Orcs ante Portas
Anwesenden mich. Ich befinde mich hier weit außerhalb meiner üblichen sozialen Kreise, was ich auch sehr genau spüre. Die meisten Anwesenden bei diesem Treffen gehören zur Aristokratie von Turai und tragen Togen. Meine triste Tunika wirkt dagegen schäbig. Die anderen tragen ihr Haar kurz geschnitten und gut frisiert. Meine Mähne pendelt in einem dicken Zopf auf meinem Rücken. Ihre Stimmen sind wohlklingend und ihre Manieren erheblich besser als meine. Selbst mein Name, Thraxas, verrät meine niedere Herkunft. Es ist wirklich eine seltsame Laune des Schicksals, dass ich in einer solchen Position gelandet bin. Hätte Zitzerius gewusst, dass er mich als Bonzen länger am Hals hat, als er mich zum Tribun gemacht hat, hätte er es sich bestimmt anders überlegt.
Der Rehbraten ist exzellent, und die Wurzeln sind absolut perfekt blanchiert. Wer auch immer für das Büro des Konsuls kocht, versteht sein Handwerk. Der Mann ist eine Zierde für unsere Stadt. Das Essen ist so ausgezeichnet, dass es beinah ein Schock für mich ist, als ich in ein süßes Gebäckteilchen beiße und feststellen muss, dass es in der Mitte nicht ordentlich gar ist. Es ist noch teigig, als wäre es nicht lange genug im Ofen gewesen. Ich zucke mit den Schultern und lege es auf den Tellerrand. Selbst der größte Meister kann einen schwachen Moment haben, denke ich. Vielleicht war einer seiner Assistenten dafür verantwortlich. Das nächste Stück Kuchen entspricht allerdings wieder dem üblichen Standard, und ich vergesse meine Enttäuschung. Vor allem als ich Zitzerius und Harrius sehe, die vor dem Essenswagen stehen und dreinschauen, wie zwei Leute, die zu spät zur Feier gekommen sind. Bis auf ein paar Wurzeln ist nichts mehr übrig. Zitzerius, der immer darauf bedacht ist, seine Würde zu wahren, tut, als kümmere es ihn nicht, aber ich weiß genau, dass er gern eine Scheibe Rehbraten oder etwas gegrillten Fisch gehabt hätte. Der gegrillte Fisch war einfach süperb, und das sage ich, obwohl ich gewöhnlich keinen Fisch esse. Aber wenn man im Haus eines Fremden zu Tisch geht, muss man halt nehmen, was man kriegen kann.
Ich will gerade einen Bediensteten fragen, ob es vielleicht auch Bier gibt, als der Konsul den Raum betritt. Ich stehe als Zeichen meines Respekts auf. Die anwesenden Stadtpräfekten, Calvinius, Drinius und Resius, umringen ihn sofort. Dann gibt es einen Moment lang eine peinliche Situation, als der Konsul sich umdreht und sich Aug in Aug mit Senator Lohdius wiederfindet. Ganz im Geiste der in einer Krise gern beschworenen nationalen Geschlossenheit begrüßt der Konsul ihn herzlich. In Anbetracht einiger Vorwürfe, die Lohdius dieses Jahr im Senat gegen ihn erhoben hat, muss ihn das erhebliche Überwindung gekostet haben. Senator Lohdius ist wahrscheinlich darauf bedacht, nicht dabei ertappt zu werden, wie er in solch gefährlichen Zeiten irgendwelche Wellen schlägt, und erwidert den Gruß des Konsuls ebenso herzlich. Dann tritt Kahlius zu Zitzerius und lässt die Präfekten in Gesellschaft von Lohdius zurück. Calvinius und Drinius sind beide Gegner von Lohdius, Präfekt Resius dagegen ist in letzter Zeit in den Verdacht geraten, Sympathien für die Volkspartei zu hegen. Erneut gibt es einen peinlichen Moment. Calvinius fummelt mit einer Schriftrolle herum, die er bei sich trägt, und Resius kratzt sich den Kopf. Trotzdem gelingt es ihnen, sich zivilisiert aufzuführen. Niemand will dabei erwischt werden, wie er Zwietracht stiftet, nicht einmal Lohdius und Calvinius, die sich schon bald in einer unappetitlichen Betrugssache vor Gericht gegenüberstehen werden. In seinem Bemühen, sich jovial zu benehmen, geht Senator Lohdius sogar so weit, den Silberteller anzuheben, den er in der Hand hält, und bietet Calvinius einen Keks an. Der Präfekt akzeptiert das Angebot und nimmt ein kleines Stück Gebäck vom Tablett. Ich bin beeindruckt. Die nationale Geschlossenheit übernimmt in allen Vierteln das Kommando.
Präfekt Calvinius dreht sich um, um mit Senator Bewarius zu sprechen, dem Assistenten des Konsuls. Doch bevor er seinen Satz zu Ende bringen kann, läuft sein Gesicht rot an, und er greift mit der Hand an den Hals, als hätte er sich verschluckt. Eine eisige Stille senkt sich über den Raum, als alle den würgenden Präfekten ansehen. Drinius streckt die Hand aus, um ihn zu stützen, doch Calvinius sinkt zu Boden.
Mittlerweile bin ich zur Stelle, weil ich so eine Ahnung habe, dass Calvinius sich keineswegs an seinem
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