Orchideenhaus
verlieren.
»Ruhen Sie sich aus, Miss Lidia«, sagte er und griff nach ihrer Hand. »Ich bleibe bei Ihnen. Wir reden später weiter. Dann erzähle ich Ihnen alles.«
»Er kommt … Er liebt mich … Er liebt mich …«
Noch während sie sprach, schlief Lidia ein.
Die folgenden beiden Stunden saß Bill an Lidias Bett. Als die Kleine aufwachte und vor Hunger zu schreien begann, schlief Lidia weiter. Bill entwand sie Lidias Armen, fütterte und wickelte sie und legte sie vorsichtig zurück.
Erst am Abend regte Lidia sich. Zur selben Zeit betraten Arzt und Schwester das Zimmer und signalisierten Bill, dass er gehen solle.
Draußen besorgte Bill sich ein Bier und eine Schale Nudeln und setzte sich zum Essen auf die Stufen des Krankenhauses.
Trotz seiner Jahre in Changi hatte Bill das Gefühl, noch nie so hilflos und allein gewesen zu sein.
Eine Stunde später durfte Bill zurück in die Station. Nun saß Lidia, mehrere Kissen im Rücken, aufrecht da. Sie wirkte immer noch sehr zerbrechlich, aber wacher und ruhiger.
»Bitte, Mister Bill, setzen Sie sich«, forderte sie ihn auf und deutete auf einen Stuhl. »Der Arzt sagt mir, Sie sind sehr freundlich. Sie bringen mich hierher, kümmern sich um mein Kind und besuchen mich jeden Tag. Er sagt, Sie sind guter Mensch.«
»Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, Miss Lidia. Sie«, Bill deutete auf die Kleine, die in den Armen ihrer Mutter lag, »ist einfach süß.«
Lidia lächelte das Kind an. »Sieht sie aus wie ihr Daddy?«
Obwohl Bill fand, dass sie eher ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war, nickte er. »Ja. Was mich schon lange interessiert: Wie heißt sie eigentlich?«
»Jasmine. Harry sagt, seine Mutter pflanzt diese Blume in Garten in England. Hier wächst sie auch. Schöne Pflanze und angenehmer Duft.«
»Ja, ich mag Jasmin, Miss Lidia«, pflichtete Bill ihr bei. »Ein schöner Name.«
»Ich hoffe, Harry gefällt er. Und Sie sind Bill …?«
»Stafford, Miss Lidia. Ich war mit Lord Harry in Changi; wir haben uns gegenseitig beigestanden zu überleben …« Bill verzog das Gesicht bei der Erinnerung an diese Zeit. »Zu Hause in England bin ich sein Gärtner.«
»Gärtner?« Lidia hob eine Augenbraue. »Er hat Gärtner geschickt, mich suchen?«
»Er weiß, dass er mir vertrauen kann, Miss Lidia. Ich würde alles für ihn tun.«
»Ja, er ist ganz besonderer Mann. Ich will ihn bald sehen und ihm unser Baby zeigen. Jetzt verstehe ich seine Briefe, warum er nicht hier ist. Sein Vater stirbt. Sie kommen, bringen mich zu Harry nach England, ja?«
»Lidia, ich …«
»Ich kann jetzt nicht nach England gehen, Mister Bill.« Lidia schüttelte den Kopf. »Arzt sagt, ist viel kaputt in mir von Baby. Ich muss schnell operiert werden. Es dauert wahrscheinlich viele Wochen, bis ich wieder in Ordnung bin. Also müssen wir warten, bevor ich auf lange Reise gehe.«
Bill schluckte. »Miss … Ich meine, Lidia … Ich …«
Sie sah den Kummer in seinem Blick.
»Was?«
»Ach, Miss, ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll … Ich …«
»Er will mich nicht?«, fragte sie.
»Doch, er liebt Sie, Miss, mehr als alles andere … Das ist es nicht… Ich …«
»Wenn er mich liebt, ist alles okay. Aber, Mister Bill, was ist mit Harry passiert?«
»Ich glaube, ich sollte nach der Operation wiederkommen, wenn es Ihnen besser geht. Es wäre nicht richtig, Sie im Moment damit zu belasten.«
»Mister Bill, ich sterbe fast. Vielleicht sterbe ich jetzt bei Operation. Das sagt Arzt. Sie ist morgen«, fügte sie hinzu. »Es bleibt keine Zeit. Also sagen Sie mir alles. Bitte, Mister Bill. Ich muss es wissen.«
»Miss …«
Lidia streckte ihm zitternd die Hand entgegen. »Ich bin bereit. Keine Sorge. Ich weiß, dass er mich liebt. Nur das ist wichtig. Bitte sagen Sie es mir.«
Also klärte Bill sie auf. Lidias Gesicht verriet keinerlei Emotion, doch ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
Als Bills Blick auf die kleine Jasmine fiel, die schlafend im Arm ihrer Mutter lag, wusste er, dass er Lidia nicht die ganze Geschichte erzählen konnte, dass er ihr Olivias Schwangerschaft verschweigen musste.
»Tja. Harry ist verheiratet, und jetzt, da sein Vater nicht mehr lebt, ruht die Last der Verantwortung auf ihm. Er wollte wirklich seiner Frau alles beichten, sie um die Scheidung bitten und zu Ihnen zurückkommen. Aber das geht nicht. Er hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen, dass er Sie immer lieben wird«, schloss Bill. »Glauben Sie mir, Miss Lidia, ihm
Weitere Kostenlose Bücher