Orphan 2 Juwel meines Herzens
„Vergebung, aber da Sie mir gerade damit drohen, mich den zuständigen Stellen auszuliefern, finde ich in dem Angebot wenig Trost. “
„Aber ich will Sie ja gar nicht verraten, Lord Bryden. Ich brauche nur dringend das Geld. “
„Erpressung ist ein besonders hässlicher Zeitvertreib, warum auch immer man sich dazu hinreißen lässt. Und ich schätze es nicht sonderlich, wenn man mir droht, fürchte ich. “
„Da steckst du also! “ Wie das Läuten einer hellen Silberglocke durchbrach Annabelles Stimme die angespannte Unterhaltung der beiden. „Wir suchen dich schon überall, Charlotte. “
Harrison befleißigte sich einer höflich amüsierten Miene, als er Miss Kents Schwestern beobachtete, die jetzt mit rauschenden Satinröcken über die Terrasse geeilt kamen. „Annabelle, Grace, darf ich euch Lord Bryden vorstellen? “ meinte Charlotte mit schlechtem Gewissen und erhob sich mühsam von der Bank. „Lord Bryden, dies sind meine Schwestern, Lady Harding und Lady Maitland“, fügte sie an Harrison gewandt hinzu.
„Sehr erfreut, Lord Bryden“, erwiderte Annabelle lächelnd.
„Auch meinerseits“, versicherte Grace.
„Verzeihen Sie mir, dass ich Ihre bezaubernde Schwester aus dem Ballsaal entführt habe, aber ich dachte, dass sie mit mir bestimmt lieber in aller Ruhe hier draußen über ihre Wohltätigkeitseinrichtung sprechen will“, erklärte Harrison. „Ich hatte ja bisher nicht die leiseste Ahnung, welch horrende Summen es verschlingt, ein solches Heim für die Mühseligen und Beladenen zu unterhalten. “
„Ich darf Ihnen versichern, dass Charlotte Ihre Spende einem guten Zweck zuführen wird, wie viel auch immer Sie ihr geben. “ Annabelle lächelte der Schwester zu.
Grace nickte eifrig. „Ja, sie konnte schon immer ausgezeichnet mit Geld umgehen - ganz im Gegensatz zum Rest der Familie. “
Ein wenig zweifelnd musterte Harrison seine Erpresserin. „Tatsächlich? “
„Wärst du bereit aufzubrechen, Charlotte? “ fragte Annabelle. „Ich wollte deine Unterhaltung mit Lord Bryden natürlich nicht stören, aber Jamie hat schon nach unserer Kutsche schicken lassen... “
„Nein, nein“, wehrte Harrison ab. „Ihre Schwester und ich waren gerade fertig, und ich wollte sie zurück in den Ballsaal geleiten. “ Galant bot er Charlotte den Arm. „Miss Kent? “
Sie legte ihm zögerlich die Hand auf den Ärmel. Dann gestattete sie ihm, sie zurück in den nach schweren Parfüms duftenden Saal zu führen.
„Es war mir ein Vergnügen, so viel über Ihre edlen Taten zu erfahren, Miss Kent“, sagte er drinnen und bedeckte ihre Hand mit der seinen. „Ihr selbstloses Werk soll mir in Zukunft ein leuchtendes Vorbild sein. Kaum zu fassen, welche Mittel sie anzuwenden bereit sind, um den Armen zu Hilfe zu eilen. Ich bin wirklich tief bewegt. “
Natürlich wusste Charlotte, dass er sich schon wieder über sie lustig machte. Böse versuchte sie, ihre Hand seinem Griff zu entziehen.
„Tatsächlich finde ich Ihre Mühen so rührend, dass ich bereit bin, auch meinerseits alles zu tun, um Ihnen zu helfen“, ergänzte Harrison und hielt sie fest. „Geben Sie mir einige Tage Zeit. Dann werden Sie die Spenden in der besprochenen Höhe von mir erhalten. Hoffentlich wird die Summe ausreichen, um Ihre allerdringlichsten Ausgaben der nächsten ein, zwei Wochen zu decken. “
Unsicher schaute sie zu ihm auf. Hatte er etwa gerade zugestimmt, ihr die fünftausend Pfund zu besorgen?
Seine Miene blieb geradezu enervierend gleichmütig, so dass sie nicht feststellen konnte, ob er sie wieder verspottete oder es aber ernst meinte.
.. Danke, Lord Bryden“, erwiderte sie steif und versuchte erneut, ihm die Hand zu entziehen. „Ich bin Ihnen wirklich außerordentlich verbunden. “
»Im Gegenteil, ich habe Ihnen zu danken“, versicherte er, ohne loszulassen. „Schließlich werden wir alle dabei
gewinnen, wenn es Ihnen gelingt, Londons schlimmste Verbrecher auf den schmalen Pfad der Tugend zurückzuführen. Dank Menschen wie Ihnen scheint für uns alle doch noch Hoffnung zu bestehen. “
Trotz seiner undurchdringlichen Miene wusste Charlotte, dass er sie innerlich auslachte. Immerhin hatte sie sich gerade auf eine Stufe mit ihm und all jenen gestellt, die stahlen und erpressten, was sie zum Leben brauchten.
„Sie sind wirklich zu freundlich“, brachte sie mühsam hervor und entzog ihm endlich erfolgreich die Hand.
„Natürlich war es mir ebenfalls eine Ehre, Sie kennen zu lernen, Lady Harding
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