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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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erkennen konnte, erinnerte das Gelände von EcoEnergy vom Fluss aus an eine verlassene Stadt, eine Szenerie aus „Twilight Zone“, in der es nur noch Maschinen gibt. Über den Bäumen ging gerade die Sonne auf, und Sabrina hörte die ersten Tanklaster aufs Gelände fahren, hörte das Pfeifen der Bremsen, das Brummen der Maschinen und das Gerumpel der Förderbänder.
    Sabrina wusste, dass kein Mensch auf dem Gelände unterwegs war. Die wenigen hier zu dieser Tageszeit waren da, wo sie hingehörten, und spazierten nicht durch den schwülen Morgen.
    Als Sabrina im vergangenen Jahr bei EcoEnergy angefangen hatte, hatte sie rasch erfahren, dass außer den Schichtarbeitern alle erst gegen neun anfingen. Manche blieben abends länger, aber niemand fing früher als notwendig an. Also blieb ihnen eine knappe Stunde, um hinein- und wieder herauszukommen.
    Howard manövrierte das Schiff gekonnt um Baumstämme und Müll im Fluss herum und unter Ästen hindurch, die übers Wasser ragten. Sie beobachtete seine Riesenhände am Steuer und an der Kupplung, die mit minimalen Bewegungen, wofür ihm Sabrina sehr dankbar war, das Boot nach links und wieder nach rechts steuerten. Ihr Magen hatte sich einigermaßen beruhigt, aber dafür waren jetzt ihre Nerven in Aufruhr. Etwas früher auf der Fahrt nach Tallahassee hatten die Männer sich ein herzhaftes Frühstück gegönnt, während sie sich eine Tasse Kaffee hinuntergezwungen hatte. Sie spürte, wie die Flüssigkeit in ihrem Magen herumschwappte, sauer und erbarmungslos.
    Obwohl er noch nie auf dem Fluss gefahren war, schien Howard genau zu wissen, wie nahe sie ans Ufer konnten. Einmal wirbelte die Schiffsschraube Sand auf, beim zweiten Mal sah sie ihn zusammenzucken. Selbst Russ unterbrach das Tippen auf dem Computer. Sie sah Howard einen Hebel umlegen, worauf der Motor im Leerlauf lief und er nach hinten kam. Sabrina sah nicht nach, was er da machte. Ihr schien es am besten zu gehen, wenn sie den Blick aufs Wasser vermied.
    Howard war nur ein paar Minuten beschäftigt, dann spürte sie seine Hand auf der Schulter. „Ich versuche dich so nah wie möglich heranzubringen“, erklärte er, und sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
    So nah wie möglich hieß ein halber oder ein Meter vor dem Ufer. Howard half Sabrina in Russ’ hohe Watstiefel aus Gummi, die ihm bis zur Hüfte und Sabrina bis unter die Achseln reichten. Gleichzeitig befestigte Russ eine Art Mini-Headset an ihrem rechten Ohr, wobei er sanft, fast besorgt, ihr Haar zur Seite strich. Dann spürte sie das kleine Mikrofon an ihrer Wange.
    Während Howard die Watstiefel zuzog, ging Russ zu seinem Laptop und dem elektrischen Zubehör, das er in einer kleinen Ecke des Cockpits installiert hatte. Ein paar Leuchten flackerten auf. Er griff nach einem weiteren Headset, legte es an und rückte das Mikrofon zurecht. Dann drehte er den anderen den Rücken zu und sprach leise hinein: „Test, Test, eins, Test zwei, Test drei.“
    Sabrina konnte ihn durch den Ohrstöpsel recht gut hören und sagte es ihm.
    „Jetzt du“, gab er zurück, und sie wiederholte den Test.
    Er zeigte mit dem Daumen nach oben.
    „Sieh zu, dass es nicht nass wird, okay?“
    Sie nickte, aber ein Anflug von Panik ergriff sie. Wie kam er darauf, dass das Ding vielleicht nass werden konnte? Sie hatten gesagt, sie könne mühelos bis zum Ufer laufen und müsse nicht schwimmen. Sie schwamm ganz gut, aber sie lebte lange genug, um zu wissen, dass man nicht in einem Fluss schwamm, wenn man nicht sicher sein konnte, dass es keine Wasserschlangen gab.
    „Lass die Dinger an“, sagte Howard, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Jedenfalls so lange, bis du aus dem hohen Gras bist. Durch das Gummi können Schlangen nicht beißen.“
    „Super“, gab sie zurück. „Und ich dachte schon, ich müsste mich nur vor bewaffneten Sicherheitsleuten in Acht nehmen.“
    Es sollte ein Witz sein. Aber Howard lachte nicht. Russ ebenso wenig. Stattdessen zeigte Russ auf die Karte des Betriebsgeländes von EcoEnergy.
    „Wenn es Probleme gibt, welcher Art auch immer, dann gibst du uns einfach deinen Standort durch, und wir holen dich raus.“
    Sie wusste, dass es ihm damit ernst war, also erinnerte sie ihn gar nicht erst daran, dass sie ohne die Sicherheitsberechtigung nirgendwo hineinkamen.
    Sie halfen ihr ins dunkle Wasser. Die Sonne stand jetzt hoch genug, um durch die Bäume zu dringen und Schatten zu werfen. Das Wasser ging ihr fast bis zur Oberkante der Watstiefel. Sie

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