Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
richtig. Obwohl es natürlich gut wäre, wenn ich eine Eisenmanschette hätte.«
    Sie lachte und er grinste. Doch sie konnten nicht vergessen, wohin sie fuhren oder warum, und ihr Lächeln schwand. Beide runzelten die Stirn. Das heftige Hin und Her der Scheibenwischer, das Bobby normalerweise eingelullt hätte, hielt ihn diesmal wach.
    Schließlich brach Julie das Schweigen. »Glaubst du, daß sich Frank tatsächlich direkt vor Hals Augen in Luft aufgelöst hat, wie er behauptet?«
    »Ich habe Hal noch nie beim Lügen erwischt und habe ihn auch noch nie hysterisch erlebt.«
    »Ich auch nicht.«
    An der nächsten Ecke bogen sie nach links ab. Ein paar Blocks weiter, hinter dem sich blähenden Regenvorhang, schienen die Lichter des Krankenhauses zu pulsieren und zu flackern und alle Farben des Regenbogens zu verströmen wie eine Fata-Morgana-Oase hinter den Hitzeschleiern, die aus der Wüste aufsteigen.
    Als sie den Raum betraten, stand Hal am Fuß des Bettes, das zum größten Teil hinter dem Vorhang verborgen war. Er sah aus wie jemand, der nicht nur einen Geist gesehen, sondern ihn auch umarmt und ihn auf seine kalten, feuchten, fauligen Lippen geküßt hatte.
    »Gott sei Dank, Sie sind da.« Er schaute an ihnen vorbei, in den Korridor hinaus. »Die Oberschwester will die Polizei rufen, einen Vermißten melden ...«
    »Das haben wir schon erledigt«, erklärte Bobby. »Doktor Freeborn hat sie angerufen, und wir haben eine Erklärung unterschrieben, daß das Krankenhaus für Frank nicht verantwortlich ist.«
    »Gut.« Hal wies auf die offene Tür. »Wir sollten dies so geheim wie möglich halten.« Nachdem Julie die Tür geschlossen hatte, ging sie zu den beiden anderen, die am Fußende des Bettes standen. Bobby bemerkte das fehlende Gitter und die geborstenen Scharniere. »Was ist das?«
    Hal schluckte schwer. »Er hat sich an dem Gitter festgehalten, als er verschwand ... und es ist mit ihm verschwunden. Ich hab's am Telefon nicht erwähnt, weil ich mir sagte, daß Sie mich ohnehin schon für bekloppt halten, und dies hätte das nur noch verstärkt.«
    »Erzählen Sie's uns jetzt«, forderte Julie ihn leise auf. Sie sprachen leise, denn sonst wäre Schwester Fulgham gewiß erschienen, um sie daran zu erinnern, daß die meisten Patienten ihrer Station schliefen.
    Nachdem Hal seine Geschichte beendet hatte, sagte Bobby: »Die Flöte, die sonderbare Brise ... Das ist das, wovon Frank uns erzählte, daß er selbst es gehört und gespürt hätte, kurz nachdem er in jener Nacht in der Gasse das Bewußtsein wiedererlangt hatte, und irgendwie wußte er, daß da jemand kam.«
    Etwas von dem Schmutz, den Hal an Franks Pyjama bemerkt hatte, nachdem er das zweite Mal zurückgekehrt war, lag auf dem Bettlaken. Julie nahm etwas davon in die Hand. »Das ist gar kein Schmutz.«
    Bobby untersuchte die Körner, die an ihren Fingerspitzen klebten. »Schwarzer Sand.« »Frank ist nicht wieder aufgetaucht, seit er mit dem Gitter  verschwunden ist?« fragte Julie an Hal gewandt.
    »Nein.«
    »Und wann war das?«
    »Paar Minuten nach zwei. Möglicherweise zwei Uhr zwei,  zwei Uhr drei, irgendwas in der Richtung.« »Vor ungefähr einer Stunde und zwanzig Minuten«, sagte Bobby.
    Sie standen schweigend da und starrten auf die Halterungen, aus denen das Gitter gerissen worden war. Draußen knallte ein heftiger Windstoß den Regen mit solcher Gewalt gegen die Fenster, daß es sich anhörte, als schmissen Halloween-Witzbolde zur Unzeit mit trockenen Maiskörnern.
    Bobby suchte Julies Blick. »Was tun wir jetzt?«
    Sie sah ihn verwundert an. »Frag mich nicht. Dies ist der erste Fall, an dem ich arbeite, bei dem wir es mit Hexerei zu tun haben.«
    »Hexerei?« wiederholte Hal sichtlich nervös.
    »Nur eine Redewendung«, versicherte Julie.
    Möglicherweise, dachte Bobby. »Wir können davon ausgehen, daß er vor dem Morgengrauen zurückkehrt«, sagte er dann laut, »möglicherweise noch ein paarmal verschwindet, aber früher oder später wird er bleiben. Das muß das sein, was jede Nacht passiert, wenn er schläft. Das ist das Herumwandem, an das er sich nicht mehr erinnern kann, wenn er aufwacht.«
    »Herumwandern«, wiederholte Julie. Unter diesen Umständen erschien ihr dieses gewöhnliche Wort so exotisch und geheimnisvoll wie jedes andere, das es dafür geben mochte.
    Ganz, ganz leise, um die Patienten nicht zu wecken, holten sie sich noch zwei Stühle aus den anderen Zimmern am Korridor. Hal stellte seinen gleich hinter die

Weitere Kostenlose Bücher