Ordnungszahl 120
Schreibtisch der Vorzimmerdame. Ich nickte, als sie höflich sagte:
»General Kompers möchte Sie sprechen, Sir.«
Sie ließ die Schiebetüren aufgleiten. Augenblicke später nahm ich vor dem hochgewachsenen, grauhaarigen Mann Haltung an.
Er tippte flüchtig an die Stirn und stand langsam auf. Während er auf mich zukam, schien er mich mit seinen Blicken zu sezieren. In seinen Augen stand ein nachdenklicher Ausdruck.
»Sie sind Oberst Permont?« fragte er, dicht vor mir stehenbleibend.
Ich bejahte und fragte mich, weshalb der Mann auf einmal so nachdenklich geworden war, nachdem er mich bei meinem Eintritt mit ausgesprochen unfreundlichen Blicken bedacht hatte.
Hannibal hielt sich als stiller Beobachter im Hintergrund. Ein rascher Seitenblick verriet mir, daß er die Szene aufmerksam verfolgte. Es hätte mich interessiert zu erfahren, was der seltsame GWA-Leutnant im Augenblick so dachte. Doch das war unmöglich!
Als der General zu sprechen begann, ahnte ich, was Hannibal aufgefallen war. Immerhin hatte er bei seiner psychologischen Schulung auf der GWA-Akademie mit der Note ›sehr gut‹ abgeschnitten. Er hatte also sofort erfaßt, was in dem Nachschubchef für das lunare Atomwerk vorging.
»Sie sehen mich überrascht«, sagte Kompers. »Selbstverständlich habe ich Unterlagen über Ihre Person erhalten, aber die Photos werden Ihnen nicht gerecht. Sie machen auf mich eigentlich nicht den Eindruck eines leichtsinnigen Mannes, der sich unbedacht mit undurchsichtigen Leuten einläßt.«
Er musterte mich so intensiv, daß ich Unbehagen verspürte.
»Ich bilde mir ein, ein guter Menschenkenner zu sein, Permont. Sie gehören zu den harten Typen, die alles wagen, wenn es sein muß, und das Risiko eingehen, alles zu verlieren. Ich möchte aus Ihrem Munde hören, weshalb Sie angeklagt worden sind.«
»Darf ich nach dem Grund fragen, Sir?« entgegnete ich zurückhaltend.
Bedächtig schritt er zu seinem Schreibtisch zurück und deutete wortlos auf die Sessel, die dicht davorstanden.
»Weil ich nicht viel auf den trockenen Inhalt staubiger Akten gebe. Wie hat sich die Geschichte wirklich zugetragen? Nach Meinung des FBI haben Sie sich unverantwortlich leichtsinnig benommen. Es bestand der Verdacht, Sie hätten landesverräterische Beziehungen zu fremden Agenten unterhalten.«
»Das stimmt beinahe, Sir, nur hatte ich damals keine Ahnung, daß es sich bei den Leuten, die ich durch meine ehemalige Braut kennenlernte, um Agenten des GAS handelte. Damit wäre eigentlich alles gesagt. Ich habe das beweisen können, denn auch meine Braut wußte es nicht.«
Er schwieg einige Minuten und schien über den Inhalt meiner Akten nachzudenken, auf den ich natürlich gut vorbereitet worden war.
»Schön, Permont, das genügt. Sie sind jedenfalls freigesprochen worden. Wissen Sie bereits, daß ich alles versucht habe, Sie postwendend wieder abzuschieben? Ich sehe Sie nicht gerne auf dem Mond, obwohl Sie dort nicht meinem Befehl unterstehen werden. Immerhin bin ich aber für den Nachschub verantwortlich, für den Sie die Sicherheit zu übernehmen haben, sobald die Transportschiffe im Aktionsbereich Ihrer Mondjäger angekommen sind. Es wäre unangenehm, wenn ein solches Raumschiff mitsamt der Ladung verschwände.«
Er sah mich durchdringend an. Ich begegnete seinem Blick mit einem eisigen Lächeln.
»Auf Luna herrscht nur ein Sechstel der irdischen Schwerkraft. Infolgedessen können verhältnismäßig schwache Raketengeschosse sehr weit fliegen. Meine Daumen werden immer auf den Feuerknöpfen liegen.«
»Wollen Sie damit andeuten, daß Sie versuchen wollen, Ihre nicht bewiesene
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