Organic
er das Haus auf dem gleichen Weg, auf dem er hergekommen war, und legte den Schlüssel wieder unter denselben Blumentopf.
Leon war gerade in seinen Lieferwagen geklettert, als ein Paar Scheinwerfer in die Straße einbogen. Er machte eine Dose Mineralwasser aus der kleinen Kühlbox neben sich auf und sah zu, wie der Wagen an ihm vorbeifuhr und in die Auffahrt gleich neben dem Haus der Galloway rollte. Vermutlich hätte Leon der Sache keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt, wenn es nicht ein uralter Studebaker gewesen wäre. Denselben Studebaker hatte er am Abend vorher hier wegfahren sehen.
Er beobachtete, wie das Garagentor geöffnet wurde, und erhaschte einen Blick auf den Fahrer, als das Garagenlicht anging.
Er zog eine Packung Papiertaschentücher heraus und tupfte sich auf der Stirn und über der Oberlippe den Schweiß weg. Er fand es irgendwie merkwürdig, dass eine kleine alte schwarze Frau um diese Uhrzeit noch unterwegs gewesen war.
77. KAPITEL
Pensacola Beach, Florida
Eric rang Sabrina einen Waffenstillstand ab. Schließlich hatten sie beide Hunger. Er warf ihr nicht vor, sauer auf ihn zu sein. In Wahrheit war er sogar überrascht, dass sie überhaupt zu ihm gekommen war. Er erklärte ihr, dass er ihr helfen wolle. Und sie solle doch nach der ganzen Sache entscheiden, ob sie ihm vergeben könne oder nicht. Was er nicht sagte, was ihn aber höllisch nervös machte, war die Tatsache, dass ihr Vater anderen ebenso gut wie Sabrina verraten konnte, wo er zu finden war. Wie zum Beispiel dem Kerl, der sie umbringen wollte.
Eric rückte seinen Stuhl so zurecht, dass er am Rand des kleinen Kreises um den Bistrotisch saß. Er wollte die anderen beobachten, während Sabrina ihre Geschichte erzählte. Noch immer war er sich nicht ganz sicher, ob er das Richtige tat. Und gleichzeitig dachte er, dass er überhaupt niemandem über den Weg trauen konnte, wenn nicht diesen Leuten hier.
Max sagte immer, sie seien alle verlorene Seelen, die einander hier gefunden hatten. Das kam natürlich immer erst nach ein paar Gläsern Sangria. Eric wusste gar nicht so genau, wann sie eigentlich alle Freunde geworden waren. Es war wohl allmählich geschehen. Aber es musste ungefähr vor fünf Monaten passiert sein, vielleicht auch sechs. Sie waren immer die Letzten im „Bobbye’s“ gewesen und irgendwann an einen gemeinsamen Tisch gezogen, obwohl es dafür noch mehr Stühle und einen erweiterten Kreis gebraucht hatte. Eric war dafür bekannt, dass er Leute zusammenbrachte. Freundschaften hatte er immer rasch geschlossen, mit Beziehungen war die Sache dagegen sehr viel weniger einfach.
Er wusste durchaus, dass dieses Grüppchen wenig mehr miteinander gemein hatte, als dass sie nicht zu den anderen Grüppchen passten, die zum Strand kamen. Keiner von ihnen war Tourist oder Student, auch wenn Russ als das eine ebenso gut durchging wie als das andere. Sie kamen aus allen möglichen Ecken. Niemand lebte schon lange hier in Pensacola Beach, nur der, den sie den Bürgermeister nannten, machte da eine Ausnahme. Er hatte sein ganzes Leben hier verbracht.
Eric setzte sich immer mit dem Rücken zum Wasser, damit er sehen konnte, wer die Promenade entlangkam oder ums Haus herum. An diesem Abend wartete er auf Bosco, in der Hoffnung, sie würde die Laborergebnisse dabeihaben, aber da war er wohl ein wenig ungeduldig. Er beobachtete Sabrina, musterte sie und ging im Kopf verschiedene Schlachtpläne durch. Dass ihm die Hände gebunden waren, dass er ihr nicht allein aus der Sache heraushelfen konnte, war für ihn ein sehr unangenehmer Gedanke. Und er mochte es nicht, um Hilfe bitten zu müssen. Wenigstens das sah Sabrina ein wenig entspannter. Vermutlich kam das von ihrem Bailey’s auf Eis. Er wusste, dass sie normalerweise nicht trank, aber den süßen, sahnigen Alkohol hatte sie nicht abgelehnt. Trotzdem war er erstaunt gewesen, als sie noch einen zweiten hatte haben wollen.
Mit den kürzeren Haaren sah sie jünger aus und erinnerte ihn an ihre gemeinsame Kindheit. Im Sommer hatte sie es immer kurz getragen, damit ihre Mutter ihr die kostbaren Sommerferien nicht damit verderben konnte, dass sie ihr Zöpfe machte. Der Schnitt stand ihr gut, aber sie fuhr sich immer wieder mit der Hand durch die Strähnen, damit sie ihr nicht in die Stirn fielen.
Max hatte sie in Limonengrün und Königsblau gesteckt. Miss Sadie hatte recht – ihre Augen waren strahlend blau und erinnerten ihn an die seines Vaters. Sie hatte die ganze Verwandlungsarie
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