Ort des Grauens
Polizisten.
»Wenn du nicht wolltest, daß ich Bobby ansehen kann, warum sollte ich dann wollen, daß du dir jemals wieder etwas ansehen kannst?«
»Was wollen Sie von mir?« Schweißperlen standen auf Rasmussens Stirn. Er sah aus wie eine Kerze im Feuer, die schnell dahinschmilzt. »Wer hat dir die Erlaubnis gegeben, Bobby zu erschießen?« »Erlaubnis? Was meinen Sie damit? Ich brauche keine ...« »Du hättest nie gewagt, ihn anzurühren, wenn dein Auftraggeber dir nicht gesagt hätte, du solltest das tun.«
»Ich wußte, daß er hinter mir her war«, erklärte Rasmussen hektisch, und da sie den Druck auf seine Lider weiter verstärkte, liefen ihm jetzt Tränen über die Wangen. »Ich wußte, daß er da draußen ist, bin vor fünf, sechs Tagen über ihn gestolpert, obwohl er verschiedene Kleinbusse, Lieferwagen, Laster und sogar den orangefarbenen Kleinbus mit dem Amtssiegel von Orange County benutzte. Dagegen mußte ich doch was tun, nicht wahr? Ich konnte den Job schließlich nicht sausen lassen, dazu stand zuviel Geld auf dem Spiel. Ich konnte mich auch nicht von ihm schnappen lassen, wenn ich Whizard endlich hatte, also mußte ich was tun. Zum Teufel, das ist doch ganz simpel.«
»Du bist ein Computerfreak, ein bezahlter Hacker - unmoralisch, schmierig, aber kein hartgesottener Gangster. Du bist weich, matschig-weich. Allein würdest du keinen Mord planen. Das hat dir dein Boß gesagt.«
»Ich habe keinen Boß. Ich arbeite auf eigene Rechnung.«
»Trotzdem bezahlt dich jemand.«
Sie drückte noch fester zu, nicht mit den Spitzen, sondern mit den Fingernägeln selbst, obwohl Rasmussen vor Angst so weggetreten war, daß er gewiß überzeugt war zu spüren, wie sich die spitzen Kanten der Nägel tiefer und tiefer in die dünne Haut seiner Lider bohrten. Er mußte jetzt eigentlich Sterne sehen, irre Farbenwirbel und Spiralen, und vielleicht fühlte er auch Schmerzen. Er zitterte. Die Ketten klirrten und rasselten. Immer mehr Tränen strömten unter seinen Lidern hervor. »Delafield!« Das Wort entfuhr ihm, als hätte er gleichzeitig
versucht, es mit aller Macht zurückzuhalten und nicht herauszuschreien. »Kevin Delafield.«
»Wer ist das?« fragte Julie, die sein Kinn immer noch mit eiserner Hand festhielt und die Fingernägel erbarmungslos gegen seine Augäpfel drückte.
»Microcrest Corporation.«
»Der hat dich angeheuert?«
Er war ganz steif vor Furcht, hatte Angst, sich auch nur den Bruchteil eines Millimeters zu bewegen, war überzeugt, beim kleinsten Positionswechsel würden sich ihre Fingernägel in seine Augäpfel bohren.
»Ja, Delafield. Ein Spinner. Ein Verräter. Bei Microcrest haben sie keine Ahnung davon. Sie wissen nur, daß er ihnen Resultate bringt. Wenn das rauskommt, werden sie dort völlig überrascht sein. Lassen Sie mich doch endlich los. Was wollen Sie denn noch?«
Sie ließ ihn los.
Sofort öffnete er die Augen, blinzelte, testete seine Sehfähigkeit. Dann brach er zusammen und schluchzte vor Erleichterung.
Gerade als Julie aufstand, öffneten sich die Fahrstuhltüren. Bobby kehrte mit dem Beamten zurück, der ihn nach unten in Ackroyds Büro begleitet hatte. Er warf einen Blick auf Rasmussen, schaute Julie herausfordernd an und schnalzte mit der Zunge.
»Du bist unartig gewesen, nicht wahr, Schatz? Man kann dich wirklich nirgendwohin mitnehmen.« »Ich hatte nur eine kleine Unterhaltung mit Mister Rasmussen. Das ist alles.« »Er scheint sie anregend gefunden zu haben«, meinte Bobby.
Rasmussen saß zusammengesunken da, die gefesselten Hände vors Gesicht geschlagen, und schluchzte unkontrolliert.
»Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit«, entgegnete Julie.
»Über Filme, Bücher?«
»Musik.«
»Aha.«
»Du bist ein Teufelsweib, Julie«, sagte Sampson Garfeuss leise. »Er hat versucht, Bobby töten zu lassen«, war alles, was sie erwiderte.
Sampson ruckte. »Ich habe nicht gesagt, daß ich solche Wildheit nicht manchmal bewundere -ein wenig. Aber du schuldest nur mit Sicherheit was.«
»Das tu ich«, stimmte sie ihm zu.
»Mir schulden Sie noch ein bißchen mehr«, sagte Burdock. »Der Kerl wird mit Sicherheit gegen uns klagen. Darauf würde ich meinen Arsch verwetten.«
»Weshalb könnte er Sie verklagen?« fragte Julie. »Ihm wurde doch kein Härchen gekrümmt.«
Die dünnen Striemen auf Rasmussens fahlen Wangen waren bereits verblaßt. Schweiß, Tränen und schlotternde Knie waren die einzigen verbliebenen Zeichen seines Martyriums.
»Hören
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