Orcs ante Portas
jungen Soldaten beim ersten Anzeichen von Gefahr aus der Phalanx ausbrechen, ihr Heil in der Flucht suchen und mich dem Schicksal überlassen, von einem feindlichen Drachen niedergemäht zu werden. Was für ein sinnloses Unterfangen!
Zwischen dem Stadion Superbius und den Stadtmauern komme ich an dem Gefolge von Konsul Kahlius vorbei. Er will sich vor Ort von den Fortschritten überzeugen. Der angenehme Duft von Backwerk weht aus einem kleinen Zelt zu mir herüber. Ich husche rasch hinein und sehe, wie Öttgerox, der Küchenchef, warmes Gebäck aus dem kleinen Feldofen, den er mitgebracht hat, auf eine silberne Schale legt. Natürlich reist Konsul Kahlius nicht ohne seine heimischen Bequemlichkeiten.
Der Koch erkennt mich und grinst.
»Ich ermittele immer noch«, lüge ich. »Ich hatte beim Konsul zutun.«
Vermutlich weiß Öttgerox genau, dass ich lüge, aber er hindert mich trotzdem nicht daran, ein paar Stücke Backwerk einzusammeln. »Lasst Euch lieber nicht vom Konsul erwischen«, rät er mir mit einem Lächeln.
Ich verabschiede mich hastig und kaue noch, als ich mich in die Kolonne der Soldaten einreihe, die durch das Osttor in die Stadt zurückströmen. Wirklich exzellentes Gebäck, das muss man ihm lassen. Der Chefkoch des Konsuls hat ein Händchen dafür, selbst unter widrigsten Umständen.
Bei so vielen Männern, die nach Süden ziehen, finde ich natürlich keinen Miet-Landauer. Ich will mich gerade auf den langen Marsch machen, als mein Blick auf Prätor Samilius’ Dienstkutsche fällt, die unmittelbar hinter den Stadtmauern wartet. Ich habe zwei Wochen lang versucht, einen Termin bei ihm im Justizdomizil zu bekommen. Ich bin ziemlich sicher, dass mir der Prätor einige interessante Details über Lohdius’ Verhaftung mitteilen könnte, aber wie die anderen Bonzen in Turai, hat er sich bisher beharrlich geweigert, mich zu empfangen.
»Das ist heute dein Unglückstag, Samilius«, knurre ich. »Wenn Thraxas dich sprechen will, dann wirst du mit ihm sprechen, so oder so.«
Ich höre Stimmen aus der Kutsche, als ich nach dem Türgriff greife. Mir ist vollkommen klar, dass der Prätor wütend werden wird, wenn ich unangekündigt in seine Kutsche platze und anfange, ihn mit Fragen zu bombardieren. Aber mir ist kalt, ich bin gereizt und frustriert über die letzten Ereignisse, so dass ich jede Konfrontation mit den Behörden nur begrüßen würde. Ich reiße die Tür auf und wuchte mich in die Kutsche.
»Schenkt Euch die Mühe zu protestieren, Samilius. Ich habe einige Fragen an Euch, und Ihr werdet sie mir beantworten, ob es Euch gefällt oder nicht. Widerstand ist zwecklos …«
Ich halte inne. In der Kutsche, einem luxuriösen Achtsitzer, ist von einem Prätor nichts zu sehen. Auch nicht von einem Präfekten oder gar einem Senator. Es befindet sich kein einziger hochrangiger Bonze hier drin. Nicht mal ein Mann. Sondern nur Makri, Morixa, Marihana, Lisutaris und vier andere Frauen, die sich über ein paar Schriftrollen und einen Picknickkorb beugen.
»Was zum Teufel …? «
»Thraxas!«, ruft Makri. »Was willst du denn hier?«
»Wie kannst du es wagen, uns derartig zu stören?«, faucht Lisutaris.
»Das macht er schon die ganze Zeit!«, ruft Makri aufgeregt. »Jedes Mal, wenn ich meinen Lesezirkel abhalte, platzt er herein und unterbricht uns.«
Lisutaris bedenkt mich mit einem ziemlich abweisenden Blick.
»Hast du etwas dagegen, dass Makri die Frauen Turais im Lesen unterrichtet?«
»Unterrichten? In der Kutsche des Prätors?«
»Der Prätor und ich haben die Truppenmanöver beobachtet«, erklärt Lisutaris. »Ich passe auf die Kutsche auf, während er sich noch auf dem Feld befindet. Nicht, dass es dich etwas anginge, aber wir haben einfach nur den Raum genutzt, solange er unterwegs ist.«
»Also verschwinde gefälligst«, setzt Makri hinzu.
»Aber du kannst doch schon lesen«, sage ich etwas kleinlaut zu Lisutaris.
»Ich habe nichts dagegen, Makri bei ihren mutterländischen Bemühungen zu unterstützen. Morixa, du hast schon wieder Samserika falsch buchstabiert.«
Da die Kutsche bereits von acht Frauen und einem stattlichen Detektiv besetzt ist, bleibt nur noch wenig Raum übrig. Als jemand die Tür hinter mir öffnet und versucht einzusteigen, ruft das ziemliche Verwirrung und lautes Stimmengewirr hervor.
»Was hat das zu bedeuten?«, will Prätor Samilius wissen und drängt sich in seine Kutsche. »Was sind das hier für Leute?«
»Gut, das reicht für heute«, erklärt Makri und
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