Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
die
Aktivitäten des Ordens in den Medien und der Presse verfolge. Das ist aus zwei
Gründen ziemlich schwierig für Außenstehende. Zum einen lässt sich der Orden
nicht in die Karten schauen und zum anderen betreibt er eine sehr geschickte
Öffentlichkeitsarbeit. So kann man nie sicher sein, ob Meldungen in der Presse
oder im Internet kolportiert wurden oder den Tatsachen entsprechen.“
Seybold machte erneut eine Pause und steckte sich eine
Zigarette an.
„Ein sehr wichtiges Betätigungsfeld der Jesuiten ist die Bildung .
So gehören viele Theologie- und Philosophieprofessoren dem Orden an. Man
betreibt Schulen und Internate. Und gerade aus diesem Bereich versucht man
Nachwuchs zu rekrutieren. Allerdings ist es so, dass nicht jeder Schüler Jesuit
werden will. Damit meine ich Priester .“
„Das verstehe ich. Nicht jeder wird dazu bereit sein, ein
Leben in Armut und Keuschheit zu verbringen.“
„Genau. Aus diesem Grund wurde die GCL , die Gemeinschaft
Christlichen Lebens gegründet. In Deutschland gibt es ungefähr 150 Untergruppen
der GCL mit einigen tausend Mitgliedern, die sich für den christlichen Glauben
einsetzen und karitativ tätig sind.“
Verena war beeindruckt von Seybolds Leidenschaft, die er bei
diesem Thema entwickelte.
„Herr Seybold, entschuldigen Sie bitte, aber die Frage muss
ich Ihnen einfach stellen. - Ihre Motivation hat ihre Ursache wirklich nur in
den familiären Schutzinstinkten? Oder steckt noch etwas anderes dahinter?“
Seybold zögerte einen Moment, bevor er antwortete: „Sie haben
mich ertappt. Aber darauf komme ich später zurück. Ich möchte vorher noch das
Folgende klarstellen: ich bin überzeugter Agnostiker . Für mich besteht
keine Notwendigkeit, die Frage nach einem höheren Wesen oder Gott zu stellen.
Ich lebe ganz gut ohne Gott. Allerdings bin ich nicht fanatisch und ich
versuche auch nicht, andere von meinem Standpunkt in religiösen Fragen zu
überzeugen. Anders ausgedrückt, halte ich die Religionsfreiheit für ein wichtiges
Gut in unserer Gesellschaft. Letztlich will ich damit sagen, dass ich weder
gegen die Menschen katholischen Glaubens oder anderer Religionsgemeinschaften
etwas habe. Sie wissen, worauf ich hinaus will?“
„Nicht wirklich?“ Verena schüttelte den Kopf.
„Ich meine, dass gerade die Jesuiten durch die vergangenen
und auch die jüngsten Missbrauchsskandale in ein sehr schlechtes Licht gerückt
wurden. Die Öffentlichkeit neigt sehr schnell dazu, eine Organisation oder
Religionsgemeinschaft unter Generalverdacht zu stellen. Getrieben wird
das Ganze immer von der Presse und den Medien. Wir alle wissen ja, dass sich
derartige Meldungen sehr gut verkaufen lassen. Letztlich besteht der größte
Teil der Ordensgemeinschaft aus rechtschaffenen Menschen, die keine pädophilen
Neigungen haben. Und eine Verteufelung hilft weder den Missbrauchsopfern und
den Tätern, noch den Verantwortlichen.“
„Aber ist es wirklich Zufall, dass gerade in Einrichtungen
und Orden der katholischen Kirche so viele Missbrauchsfälle bekannt werden? Ist
so ein Kloster wie Auethal nicht der ideale Nährboden für Pädophilie, gestörte
sexuelle Entwicklungen, Gewaltexzesse und ähnliches?“
„Ihre Frage zielt in Richtung Zölibat ?“
Verena nickte bestätigend.
„Ja, das auch, aber eigentlich meine ich mehr den gesamten
Aufbau und die Ordensstruktur, sowie den von Ihnen zitierten Kadavergehorsam .
Ich kann mir nicht vorstellen, dass in einem derartigen System Platz für freie
Gedanken und Meinungsäußerung ist.“
„Sie haben völlig Recht. Die Freiheit bleibt auf der Strecke.
Aber ich habe mir im Laufe der Jahre abgewöhnt, diese Punkte zu hinterfragen.
Das ist eher etwas für einen Psychologen. Meine Aufgabe als Polizist bestand
immer in der Aufklärung von Verbrechen und nicht in Prävention. Vielleicht ist
das kurzsichtig gedacht, doch man muss sich früher oder später entscheiden. Sie
werden als Polizist nicht die Rahmenbedingungen verändern können. Ich war immer Hunter und kein Farmer .“
„Das ist wieder typisch Mann . Immer diese
Schwarz-Weiß-Sicht!“
Sie schaute ihn dabei mit einem leicht provozierend wirkenden
Lächeln an.
„Als Sie vorhin über Ihre Familie sprachen, hörte sich das
aber anders an. Da ging es schon um Schutz .“
„Gut aufgepasst! Doch dabei handelt es sich um meine Sicht
als Vater von zwei Kindern und nicht die Polizistensicht. - Wie auch immer, die
Aufgabe der Polizei ist die lückenlose Aufklärung. Darauf habe
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