedruckten Frotteebuchstaben und eine Sonnenbrille mit gelb getönten Gläsern.
    »Mein Auto steht da vorne, ein Offroad, Typ Station Wagon, nichts Besonderes, wenn ihr …«
    »Sergio«, unterbrach Eva ihn auf Italienisch, » parla piano!, sprich langsam mit mir, ich verstehe dich sonst

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