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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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später dann.«
     
    Olivia und Venetia waren morgens um zehn Uhr von London losgefahren. Venetia hatte sich mit der Versicherung, sie sei eine gute Fahrerin, den Ford ihrer Eltern ausgeliehen. Leider erwies sich diese als unrichtig. Olivia verbrachte fünf Stunden in Todesangst, wenn Venetia auf die Gegenfahrbahn geriet, wenn sie den Motor absterben ließ, den falschen Gang einlegte oder nur knapp einem Zusammenstoß entging.
    Olivias Navigationsfähigkeiten waren kaum besser als Venetias Fahrkünste, weswegen sie mehrfach falsche Straßen wählten. Statt der Viereinhalb-Stunden-Fahrt, mit der sie gerechnet hatten, waren sie immer noch mindestens eine Stunde von Wharton Park entfernt und würden nicht mehr pünktlich zum Nachmittagstee dort eintreffen.

    Wenigstens war die Landschaft im Lauf der Fahrt attraktiver geworden, und Olivia konnte ziemlich sicher sein, sich auf der richtigen Straße zu befinden.
    »Ich befürchte, dass wir irgendwann einfach in die Nordsee plumpsen«, stellte Venetia fest. »Grässlich, wie lange diese Fahrt schon dauert; ich habe einen Bärenhunger. Pup sagt immer, er reagiere allergisch auf frische Luft. Ich glaube, er war, solange ich auf der Welt bin, nie auf dem Land. Könnte sein, dass ich in seine Fußstapfen trete.«
    Olivia hob die Augenbrauen, erwiderte jedoch nichts. Wenn Venetia erst Wharton Park sähe, würde sie bestimmt feststellen, dass die Fahrt sich gelohnt hatte.
    Eineinhalb Stunden später bogen sie in die lange Auffahrt des Anwesens ein. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und tauchte den Park in sanftes Licht.
    Venetia beklagte sich nach wie vor über ihren leeren Magen, ihren steifen Rücken und ihren vom vielen Gangwechseln schmerzenden Fuß. Olivia kurbelte das Fenster herunter und atmete die milde Abendluft ein.
    »Da drüben«, verkündete sie, als Wharton Park in Sicht kam. »Ist es nicht wunderschön?«
    Venetia, die keine Lust mehr auf Höflichkeiten hatte, fragte zurück: »Kennt man in dem alten Kasten überhaupt schon Glühbirnen?«
    »Spotte nicht, Venetia. Natürlich! Außerdem ist heute der einundzwanzigste Juni, der längste Tag des Jahres. Wir werden also kaum Kunstlicht brauchen. Wenn du das Wochenende über schmollen willst: Tu dir keinen Zwang an«, fügte sie hinzu, als Venetia den Wagen vor dem Haus ruckelnd zum Stehen brachte. »Ich finde es himmlisch und habe vor, die Zeit hier zu genießen, auch wenn dir nicht danach ist.«

    In dem Moment ging die Haustür auf, und ein junger Mann, an den sie sich vage erinnerte, kam ihnen entgegen.
    »Hallo, Miss Drew-Norris«, begrüßte er sie, als sie aus dem Wagen stieg und ihr zerknittertes Kleid glattstrich. »Schön, Sie wieder in Wharton Park zu sehen.«
    Olivia erkannte Bill, den Sohn des Gärtners, dem sie im Januar kurz im Gewächshaus begegnet war.
    »Wie geht’s den Blumen?«, erkundigte sie sich. »Meine Frangipani machen sich jedenfalls prächtig auf meinem Fensterbrett in London.«
    »Gut, danke, Miss Drew-Norris.«
    »Ich kann es kaum erwarten, die Gärten zu sehen«, erklärte Olivia. »Harry sagt, sie wären wunderschön im Hochsommer. «
    »Stimmt. Sie sind genau zur richtigen Zeit hier; jetzt blüht alles ganz frisch. Mitte Juli sehen die Pflanzen schon wieder welk und trocken aus. Miss Drew-Norris, soll ich Ihnen das Gepäck ins Haus bringen? Wenn Sie mir den Schlüssel geben, könnte ich anschließend den Wagen für Sie abstellen.«
    »Der Wagen gehört mir.« Venetia trat mit den Schlüsseln auf Bill zu und bedachte ihn mit einem verführerischen Lächeln. »Gehen Sie sorgsam damit um, ja?«
    »Natürlich, Miss«, sagte Bill und öffnete den Kofferraum, um das Gepäck herauszuholen.
    Als er sie die Stufen zum Haus hinauftrug, bemerkte Venetia: »Das nenne ich mal einen himmlischen Anblick. Wer ist das?«
    »Bitte benimm dich«, warnte Olivia sie lächelnd. »Er ist der Sohn des Gärtners. Du hast zu viel Lady Chatterley gelesen. Komm jetzt. Ich bin am Verdursten und sehne mich nach einer Tasse Tee.«

     
    Um sieben Uhr stand Adrienne auf der Terrasse, ein Glas Champagner in der Hand. Die Nacht war genau so, wie sie es sich gewünscht hatte. Nur an solchen Abenden konnte Wharton Park der Schönheit ihrer Heimat Provence das Wasser reichen. Die laue Dämmerung auf dem englischen Land, wenn Erde und Himmel miteinander zu verschmelzen schienen und der Geruch frisch gemähten Grases sich mit dem der Rosen verband, besaß durchaus ihren Reiz.
    Im Haus war alles bereit. Der Ballsaal

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