Orks vs. Zwerge
Nase.
Glond hatte einmal einen gefangenen Ork gesehen, der in einem Käfig auf dem Obermarkt ausgestellt worden war. Das war eine jämmerliche, abgemagerte Gestalt gewesen, deren kantiger Kopf auf dem zerschundenen Körper beinahe grotesk riesig gewirkt hatte. Die Marktbesucher hatten ihn ausgelacht und mit Unrat beworfen, den die Kreatur ungeachtet der Erniedrigungen hungrig in sich hineinschaufelte.
Der hier war anders. Er war groß und breit wie ein Ochse. Seine kränklich braungrün schimmernde Haut spannte sich über mächtige Muskelberge, und in seinen Augen glühten rote Funken aus Jähzorn. Seine gezackte Knochenkeule schien in der Lage zu sein, selbst schwerste Plattenrüstungen mühelos zu knacken. Sein Blick wanderte aufmerksam über die Mauern, Fenster und Türen hinweg.
Glond spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Die Dalkar um ihn herum spannten ihre Muskeln an. Als Beryll den Griff um seinen Schlachtenhammer verstärkte, knackte es leise.
Der Ork bleckte die Zähne. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Brust, und er trat einen Schritt in die Gasse hinein. Esse hob langsam seine Armbrust.
Plötzlich wurde der Ork von hinten angerempelt. Er fuhr herum und riss die Keule in die Höhe. Ein ebenso hässlicher Ork war an ihn herangetreten und bellte ihm ins Gesicht. Er grunzte eine kurze Erwiderung, und die beiden Kreaturen hasteten weiter die Straße hinab.
»Das war knapp.« Esse senkte die Armbrust.
»Ay«, gab ihm Beryll recht. »Die haben verdammt viel Glück gehabt.«
Die Flüchtlinge dafür umso weniger, dämmerte es Glond voller Entsetzen. Die Orks würden sie in kürzester Zeit eingeholt haben. »Wir müssen sie warnen«, stieß er hervor.
»Wen?« Beryll runzelte die Stirn. »Die Schweineschnauzen?«
»Die Flüchtlinge! Sie sind nicht schnell genug. Die Orks werden sie einholen.«
»Du sagst es.« Kearn funkelte ihn an. »Sie sind nicht schnell genug. Was bringt es also, sie zu warnen?«
»Aber die Orks werden sie töten, wenn wir ihnen nicht helfen.«
»Sie werden kämpfen wie echte Dalkar, und wenn es sein muss, werden sie sterben wie echte Dalkar. Sie verstehen das, weil es ihre Aufgabe ist. Unsere Aufgabe ist eine andere. Wir müssen unter allen Umständen den Tempel erreichen. Das ist ungleich wichtiger, denn davon hängt das Schicksal der gesamten Stadt ab. Wir können das nicht wegen ein paar Frauen und Kindern in Gefahr bringen.«
»Aber …« Hilfe suchend schaute Glond zu den anderen.
Der Armbrustschütze schüttelte nur den Kopf, Axt sah stumm zur Seite.
»Hör mir gut zu.« Kearn trat dicht an ihn heran. Er legte die Hand um den Griff von Glonds Kurzschwert und zog es mit einem Ruck aus der Scheide. »Wenn du diesen Dalkar so unbedingt helfen willst, dann nimm deine Waffe in die Hand und lauf ihnen hinterher.« Er drückte das Schwert gegen Glonds Brust. »Deine Aufgabe war es, uns sicher durch die Weststadt zu bringen. Das hast du ja nun geschafft. Und du hast bewiesen, dass du genug Mut hast, mir zu widersprechen. Jetzt beweise uns, dass du auch Mut hast, wenn es darauf ankommt.« Er drückte das Schwert fester gegen Glonds Brust. »Also los, geh, du großer Held.«
Glond starrte auf den Griff hinunter. Sein Atem ging schnell, er spürte, wie sich die Muskeln seiner Hände verkrampften.
»Hertig Kearn«, sagte Axt.
»Nimm endlich das verdammte Schwert in die Hand und geh! Wir brauchen dich hier nicht mehr.«
»Hertig Kearn«, wiederholte Axt, diesmal schärfer. Sie trat zwischen die beiden und drückte das Schwert nach unten. »Lassen Sie ihn in Ruhe. Sie haben recht, wir haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Aber dafür brauchen wir jeden Mann. Aus diesem Grund verlässt niemand die Gruppe. Wir gehen alle gemeinsam weiter.«
Kearn stieß geringschätzig die Luft aus. »Ay … Anführer.« Er ließ das Schwert fallen, trat von Glond zurück und spuckte auf den Boden.
A us dem schmalen Spalt zwischen den Häusern musterte Ragroth nachdenklich den kleinen Platz. Vor ihm kauerte das Skrag-Weibchen, direkt neben ihm stand die junge Ayubo.
Er grunzte. »Kannst du dich vielleicht hinhocken oder so was?«
Sie schniefte. »Ich bin eine Urawi«, flüsterte sie. »Sie können mich hier nicht sehen.«
»Aber ich kann dich sehen, und das macht mich nervös. Also hock deinen Arsch hin, wenn ich es sage.«
Widerstrebend ging Sekesh in die Hocke.
»Du hast gesagt, sie haben Pfeilwerfer eingesetzt. Von wo?«
Sekesh zuckte mit den Schultern. »Ich bin mir
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