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Orla Froschfresser

Orla Froschfresser

Titel: Orla Froschfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Lund Kierkegaard
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war, das Bandende aus dem gestreiften Jackenärmel zu ziehen, hörte ich vor dem Zelt Schritte.
    Oha! dachte ich. Das ist sicher die zornige Frau, die da zurückkommt. Am besten verdrücke ich mich schleunigst, denn ich habe nicht die geringste Lust, zu Hackepeter gemacht zu werden.
    Ich warf den Deckel auf die kleine gelbe Kiste, steckte mir das lange Band unters Hemd und krabbelte an der Stelle unter der Zeltplane durch, an der Orla und ich hereingekrochen waren.
     

Die Kanone
     
     
     
    Es wurde schon Abend, als ich endlich aus dem Zelt der zornigen Frau schlüpfte.
    Ich wußte nicht, wie spät es war, doch konnte ich sehen, daß die bunten Lämpchen über dem Eingang des großen Zeltes schon brannten und daß die Leute vor dem Wagen, in dem die Eintrittskarten verkauft wurden, in einer langen Reihe Schlange standen.
    Ich wollte soeben nach Hause laufen, um mir Geld für den Eintritt zu holen, als eine Stimme neben mir sagte:
    «Moment mal, Kleiner!»
    Ich machte vor Schreck ein paar Luftsprünge — wie immer, wenn Orla der Froschfresser in der Nähe ist.
    Doch diesmal war es nicht Orla. Es war auch nicht die Hackepeter-Frau aus dem Zelt mit der gelben Kiste.
    Es war ein kleiner, magerer und blasser Mann, der mich am Arm festhielt und flüsterte:
    «Hör mal, Kleiner. Würdest du dir nicht gern eine Freikarte für den Zirkus Benito verdienen?»
    Ich sah den kleinen Mann mit dem blassen Gesicht an.
    Er stand neben einer großmächtigen, blankgeputzten Kanone und sah sehr nett und blaß aus.
    «Weißt du» flüsterte er mir zu. «Ich bin nämlich der Kanonenkönig.»
    «Neeeiiiiin!» sagte ich und hätte mich beinah ins Gras gesetzt — denn mit so einem berühmten Mann hatte ich bisher noch nie gesprochen.
    «Ja», sagte er. «Ich bin der Kanonenkönig, und ich habe heute den ganzen Tag noch nichts zu essen bekommen, weil dauernd Leute angelaufen kommen und an meiner Kanone herumfingern.»
    «Das trauen die sich?» fragte ich mit einem Blick auf die große, blinkende Kanone.
    «Und ob die sich trauen!» rief der kleine Mann und sah plötzlich ganz zornig aus. «Sie fingern und wackeln an dieser Kanone herum, daß ich bald Magengeschwüre bekomme. Heutzutage haben die Leute überhaupt keinen Respekt mehr vor Kanonenkönigen.»
    Er fuhr sich verärgert durchs Haar.
    «Aber jetzt», sagte er, «jetzt will ich etwas zu essen haben, etwas ganz besonders Gutes und Warmes. Wenn du also eine Freikarte für den Zirkus Benito und obendrein noch zwei Kronen bekämest, würdest du dann wohl auf meine Kanone aufpassen, während ich esse?»
    «Gern», sagte ich, denn ich war mächtig stolz darauf, daß der Kanonenkönig mich auf seine große, blitzblanke Kanone aufpassen lassen wollte.
    Man stelle sich vor!
    Ich sollte auf die Kanone des berühmtesten Kanonenkönigs der Welt aufpassen, und ich sollte obendrein noch eine Eintrittskarte und zwei Kronen geschenkt bekommen.
    Oh, Mann, war ich stolz!
    Ich war so stolz, daß ich kaum merkte, wie viele Leute da um die Kanone herumlungerten.
    Als nun der kleine Kanonenkönig in seinen Wagen gegangen war, um zu essen, hörte ich es hinter mir im Gras rascheln. Es raschelte, und plötzlich hörte ich Orla den Froschfresser sagen:
    «Sooo, jetzt ist es um dich geschehen, kleiner Mistkerl. Jetzt entkommst du mir nicht mehr.»
    Mir lief eine Gänsehaut über den ganzen Körper.
    Hier stand ich nun völlig allein mit einer riesig großen, blankgeputzten Kanone, auf die ich aufpassen mußte — und ausgerechnet jetzt kam Orla daher!
    Ich hätte heulen können.
    Dann aber fiel mein Blick auf einen Wagen direkt neben uns. Nicht etwa auf jenen, in dem der Kanonenkönig wohnte und in dem er jetzt beim Essen saß.
    Auch nicht auf den, der dem fetten Direktor Bardino gehörte. Nein, mein Blick fiel auf einen Wagen, der schwankte und hüpfte und schaukelte, als wenn in seinem Inneren ein Elefant Turnübungen machte.
    «Häähhh», quakte Orla mit seiner heiseren Stimme und kam näher. «Jetzt hat dein letztes Stündlein geschlagen.»
    «Paß auf!» sagte ich. «Der Mann, dem die Kanone gehört, kommt gleich.»
    «Haha!» brüllte Orla und hätte beinahe den Rauch seiner Zigarette in die falsche Kehle bekommen. «Du bist schlau. Aber diesmal falle ich nicht auf dich rein.»
    «Kannst ja selbst sehen», flüsterte ich und deutete auf den schaukelnden Wagen.
    Orla wandte grinsend den Kopf, aber sein Grinsen war im Nu wie weggeblasen. Denn aus dem schaukelnden Wagen trat ein mächtig großer Mann,

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