Organic
war überallhin und auf alles gespritzt – die Wände, das Kopfteil, die Bettlaken und sogar auf das Tablett vom Zimmerservice, das auf dem Nachttischchen stand. Sie konnte es riechen, süß, aber ein wenig unangenehm wie verdorbenes Obst. Sie war sich nicht sicher, ob es das Blut war oder die Essensreste. Aber das war auch egal. Sie würde nie wieder den Zimmerservice rufen können.
Und was sie für immer verfolgen würde, da war sich Natalie Richards ganz sicher, waren seine Augen, die meeresblau aus dem blutigen, zerschlagenen, aufgedunsenen Gesicht starrten.
„Das war eine persönliche Sache“, meinte einer der Polizisten, als er ihren Blick sah.
„Wie bitte?“
„Das Gesicht“, erklärte er und deutete mit dem Kinn hinüber. „Man macht nur Hackfleisch aus einem Gesicht, wenn es eine persönliche Sache ist.“
Jetzt machte Natalies Magen einen Satz, und sie musste wegsehen.
„Der Mörder hat alle Spuren beseitigt“, sagte der Polizist, jetzt an Colin gerichtet.
„Was ist mit der Speisekarte vom Zimmerservice?“, fragte Colin und wies auf das Büchlein im Ledereinband auf dem Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers.
„Abgewischt“, erwiderte der Polizist.
„Sogar innen? Vielleicht hat er Fingerabdrücke auf den Innenseiten hinterlassen, als er es aufgemacht hat. Die Seiten scheinen laminiert zu sein. Manchmal vergessen sie die Innenseiten, wenn sie ihre Spuren in Eile beseitigen.“
Der Polizist antwortete nicht. Stattdessen ging er zum Schreibtisch, winkte einen Mann von der Spurensicherung herbei und zeigte auf die Speisekarte.
Natalie warf einen Blick auf Colin und wunderte sich über den ungeduldigen Ton. Es gefiel ihr nicht, dass seine sonst so ruhige Art jetzt Verärgerung offenbarte. Er verlagerte sein Gewicht und schob die Hände tiefer in die Hosentaschen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er Sportschuhe und unter dem Jackett ein T-Shirt trug. Sein Körper strahlte eine ruhelose Energie aus. Sein Blick wanderte durch den Raum, als wolle er sich auf keinen Fall ein Detail entgehen lassen.
„Es ist meine Schuld“, sagte sie. „Nicht Ihre.“ Sie meinte damit, dass sie entschieden hatte, die Dienste des jungen Mannes zu nutzen, auch wenn Colin der Verbindungsmann gewesen war. Als er nicht reagierte, sprach sie weiter: „Ich habe ihn engagiert, nicht Sie.“
Er nickte, sah sie aber nicht an, und sie verstand, dass es ihm darauf nicht ankam. Er würde sich immer selbst verantwortlich machen.
„Warten Sie einen Moment“, sagte sie, als ihr eine Idee kam. „Glauben Sie, dass sein Mörder derjenige war, der mit ihm den Zimmerservice genutzt hat?“
Der Polizist sah sie beide an, als erwartete er die Antwort von Colin.
„Niemand hat sich gewaltsam Zugang verschafft“, erklärte Colin. „Und es gibt keinerlei Anzeichen eines Kampfes. Ich vermute, wer auch immer seine Verabredung war, hat den Abend damit beendet, ein Messer vom Tablett zu nehmen und ihn aufzuschlitzen. Ich glaube nicht einmal, dass Zach das hat kommen sehen.“
30. KAPITEL
Abda hatte seinen Fahrgast wieder abholen sollen, den er kurz nach Mitternacht vor dem „Washington Grand Hotel“ abgesetzt hatte. Der Mann hatte Abda gebeten, um halb vier vor dem Haupteingang zu warten, aber dann war er eine halbe Stunde später immer noch nicht da. Was hätte Abda also tun sollen, als ein anderer Mann aus dem Hotel kam und ihm winkte?
Um diese Uhrzeit wartete kein anderes Taxi vor dem Hotel. Er hätte dem Mann sagen können, er sei nicht mehr im Dienst, aber was hatte er dann um diese Uhrzeit dort zu suchen? Und wenn er ihm gesagt hätte, dass er auf einen anderen Fahrgast wartete, der ihn bestellt hatte, hätte der Mann vor dem Hotel gewartet und seinen Fahrgast womöglich gesehen. Abda wusste, dass auch das nicht gut gewesen wäre. Also beschloss er, den Mann zu fahren und dann schnell wieder zurückzukommen. Besser sein Fahrgast musste warten, dachte Abda, als dass man ihn sah.
Als er wieder kurz vor dem „Washington Grand Hotel“ war, sah er vor dem Gebäude eine Reihe Polizeifahrzeuge mit zuckendem Blaulicht. In der Vorfahrt stand ein Krankenwagen. Abda konnte nichts weiter tun, als an der nächsten Ecke zu parken und seinen Fahrgast zu Fuß abzuholen. Er konnte schlecht herumfahren, bis der Mann ihn entdeckte. Das war unmöglich. Vor dem Gebäude hatte sich eine kleine Menge versammelt, die mit dem gelben Plastikband der Polizei und von ungeduldigen Polizisten mit Knopf im Ohr zurückgehalten wurde.
Wenn nur
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