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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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unsere Eltern da wären, würden sie es nicht erlauben, aber die sind einkaufen gefahren und ich …« In Mischas Augen blitzte es plötzlich. » Ich verbiete es ihr!«
    Â»Du?« Darek kicherte. »Die gibt auch was auf dich!«
    Mischa ließ sich nicht beirren. Die Süßigkeiten hatten ihn mit explosiver Energie aufgepumpt, er war in Rage gekommen, nichts schien ihn aufhalten zu können. Nach größeren Mengen Zucker neigte er zu unvorhergesehenem Verhalten und hyperaktiven Schüben. Er riss am Fenstergriff, aber das Fenster ließ sich erst öffnen, als Mischa sich auf einen Stuhl stellte und mit aller Kraft daran zog.
    Er lehnte sich weit hinaus und rief: »Hanka! Hier spricht dein Bruder! Ich und Darek ordnen dir kategorisch und unwiderruflich an …«
    Â»Hör auf mit dem Blödsinn!« Darek versuchte ihn vom Stuhl herunterzuziehen, aber vergeblich. Mischa hatte einen seiner Anfälle und war nicht zu bremsen.
    Â»Mit sofortiger Wirkung verbiete ich dir strengstens, auf Motorräder zu steigen, die von absoluten Idioten gefahren werden! Darek schließt sich dem Verbot an! Steig herunter und hopp, Fieber messen! Hast du verstanden?«
    Darek spürte seine Wangen rot werden und überlegte, wie er aus der peinlichen Situation wieder herauskam. Zum Glück war das nicht nötig. Das Geheul des hochtourigen Motors übertönte Mischas Pöbelei so laut, dass sich Hanka nicht einmal umdrehte. Sie schaute ihrem Fahrer über die Schulter, und während sie sich an seinen perfekten Rücken schmiegte und seine Hüften umschlang, entfernten sie sich bereits. Darek blickte dem roten, immer kleiner werdenden Fleck ihrer Weste noch ein paar Sekunden nach. Er versuchte sich dieses Bild als einen Bestandteil von Hankas Fotogalerie vorzustellen, auf der lichten Hälfte. Natürlich müsste sie es mit einer Sprechblase versehen, in der stehen würde: Take it on the run, baby. Oder: Never look back!
    Er drehte sich um und kehrte zur Modelleisenbahn zurück.
    Â»Komm, wir machen diese Kreuzung neu«, forderte er Mischa auf – so normal er irgend konnte. »Diese Kurve kann man nicht so stehen lassen, die ist zu scharf.«

    Ema wartete auf Darek vor dem ausgeschalteten Rechner. Sie hatte es sich auf seinem Stuhl gemütlich gemacht und starrte auf den schwarzen Monitor, ihren Plüschbär auf dem Schoß.
    Â»Machst du es an?« Heute fragte sie nicht, ob Darek ihr etwas mitgebracht hatte.
    Â»Was denn?«
    Â»Die Feinde.«
    Einmal hatte ihr das Familienzentrum ein Päckchen mit einfachen Computerspielen für Kinder im Vorschulalter geschickt. Darek erinnerte sich, wie Mutter versucht hatte, Ema die Spielregeln zu erklären. Sie hatte viel Zeit damit verbracht, ihr zu zeigen, wann sie was machen musste, doch Emas Koordinations- und Konzentrationsfähigkeiten waren dafür nicht weit genug entwickelt. Zappelige Bälle, Schlafwandler, Robots und Catching Game blieben für sie unspielbar, da es in diesen Spielen nötig war, die Tastatur oder die Maus schnell zu bewegen und gleichzeitig die Veränderungen auf dem Monitor nicht aus dem Blick zu lassen. Die Feinde war das einzige Spiel, zu dem sie Zugang gefunden hatte. Einen eigenen Zugang. Das meiste, was die Autoren des Spiels vorgesehen hatten, machte sie nicht, also erreichte sie auch nie die notwendige Punktzahl, um ein höheres Level zu erreichen. Das hinderte sie jedoch nicht daran, sich wunderbar zu amüsieren. Am liebsten mochte sie einen Hund namens Teppich und eine Katze, die ihren Kopf um dreihundertsechzig Grad drehen konnte und die Beine in alle Richtungen bog. Ema beobachtete sie fasziniert beim Jagen, gluckste vor Lachen, wenn die Tiere um den Fressnapf kämpften, und sie ließ Teppich mit dem Daumen auf der Entertaste so lange um den Tisch herumlaufen, bis er völlig verknotet war. Zu Dareks Erstaunen klickte sie am Ende des Spiels immer rechtzeitig den rechten Pfeil, damit der Hund die Pfote hob und seine Katzenfeindin umarmte. Das war der Abschluss, der Ema offensichtlich glücklich machte und ihr jedes Mal ein breites Lächeln ins Gesicht zauberte.
    Â»Das sind gar keine Feinde«, erklärte sie Darek. »Die tun nur so, damit es lustig ist!«
    Jetzt rutschte sie erwartungsvoll auf dem Stuhl hin und her und kickte mit dem Fuß gegen das Geländer über der Treppe. Sie wollte endlich mit dem Spiel anfangen. Darek

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