orwell,_george_-_tage_in_burma
wiederholte er, »ich werde heute abend kommen.«
Viel mehr war nicht zu sagen, und die beiden Damen gingen weiter zum Club. Aber sie blieben kaum fünf Minuten. Die Grassamen juckten so qualvoll an ihren Schienbeinen, daß sie schnellstens nach Hause mußten, um sofort die Strümpfe zu wechseln.
Verrall hielt sein Versprechen und kam diesen Abend in den Club. Er kam ein bißchen früher als die anderen und hatte seine Anwesenheit bereits gründlich spürbar gemacht, als er noch keine fünf Minuten da war. Als Ellis eintraf, stürzte der alte Butler, der ihm aufgelauert hatte, aus dem Spielzimmer. Er war tief bekümmert, die Tränen rollten über seine Wangen.
»Sir! Sir!«
»Was zum Teufel ist jetzt schon wieder los?« fragte Ellis. »Sir! Sir! Neuer Master mich geschlagen, Sir!« »Was?«
»Mich geschlagen, Sir!« Seine Stimme stieg bei dem Wort ›geschlagen‹ zu einem langen, tränenreichen Klagelaut an - »geschlaaagen!«
»Dich geschlagen? Tut dir ganz gut. Wer hat dich geschlagen?«
»Neuer Master, Sir. Militärpolizei Sahib. Mich mit sein Fuß geschlagen, Sir - hier!« Er rieb sich sein Hinterteil.
»Teufel!« sagte Ellis.
Er ging in den Salon. Verrall las im Field und war unsichtbar bis auf das untere Ende seiner Palm Beach- Hosen und zwei glänzende dunkelbraune Schuhe. Er rührte sich nicht, als er jemand anders hereinkommen hörte. Ellis blieb stehen.
»Heh, Sie da - wie heißen Sie doch gleich - Verrall!« »Was?«
»Haben Sie unserm Butler einen Tritt gegeben?« Verralls mürrisches blaues Auge erschien hinter der Ecke des
Field wie das Auge eines Krebses, der um einen Fels späht. »Was?« wiederholte er schroff.
»Ich sagte, haben Sie unseren verdammten Butler in den Hintern getreten?«
»Ja.«
»Was, zum Teufel, soll das heißen?«
»Der Kerl wurde unverschämt. Ich bestellte einen Whisky-Soda, und er brachte mir einen warmen. Ich sagte, er soll Eis hineintun, und das wollte er nicht - redete Quatsch von wegen das letzte Stück Eis sparen. Also gab ich ihm einen Tritt in den Hintern. Geschieht ihm recht.«
Ellis wurde ganz düster. Er war wütend. Der Butler war ein Stück Clubinventar und durfte nicht von Fremden in den Hintern getret en werden. Aber was Ellis am meisten ärgerte, war, daß Verrall möglicherweise annahm, der Butler täte ihm leid - das heißt, er mißbilligte das Treten an sich.
»Geschieht ihm recht? Kann man wohl sagen, verdammt recht. Aber was zum Teufel hat das damit zu tun? Wer sind Sie, daß Sie herkommen und unsere Dienstboten in den Hintern treten?«
»Quatsch, mein Lieber. Der hatte es nötig, getreten zu werden. Sie haben Ihre Dienstboten nicht mehr im Griff.«
»Sie verdammter frecher junger Spund, was geht das Sie an, ob er den Tritt nötig hatte? Sie sind nicht einmal Mitglied dieses Clubs. Es ist unsere Sache, die Dienstboten in den Hintern zu treten, nicht Ihre.«
Verrall ließ den Field sinken und brachte auch sein anderes Auge ins Spiel. Seine mürrische Stimme änderte ihren Ton nicht. Er verlor einem Europäer gegenüber nie die Beherrschung; es war nie notwendig.
»Mein Lieber, wenn jemand unverschämt wird, kriegt er einen Tritt in den Hintern. Wollen Sie einen?«
Plötzlich verlor Ellis sein ganzes Feuer. Er hatte keine Angst, er hatte nie in seinem Leben Angst gehabt; nur war er Verralls Augen nicht gewachsen. Diese Augen konnten einem das Gefühl geben, als stände man unter dem Niagara! Die Flüche welkten auf seinen Lippen; seine Stimme versagte fast. Er sagte quengelig und sogar kläglich:
»Aber verdammt nochmal, er hatte ganz recht, Ihnen nicht das letzte Stück Eis zu geben. Glauben Sie, wir kaufen das Eis nur für Sie? Wir kriegen hier das Zeug nur zweimal die Woche.«
»Dann habt ihr das verdammt schlecht organisiert«, sagte Verrall und zog sich hinter den Field zurück, bereit, das Thema fallenzulassen.
Ellis war hilflos. Wie Verrall sich gelassen wieder seiner Zeitung zuwandte und die Existenz von Ellis ganz einfach vergaß, war zum Wahnsinnigwerden. Sollte er diesem jungen Trottel nicht einen guten, ermunternden Tritt versetzen?
Aber irgendwie kam es nicht zu diesem Tritt. Verrall hatte in seinem Leben viele Tritte verdient, aber noch nie einen bekommen und würde es wohl auch nicht. Ellis verdrückte sich hilflos ins Spielzimmer, um seine Gefühle an dem Butler auszulassen, und überließ Verrall den Salon.
Als Mr. Macgregor durch das Clubtor kam, hörte er Musik. Gelbes Laternenlicht schimmerte durch die
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