Orphan 2 Juwel meines Herzens
und Lady Maitland“, bemerkte er höflich und verneigte sich. „Ich hoffe doch sehr, dass ich Sie beide bald einmal wiedersehe. “ Er lächelte den dreien noch ein letztes Mal zu, drehte sich um und ging zurück auf die Terrasse.
„Lord Bryden scheint ja ganz reizend zu sein“, verkündete Annabelle später, als sie mit der Kutsche heimfuhren.
„Er will dir wohl eine beträchtliche Summe spenden“, sagte Grace ganz aufgeregt.
„Das ist ja wunderbar! “ rief Jamie. „Siehst du, Charlotte, dann hat es sich ja gelohnt, dass wir dich auf diesen Ball geschleppt haben. “
„Vielleicht hast du jetzt sogar Geschmack daran gefunden und wirst öfter an solchen Gesellschaften teilnehmen“, mutmaßte Jamie.
Charlotte nickte knapp und ließ sich erschöpft in die Sitzpolster sinken.
Ich tue das alles nur, um meine Familie zu beschützen, betete sie sich immer wieder vor, während die Kutsche durch die Nacht dahinrollte. Natürlich war es dennoch falsch - wie sie sehr wohl wusste.
Unglückseligerweise nur lagen richtig und falsch manchmal erschreckend nah beieinander.
6. KAPITEL
Erhitzt atmete er tief aus und wagte kaum, wieder Luft zu holen - es roch wirklich ekelhaft muffig und nach Kampfer.
Im Stillen verfluchte er Lady Pembrokes Zimmermädchen. Musste die den Kampf gegen die Mottenplage so ernst nehmen und all die Mäntel und Felle im Schrank derart dick mit diesem Teufelszeug besprühen? Wie lange konnte er wohl die Luft anhalten? Er begann zu zählen... Dieses Spielchen hatte er sich angewöhnt, um die Langeweile beim Warten zu vertreiben, und inzwischen hatte er es darin zu wahrer Meisterschaft gebracht! Nacheinander spannte er alle Muskeln seines Körpers an und lockerte sie wieder. Anschließend verlagerte er das Gewicht abwechselnd von einem Bein aufs andere. Diese kleinen Übungen halfen ihm, sich zu entspannen. Vom stundenlangen Ausharren im Stehen tat ihm außerdem der Rücken weh. Wie gern hätte er den Schrank doch wenigstens einen Spalt weit geöffnet, um einen Hauch frischer Luft zu erhaschen. Aber seine eiserne Disziplin verbot es.
Die Teufel steckte schließlich im Detail.
Die Tür zum Gästezimmer konnte sich jeden Augenblick öffnen - wie Miss Kent ja kürzlich hinreichend bewiesen hatte. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Hitze des Sommerabends weiter in diesem stickigen Schrank ertragen. Inzwischen schrie seine Lunge förmlich nach Sauerstoff, während er alles tat, um noch immer nicht zu atmen. Luft, schien sein ganzer Körper zu flehen. Es pochte hinter seinen Schläfen, und die Ohren sausten. Kurz be-vor er ohnmächtig zu werden drohte, öffnete er den Mund und holte tief Luft. Jetzt machte ihm der üble Geruch dabei gar nichts mehr aus.
Er richtete sich auf und lauschte. Es musste bestimmt schon eine Stunde her sein, seit Lord und Lady Pembroke in der Kutsche davongefahren waren. Inzwischen hatte das Personal sich seinen Aufgaben im Haus gewidmet. Die Zofe dürfte das Gemach ihrer Herrin aufgeräumt haben. Das nächste Mal würde Lady Pembroke sie gegen drei oder vier Uhr morgens brauchen, um ihr beim Ablegen der Abendrobe, der zahllosen Unterröcke und des Korsetts zu helfen. Bis dahin würde das Mädchen sich unten beim Rest der Dienerschaft in der Küche aufhalten.
Zeit für ihn, mit der Arbeit zu beginnen.
Leise öffnete er die Tür des Schranks und spähte vorsichtig hinaus. Aus der Ferne hörte er lautes Lachen. Offenbar vergnügte sich das Personal mit dem einen oder anderen Glas Gin. Ausgezeichnet. Er entstieg seinem Versteck und verharrte einen Augenblick reglos, um seinen Sinnen Zeit zu geben, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Als er sicher war, dass ihm die schmerzenden Glieder nicht die Gefolgschaft versagen würden, schlich er über den dicken Teppich zur Tür.
Sanft drückte er die Klinke herunter. Eigentlich hatte er mit einem vernehmlichen Quietschen gerechnet, doch irgendein pflichtbewusster Diener hatte wohl Klinke und Angeln geölt.
Hastig eilte er über den Flur zu Lady Pembrokes Schlafgemach und drückte dort das Ohr gegen die Zimmertür. Nichts. Er schaute hinunter zum schmalen Spalt zwischen Teppich und Tür. Kein Licht. Langsam öffnete er die Tür. Auch hier war der vorbildliche Diener am Werk gewesen. Sehr gut.
Katzengleich glitt er ins Zimmer und verschloss es augenblicklich. Kaum hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, schob er die Vorhänge zurück und öffnete das Fenster dahinter. Dazu musste er zunächst das
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