Orks vs. Zwerge 2 - Fluch der Dunkelheit
wurden Dudakis Augen wieder von der Steinplatte angezogen. »Keine Ahnung. Könnte eine Karte sein, ja. Aber was weiß …« Dudaki stutzte. Den linken Rand der willkürlichen Kratzer, die auch eine Karte sein konnten, bildete ein tief eingegrabener Riss. Er legte den Kopf schief. Ein Riss, der erstaunlich der Schlangenlinie glich, die er vor nicht allzu langer Zeit in feuchten Waldboden gezogen hatte. Sein Blick fiel nochmals auf die Zeichen der Schamaninnen. Etwas stimmte nicht mit ihnen. Sie waren … nicht richtig. Natürlich! Der Mensch kennt die Zeichen nicht, also hat er wohl keine Ahnung, wie sie zu liegen haben! Schnell versuchte er, seinen Gesichtszügen einen möglichst unbewegten Ausdruck zu geben. Allerdings zu spät.
»Du hast etwas wiedererkannt«, stellte der andere fest.
»Hm.« Der Aerc äußerte seine Erkenntnis nicht sofort. Es war besser, wenn er …
»Natürlich!« Verblüffung schwang in diesem heiseren Ausruf mit, als sich der Verhüllte über die steinerne Karte beugte. »Warum habe ich das nicht gleich gesehen? Das da links ist der Fluss! Der Große Fluss. Ihr Aerc richtet Karten nach der Mittagssonne, nicht wahr? Das heißt …« Er drehte den Steinbrocken um, sodass sich der stilisierte Fluss auf der rechten Seite befand »… dass ich sie die ganze Zeit verkehrt herum betrachtet habe. Kein Wunder!« Er sah auf. »Siehst du: Wie ich gesagt habe. Die Götter haben für jeden von uns eine Aufgabe vorgesehen. Anscheinend bist du dazu auserkoren, uns den Weg zu weisen. Das heißt«, er sah wieder auf die steinerne Karte, »dass uns der Weg auf die andere Seite des Flusses führt. Komm. Komm!« Der Verhüllte stand auf und lief gebückt zum Zelteingang. Dann hielt er inne. »Wie soll ich dich eigentlich nennen?«
Nenne niemandem, dessen Gesicht du nicht kennst, deinen Namen. Du weißt nicht, welche Hexerei er im Sinn hat. Du weißt nicht, ob du ihm vertrauen kannst. Du … Seine Hand suchte beinahe ohne sein Zutun seine Schulter. Er strich über die wulstige Narbe – ein verästeltes Geflecht frischen, noch empfindlichen Fleischs, das in zornigem Violett über sein Schlüsselbein und bis auf die Brust kroch. Der Hund hatte tief gebissen und in seinem Todeskampf eine Wunde hinterlassen, die den Aerc hätte töten müssen, selbst wenn er nicht in den Fluss gestürzt wäre. Und doch lebte er, und von der tödlichen Wunde war nur dieses hässliche Andenken geblieben. Welche Magie der seltsame Fremde auch gewirkt hatte, der Aerc schuldete ihm sein Leben. »Man nennt mich Dudaki.«
»Schön, Dudaki. Es wird Zeit, dass ich dich den Männern vorstelle. Komm, wir haben viel zu tun.«
Der Verhüllte schlug die Plane vor dem Eingang beiseite und trat nach draußen.
Dudaki folgte ihm – und erstarrte. Direkt vor dem Zelt brannten mehrere Feuer, um die sich Männer scharten. Viele Männer. Ganz sicher konnte er sich in der Dunkelheit nicht sein, doch es schien, als handelte es sich bei den meisten davon um Menschen. Sehnige, narbige, rohe Männer, einige davon beinahe so kräftig wie ein Aerc. Er sog die Luft ein. Torffeuer, Hasenbraten, Getreidefladen – oder was Menschen stattdessen buken, der scharfe Geruch von berauschenden Getränken und altem Schweiß. Viele der groben Gestalten unterhielten sich leise, hier und dort war ein raues Lachen zu hören, und irgendwo zog jemand einen Wetzstein über eine Klinge.
Der Verhüllte ging zwischen den Männern hindurch und nickte einem oder zweien zu. In seiner Nähe verstummten die Gespräche und wurden von einem Schweigen ersetzt, das auf Dudaki beinahe ehrfürchtig wirkte. Dann jedoch fielen die Blicke auf ihn, und die Stille veränderte sich, wurde frostiger. Er sah Hände, die nach Waffen tasteten, hässliche Menschengesichter, die sich abfällig verzogen. Dudaki bleckte die Zähne und stellte mit Befriedigung fest, dass einige der Kerle zurückzuckten.
»Du hattest recht, Brodyn. Der Kerl ist noch hässlicher, als sie gesagt haben.«
Dudakis Kopf ruckte herum und fixierte den Menschen. Er hat in der Zunge der Aerc gesprochen! Hat er das wirklich? Eigentlich unwahrscheinlich, was? Es gibt nicht viele Menschen, die Frakra aussprechen können, ohne es hässlich zu verstümmeln. Aber wie kann es dann sein? Verwirrt schüttelte Dudaki den Kopf und knurrte.
Auch der Verhüllte hatte jetzt die Unruhe bemerkt, die bei Dudakis Anblick aufkam. Er blieb stehen und hob die Hände.
»Ruhig, meine Freunde! Lasst die Finger von den Waffen.« Seine Stimme war
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