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Orangentage

Orangentage

Titel: Orangentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iva Procházková
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auf ihn ein. Darek schnappte ein paar Bemerkungen auf, irgendwas von einem baldigen Verkauf, einem tierärztlichen Zertifikat und Nebenwirkungen. Dann gingen beide Männer hinaus auf den Hof und Darek hörte nichts mehr. Er streichelte dem Hengst über den Hals, sah die Zuckungen unter seiner Haut und scheuchte die Fliegen von ihm weg. Krokant war wunderschön – nach Dareks Meinung sogar schöner als Herkules –, aber jetzt, mit den verbundenen Hufen, weckte er eher Mitleid als Bewunderung. Vater fürchtete vermutlich, dass der Käufer, den Anton aufgetrieben hatte, einen Rückzieher machen könne. Darek machte das nichts aus, am liebsten hätte er Krokant sowieso behalten, aber er wusste, dass das nicht ging. Sie hielten die Pferde, um Geschäfte zu erzielen, nicht um Freude an ihnen zu haben. Sie mussten Gewinn erzielen, um zu überleben. Das war kein Hobby, das war ihre Arbeit. Vater hatte es ihm oft genug erklärt. Es war sinnlos, sich etwas zu erträumen. Aber die Träume ließen sich nicht verdrängen. Darek stellte sich manchmal vor, wie er als erwachsener Mann im Sattel eines Pferdes saß und ihm eine große Herde von Pferden folgte, die unverkäuflich waren. Es war seine Herde und das war eine herrliche Vorstellung.
    Â»Maaach die Feiiiiinde aaan«, leierte Ema im Sprechgesang. »Iiich wiiill Teeeppiiich …«
    Dareks Blick wanderte zum Rechner, den er vor einer Weile eingeschaltet hatte. In einem der Ordner waren Anzeigen von Pferdehändlern, die er regelmäßig heraussuchte und kopierte. Er verglich die Angebote und Nachfragen und machte sich eine Liste, in welcher Preisklasse sich ihre Pferde bewegten. Vater und Anton weihten ihn in ihre Pläne nicht ein und Darek wollte sie nicht mit neugierigen Fragen löchern. Andererseits, wenn er sich schon um die Pferde kümmerte, interessierte es ihn auch, welchen Wert und welche Aussichten sie hatten, in eine gute Zucht zu kommen.
    Â»Halt noch eine Weile aus, ich starte es gleich«, sagte er zu Ema. »Ich schaue nur rasch etwas nach.«
    Er fand den Pferdebazar und ging die neuesten Anzeigen durch. Ein siebenjähriger Paint-Horse-Wallach war dazugekommen. Auf dem Bild hatte er einen niedrigen Widerrist, einen kurzen Rücken und einen schütteren Schweif. Ansonsten sah er sympathisch aus. Obwohl er ohne Papiere war, verlangte der Besitzer einunddreißigtausend Kronen für ihn und versicherte, dass dies ein Freundschaftspreis sei. Eine neunjährige Stute, die Waliserin ähnlich sah, war für vierundzwanzig und ein paar Zerquetschte zu haben, und ein Huzule, der zwar eine schönere Kruppe als Papa Schlumpf hatte, aber keine feurige Mähne, war für achtzehntausend zu haben. Das klang vielversprechend, nur bestand das Problem darin, dass die Menge der zu verkaufenden Tiere die Nachfrage um ein Vielfaches überstieg. Manche Anzeigen waren schon ziemlich alt. Ob es nun wegen der Krise war oder aus einem anderen Grund, der Pferdemarkt schien nicht gerade in Bewegung zu sein. Als er Anton einmal darauf ansprach, zwickte dieser ihm unbekümmert in die Wange und sagte: »Zerbrich dir darüber mal nicht den Kopf. Mich holt die Krise nicht ein. Horse Buddy hat seine treue Kundschaft.«
    Das war zwar eine beruhigende Antwort, aber Darek hoffte trotzdem im tiefsten Inneren, dass keiner der treuen Kunden Interesse an Krokant und Herkules zeigen würde. Auch für Waliserin wünschte er es sich. Nirgendwo war Ema so bedingungslos glücklich wie auf ihrem Rücken. Dafür meldete sie jetzt lautstark ihre Ansprüche an.
    Â»Wooo siiind dieee Feindeee, wooo iiist Teeeppiiich, wo ist dieee Kaaatzeee …?«, tönte sie unaufhörlich neben Darek. Die Geduld ging ihr aus; sie zog den Bären am Ohr und trat immer lauter gegen das Geländer.
    Darek konnte sich nicht auf das Lesen und Abspeichern der Anzeigen konzentrieren. Er nahm sich vor, sie abends durchzusehen, wenn Ema schlafen gegangen war.
    Â»Hier hast du deine Feinde«, sagte er und legte die CD ins Laufwerk. »Sollen sie sich meinetwegen mit Haut und Haaren fressen!«
    Â»Sie fressen sich nicht«, protestierte Ema. »Sie spielen nur!«
    Â»Wenn du keine Lust mehr hast, dann klick bitte nicht herum, sondern lass den Rechner einfach an, ja?«, sagte er wie immer und drückte auf Play . »Ich gehe jetzt zu den Pferden.«
    Es war ihm klar, dass sie die letzten Worte

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