Orks vs. Zwerge
nicht sicher.« Sie deutete auf die hohen Gebäude auf der linken Seite des Platzes. »Irgendwo von dort, denke ich.«
»Hm.« Ragroth musterte die düsteren Fronten. Durch den leichten Nieselregen waren zahlreiche leere Fensterlöcher zu sehen. Leider aber auch nicht mehr. Wenn es danach ging, konnte dort oben eine Doppelfaust Wühler mit Pfeilwerfern lauern. Oder auch nur ein einziger. Oder gar keiner mehr.
»Verfluchte Suppe«, murmelte er.
Auf der anderen Seite des Brunnens schien es den Zwergen beinahe gelungen zu sein, die Barrikade zu beseitigen. Ragroth konnte nichts Genaues erkennen, doch so wie es aussah, hatten die Wühler es auch geschafft, einen Wagen mit einem vollständigen Gespann auszustatten.
»Scheint so, als seien sie mit deinem Trupp fertig«, stellte Ordruk fest.
»Schon weniger übrig …«
»… mit denen wir teilen müssen«, merkten der Linke und der Rechte von hinten an.
Die Ayubo warf ihnen einen finsteren Blick zu.
Ragroth massierte sich die Unterlippe. »Diese Eidechse von dir«, sagte er. »Kann sie die Wühler dort oben finden?«
Sekesh nickte. »Das schon. Aber Vress tötet nicht schnell genug.«
»Ich habe nicht gesagt, dass das Vieh sie töten soll. Ich muss nur wissen, wo sie sind.« Der Broca grinste gehässig. »Oder besser: Unsere beiden Skrag-Freunde hier müssen das wissen. Kann es sie hinführen?«
Sekesh musterte die Skrag mit sichtlicher Abscheu. »Ich denke schon.«
»Dann los. Das Vieh soll die Skrag leiten. Ihr zwei folgt ihm und lasst euch nicht erschießen.«
Die Skrag stieß ein leises Bellen aus, das verblüffend nach einem verächtlichen Lachen klang. Sie schüttelte ihre knochenbehangene Mähne und begann, die nasse Hauswand hinaufzuklettern. Der große Skrag folgte ihr lautlos.
Sekesh sah den zwei schwarzen Schatten zu, wie sie in wenigen Augenblicken auf dem Dach verschwanden, und schauderte.
Ragroth grinste sie an. »Geht mir genauso. Sie sind ziemlich unheimlich.«
»Ich verstehe nicht, wie ihr mit diesen Tieren zusammenarbeiten könnt«, flüsterte Sekesh.
Ragroth zischte. »Lass sie das mit dem Tier nie hören«, murmelte er. »Dem Letzten, der das laut gesagt hat, haben sie die Arme ausgerissen. Aber wo wir schon bei Tieren sind – du solltest dein Ungeziefer mal losschicken.« Er deutete auf die Flugechse, die auf Sekeshs Schulter herumkletterte. Das winzige Tier zischte aufgebracht und spreizte die grellbunten Flughäute.
Die Schamanin strich ihm beruhigend über den Rücken und flüsterte ihm einige Worte in einem seltsamen Singsang zu. Dann nahm sie den Spilo in die Hand und warf ihn hoch in die Luft. Mit einem Zwitschern verschwand er im Nieselregen. Sekesh drehte sich um und lächelte. »Er mag das Ungezieferwort nicht. Und er ist giftig genug, um dich dafür zu töten. Was tun wir jetzt?«
Ragroth schnaubte, um das leise Kichern der Korrach zu übertönen. »Wir warten.«
Siebzehn
S ie waren noch zwei Häuserblocks von der Tempelanlage entfernt, die an der höchsten Stelle des Hügels im Nebel lag. Immer wieder stießen sie nun auf verstümmelte Leichen. Mehr Orks als Dalkar zwar, aber allein die Tatsache, dass so viele von ihnen so weit in den Stadtkern vorgestoßen waren, ließ das Schlimmste befürchten. Die Dalkar lagen mit zertrümmerten Schädeln und aufgeschlitzten Bäuchen im Dreck. Die meisten waren bis auf das Hemd ausgeplündert, die Bärte der Männer mit groben Klingen vom Kinn gesäbelt.
Das Gildenhaus der Leinenweber stand in Flammen und tauchte den kleinen Marktplatz, auf dem die Tuchhändler noch vor wenigen Tagen lautstark ihre Waren angepriesen hatten, in unwirkliches Licht.
Die aufgeheizte Luft trug einen abartigen Gestank aus Blut, Schweiß und ranzigem Fett heran. Am Brunnen hatte sich eine Gruppe Orks versammelt, die eine schwarze Knochenstandarte mit sich führte. Auf dem aufgespannten Fell prangte ein krudes Sonnensymbol.
Stein hatte zehn plus drei gezählt. Eine sogenannte »Doppelfaust«, hatte er ihnen erklärt. Die Orks versperrten den einzigen Weg, der von dieser Seite des Hügels zum Tempel hinaufführte. Leider machten sie nicht den Eindruck, als würden sie sich in nächster Zeit von dieser Stelle fortbewegen. Allen war klar, was das bedeutete.
Der Anführer der Orks war eine pechschwarze Bestie mit verfilzten Haaren und einem vergoldeten Hauer im Maul. Im Feuerschein glänzten unzählige wulstige Narben auf seiner Haut. Er lachte dröhnend und scheuchte die Männer herum. Einen
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