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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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ein Fenster aufstemmen oder das Schloss der Schiebetür ausbauen sollte. Ihm würde schon etwas einfallen. Es würde vielleicht ein wenig mehr Anstrengung kosten. Er schlich sich um ein Gebüsch und lief gebückt, um nicht aufzufallen. So gebückt, dass er hörte, wie die Äste über seinen Rücken kratzten. Aber als er die Terrasse der Alten erreichte, erschrak er derart, dass er fast einen Satz gemacht hätte.
    Die alte Hexe. Er hätte sich fast in die Hosen gemacht. Da saß sie seelenruhig und entspannt in der Dunkelheit, die kleine alte schwarze Frau, nippte an einem Glas, in dem das Eis leise klirrte, und sah ihn direkt an.
    „Wieso hat das denn so lange gedauert?“, fragte sie.

80. KAPITEL
    Pensacola Beach, Florida
    „Sie könnte sich einfach in Luft auflösen“, schlug Russ vor. „Jemand ganz anderes werden.“
    „Daran habe ich auch schon gedacht“, sagte Eric.
    Er hatte es tatsächlich in Erwägung gezogen. Und er behielt es im Hinterkopf als eine Art Notlösung, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, dass Sabrina dabei mitmachen würde. Aber wenn es dazu kommen sollte, war er überzeugt, dass Russ und Max es mühelos Wirklichkeit werden lassen konnten.
    Russ machte manchmal einen etwas unreifen Eindruck. Max hatte einmal sein jungenhaftes Grinsen und seine Grübchen als unwiderstehlich bezeichnet. Er war ein gut gebauter, durchtrainierter, gut aussehender Kerl, der sich seines Charismas gar nicht bewusst zu sein schien, wenn Frauen ins Spiel kamen. So jedenfalls sah es Max. Eric dagegen wusste, dass Russ diese Rolle nur spielte, weil er sie draufhatte. Er erinnerte Eric an sich selbst, als er noch jünger gewesen war. Eric hatte es jahrelang so gemacht: herausfinden, wen – nicht was – Leute in ihm sehen wollten, und sich dann genau so verhalten. Und auf diese Weise war es ihm leichtgefallen, sich von Eric Galloway in Eric Gallo zu verwandeln.
    Ebenso wusste er aber auch, dass Russ der Typ des sanftmütigen Intellektuellen war, bei dem Eric nie so etwas wie kriminelles Potenzial erwartet hätte. Aber Russ erzählte Geschichten von Passfälschungen und Online-Betrug, die Eric zum Teil – auch wenn Russ das nie zugegeben hätte – für Geschichten aus seinem früheren Leben hielt. Auch wenn Russ nie etwas von Haftstrafen erwähnte, nicht einmal im Scherz, erkannte Eric doch ein selbst gemachtes Knasttattoo, wenn er es vor der Nase hatte. Er vermutete, dass Russ Fowler auch nicht sein wirklicher Name war und dass der angebliche Hobby-Mülltaucher seine Tätigkeit nicht aufgegeben hatte. Er ließ sich nur nicht mehr dabei erwischen.
    Max dagegen hatte ihre ganz eigene Geschichte. Eric kannte sie aus Washington, was kein guter Ort für einen Neubeginn war, wenn man mit Senatoren und Kongressabgeordneten bekannt war und mit ihnen gepflegt hatte, was Max scherzhaft eine horizontale Beziehung nannte. Eine dieser Beziehungen hatte ihr das HI-Virus eingebracht und sie im Alter von achtundzwanzig Jahren in den vorzeitigen Ruhestand gezwungen. Eric hatte sie an einen Arzt aus Pensacola vermittelt, der diskret war und sich einen Dreck scherte um Politik oder Klatschgeschichten. Alles Weitere hatte sie dann selbst in die Hand genommen.
    Sie hatte ein ansehnliches kleines Vermögen, dessen Herkunft Eric gar nicht wissen wollte. Er vermutete aber, dass es aus der Schenkung eines schuldbewussten Kongressabgeordneten an ihre Lebensversicherung bestand. Mit diesem Geld hatte Max ihre Identität ändern und den Friseursalon am Strand kaufen können. Irgendwie war sie wohl ein Naturtalent, auch wenn es um ein völlig neues Aussehen für andere ging. Schließlich hatte sie Erics Schwester äußerlich völlig umgekrempelt. In allen regionalen und überregionalen Sendungen tauchte Sabrinas Bild auf, aber selbst ein Nachrichtenjunkie wie der Bürgermeister hatte sie nicht erkannt – und einen besseren Test konnte es wohl kaum geben.
    Eric war froh, dass er Sabrina überredet hatte, sich in der Wohnung ein bisschen hinzulegen. Natürlich erst nachdem er ihr glaubwürdig versichert hatte, dass es nur den einen Zugang zu seiner Wohnung gab, vor dem sie alle saßen. Er wusste, dass ihr das nicht gefallen würde – dass sie alle Möglichkeiten durchspielten, dass sie völlig Fremden Einfluss auf ihr Leben zugestehen sollte, auf ihr Schicksal.
    „Das ist eine ernste Angelegenheit“, meinte Howard gerade. „Diese Firma entsorgt Giftmüll in eine wichtige Wasserstraße. Eine Firma, die mit Regierungsgeldern

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