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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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sie um den Wagen herum zum Kofferraum und machte ihn zögernd auf. Erwartete sie wirklich, ihren Chef gefesselt darin vorzufinden? Glücklicherweise war er leer, und sie seufzte erleichtert. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie den Atem angehalten hatte. Zu viele Kinofilme, dachte sie und schob ihre Splattermovie-Fantasie auf die drohenden Wolken über ihr. Ihr Chef machte also blau. Das war vermutlich alles.
    Schließlich schloss sie den Wagen wieder ab und lief zurück zum Labor. Es konnte jeden Moment anfangen zu regnen, und Sabrina hatte längst erfahren müssen, dass ein Gewitter in Florida mit einem im Mittleren Westen nicht zu vergleichen war. Bevor sie hierher gezogen war, hatte sie nie Regen so lange und so dicht niedergehen sehen, richtige Wolkenbrüche, die so plötzlich und kräftig einsetzten, als hätte irgendwo jemand einen Hahn aufgedreht.
    Sabrina schaute zu dem Auto zurück und sah diesmal zwischen den Bäumen den Fluss hindurchschimmern. William Sidel hatte das Gelände eigens danach ausgesucht, damit er am Apalachicola River sein konnte. Von drei Seiten umgab Wald das Anwesen, und auf der vierten Seite bildete der Fluss eine natürliche Grenze. In einer gottverlassenen Gegend war ein Gelände planiert worden, das durch Bäume und Wasser geschützt sein sollte. Die einen meinten, Sidel habe sein Unternehmen da ansiedeln wollen, wo es Teil einer natürlichen Umgebung war, die er liebte und bewahren wollte. Die anderen nannten ihn paranoid und warfen ihm vor, er wolle sein Projekt ganz bewusst von der Außenwelt abschotten.
    Als es donnerte und das Gewitter jeden Moment loszubrechen schien, beschleunigte Sabrina ihre Schritte. Aber dann blieb sie erneut stehen. War es das Gewitter oder nur eine böse Vorahnung? Jedenfalls stimmte irgendetwas nicht. Sie drehte sich um und lief anstatt zum Labor in Richtung der Anlage.
    Die Tür zu Reaktor fünf war verschlossen. Natürlich war sie das. Alle Türen zu sämtlichen Gebäuden waren verschlossen. Aber obwohl der Reaktor gar nicht benutzt wurde, konnte sie selbst vor der Tür die Vibration spüren.
    Sabrina zog ihre Schlüsselkarte hervor. Nur eine Handvoll Angestellte hatten Zugang zu sämtlichen Bereichen der Anlage. Dazu gehörten alle Wissenschaftler und die meisten der Ingenieure. Sie schob die Karte in den Schlitz, aber die Kontrollleuchte blinkte weiter rot. Sie warf einen Blick über die Schulter. Konnte es sein, dass die Zugangsbestimmungen bereits verschärft worden waren? Sie versuchte es noch einmal, dieses Mal langsamer. Jetzt blinkte das grüne Lämpchen ein paarmal, bevor sich schließlich das Schloss entriegelte. Schnell zog sie die Tür auf, bevor das rote Lämpchen wieder aufleuchtete.
    Sabrina war noch nie in Reaktor fünf gewesen. Wie O’Hearn gestern gesagt hatte, war er nicht in Betrieb, weil er für einen Prozess vorgesehen war, der noch nicht ausgereift war und daher nicht angefahren werden durfte. Sabrina ging langsam und vorsichtig hinein. In der Mitte des Raumes stand ein riesiger durchsichtiger Wassertank, zwei Stockwerke hoch. An den Seiten führten Metallleitern hinauf, und auf der Oberseite verliefen Stege. Das war ein Spülwassertank, wie er auch in Reaktor drei stand. Es funktionierte so ähnlich wie beim Klarspülen als letzter Arbeitsgang der Spülmaschine: Alle Nährstoffe und das erhitzte Öl wurden abgetrennt und in andere Behälter gepumpt, während das Restwasser in den Spülwassertank lief, wo es ein letztes Mal gereinigt wurde, bevor es den Fluss erreichte.
    Jetzt war das pfeifende Geräusch im Reaktor besser zu hören. Kein Zweifel, durch die Rohre über ihr floss irgendeine Art Rohstoff. Sie hatte sich nicht getäuscht, das Ventil war tatsächlich geöffnet. Die Vibrationen der arbeitenden Maschinen spürte Sabrina sogar unter ihren Füßen. Riesige Ventilatoren drehten sich und brummten, aber der Raum war trotzdem völlig überhitzt. Nur im Spülwassertank, eigentlich der wichtigste Teil des Prozesses, weil er die Reste säuberte, war es inmitten des ganzen Brummens und Zitterns völlig still, nicht einmal ein leises Gurgeln war zu hören.

20. KAPITEL
    Leon gefiel es überhaupt nicht, dass der Kerl offenbar dachte, er könne den Auftrag einfach erweitern und ein Two-for-one-Package daraus machen.
    „Aber Sie sind doch sowieso schon in Tallahassee. Es ist ja nicht so, dass Sie deswegen extra irgendwo hinmüssten“, meinte der Kerl mit seiner blasierten Stimme, die Leon gehörig auf die Nerven ging.
    Er hatte

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