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Organic

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Titel: Organic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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Büros und das Cafe gehörten. Die Anlage selbst wurde an Wochenenden von einer sogenannten Kernbelegschaft von ungefähr zwei Dutzend Mitarbeitern am Laufen gehalten. Aber gerade da wurde die Hierarchie offensichtlich. Wer einen weißen Laborkittel trug, stach heraus und war geradezu abgehoben vom Rest des Unternehmens. Man war unnahbar und erhielt nur ein respektvolles Nicken und ein höfliches „Hallo“, aber nicht mehr. Als dächten alle, die Wissenschaftler hätten Wichtigeres im Kopf. Immerhin war es die geheimnisvolle Arbeit der Wissenschaftler, die der restlichen Belegschaft den Job sicherte. Also musste Sabrina nichts weiter tun, als ihren weißen Kittel anzuziehen, und schon genoss sie die Privatsphäre und die Anonymität, an der ihr so viel lag.
    Meistens mochte sie die Samstagvormittage. Sie flüchtete sich in die Stille, hinter die geschlossenen Türen, genoss die stummen Telefone und Computer. An diesem Morgen machte sie im Labor und in ihrem Büro alle Lichter an. Der Frühnebel hatte schweren, dunklen Wolken Platz gemacht, dick und aufgeblasen und bedrohlich schienen sie sich jeden Augenblick entladen zu wollen. Sie rumpelten leise in der aufgeheizten, stickigen Luft.
    Sabrina bemerkte, dass Dwight Lansiks Bürotür noch immer offen stand. Die Tür war wie am Tag zuvor nur angelehnt. Sie klopfte an, bevor sie eintrat. An Samstagen waren sie im Allgemeinen die Einzigen hier – er natürlich, weil er in seinem Büro übernachtete. Aus Neugierde machte Sabrina die Schranktür auf. Darin stand mitten auf dem Boden sein abgewetzter Rucksack.
    Das war merkwürdig.
    Nun gut, vielleicht vertrugen sich er und seine Frau plötzlich wieder. Dann musste er nicht mehr hier schlafen. Aber würde er seine persönlichen Sachen zurücklassen? Sie reckte sich, aber durch das Fenster konnte sie den hinteren Teil des Parkplatzes am Fluss nicht erkennen, wohin die gesamte Belegschaft der Anlage nach Feierabend verschwand. Einmal war sie abends gleichzeitig mit Lansik gegangen, und als er sich von ihr trennte, hatte er gewitzelt, sein Crown Victoria mache zwischen den Chevys und Fords einfach mehr her als auf dem West-Park-Parkplatz mit all den Mercedes-, BMW-und Lexus-Limousinen.
    Sie ging zurück zu seinem Schrank und griff nach den Autoschlüsseln in seinem Rucksack. Da stimmte etwas ganz und gar nicht.

18. KAPITEL
    Washington D. C.
    Als kleines Mädchen hatte Natalie Richards immer davon geträumt, eine Art schwarze Emma Peel zu sein. Woche für Woche hatte sie die Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“ verfolgt, und nach Ansicht ihrer Mutter hatte sie sogar den britischen Akzent ausgesprochen gut hingekriegt. Aber es hatte nicht allzu lange gedauert, bis das kleine Mädchen, oder dann die junge Frau, herausfand, dass es weder im Geheimdienst noch im Justizministerium Platz für eine Frau gab, schon gar keine schwarze Frau. Jetzt wünschte sie sich manchmal, ihre Mutter würde noch leben und könnte sehen, wie weit ihr kleines Mädchen es gebracht hatte. Aber heute war keiner dieser Tage. Mit dem Energiegipfel in Sichtweite stand einfach zu viel auf dem Spiel.
    Sie stand in ihrem Büro und sah aus dem Fenster. Glücklicherweise war es im Gebäude samstags ruhig, wenn es davor auch anders aussah. Bauarbeiter stemmten mit einem Presslufthammer einen Abschnitt des Gehwegs auf. Aber immerhin blieb das Telefon stumm, und all die Anrufe der vergangenen Woche hätte sie nur zu gern gegen diesen Krach eingetauscht.
    Natalie sah zu ihrem Schreibtisch hinüber, auf dem Papiere, Karten und Zeichnungen neben Aktenordnern und Erinnerungslisten lagen, die allesamt mit dem Energiegipfel zu tun hatten. Am Ende des Tisches lagen Ausgaben der „Washington Post“ und der „Times“. Natalie hatte nur die Schlagzeilen überflogen. Sie besaß einfach nicht die Geduld, die ganzen kleingeistigen Erörterungen über Erwartungen und Verpflichtungen des Energiegipfels zu studieren.
    Die Medien hatten den derzeitigen Präsidenten beim Thema ausländisches Öl und der Abhängigkeit der USA davon immer wieder gefordert. Aber was ihnen nicht klar war oder was sie einfach nicht verstehen wollten, war die Tatsache, dass es bei ausländischem Öl nicht allein ums Öl ging. Es ging um Diplomatie und um die Aufrechterhaltung von freundschaftlichen Beziehungen zu und den Einfluss in einer Region, die Terroristen hervorbrachte und beherbergte. Was daran war nur so schwer zu verstehen? Für Natalie Richards war das offensichtlich, aber

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