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Oryx und Crake

Oryx und Crake

Titel: Oryx und Crake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Experiment verurteilt gewesen – zunächst zum Gigantismus auf Grund eines maximierten Lebensmittelangebots und dann zur Ausrottung, sobald alle verfügbaren Nährstoffe verbraucht worden waren.
    »Und ihr habt die Antwort?«, sagte Jimmy. Es machte ihm inzwischen Spaß, sie zu ärgern, denn was bildeten die sich ein, andere zu verurteilen? Die Künstler, die nicht für Ironie sensibilisiert waren, sagten, korrekte Analysen seien eine Sache und korrekte Lösungen eine andere, und das Nichtvorhandensein der Letzteren entwerte nicht die Ersteren.

    Wie dem auch sei, vielleicht gebe es keine Lösungen. Die menschliche Gesellschaft, behaupteten sie, sei eine Art Monster, dessen wichtigste Nebenprodukte Leichen und Schutt seien. Sie lerne nie, sie mache immerfort die gleichen idiotischen Fehler, bezahle kurzfristigen Gewinn mit langfristigem Leid. Sie sei wie eine Riesenschnecke, die sich unablässig durch alle anderen Lebensformen des Planeten fresse, das Leben auf Erden klein mahle und in Form von künstlich erzeugtem und zum Wegwerfen bestimmten Plastikschrott hinten rauskacke.
    »So wie eure Computer?«, murmelte Jimmy. »Die, auf denen ihr eure Kunst macht?«
    Bald, sagten die Künstler, ohne ihn zu beachten, würde nichts mehr übrig sein als lange unterirdische Röhren, die die Oberfläche des Planeten durchzögen. Licht und Luft in diesen würde künstlich sein, denn die Ozon- und Sauerstoffschichten des Planeten Erde würden bald zerstört sein. Die Leute würden diese Röhren langkriechen, in einer Schlange, splitternackt, ihr einziger Anblick das Arschloch der Person vor ihnen in der Schlange, deren Urin und Exkrement durch Schlitze im Boden abfließen würden, bis sie per Zufall durch einen digitalisierten Mechanismus ausgesucht würden, dann in einen Seitentunnel gesaugt, zermahlen und an die anderen verfüttert würden mittels einer Reihe von brustwarzenartigen Anhängseln an den Innenseiten der Röhren. Das System würde selbsterhaltend und nachhaltig sein. Die Menschheit hatte nichts anderes verdient.
    »Na ja, ich nehm mal an, so würde der Krieg abgeschafft«, sagte Jimmy, »und wir würden alle dicke Kniescheiben haben. Aber was ist mit Sex? Gar nicht so einfach, wenn man in so eine Röhre gezwängt ist.« Amanda warf ihm einen bösen Blick zu. Böse, aber komplizenhaft: Offenbar war ihr dieselbe Frage in den Sinn gekommen.

    Amanda selbst war nicht sehr gesprächig. Sie war ein Bildmensch, kein Wortmensch, sagte sie: Sie behauptete, in Bildern zu denken. Das war Jimmy recht, denn ein bisschen Synästhesie konnte nicht schaden.
    »Was siehst du, wenn ich das hier mache?«, hatte er sie in ihren ersten, feurigsten Tagen gefragt.
    »Blumen«, sagte sie dann. »Zwei oder drei. Rosa.«
    »Wie ist es hiermit? Was siehst du?«
    »Rote Blumen. Rot und violett. Fünf oder sechs.«
    »Wie ist es hiermit? Oh Schatz, ich liebe dich!«

    »Neon!« Danach seufzte sie und sagte: »Das war der ganze Strauß«.
    Er war anfällig für diese unsichtbaren Blumen von ihr: Sie waren letztendlich Anerkennung für seine Begabung. Sie hatte auch einen sehr schönen Hintern, und die Titten waren echt, aber – und das war ihm schon früh aufgefallen – sie hatte etwas Hartes um die Augen herum.
    Amanda kam ursprünglich aus Texas; sie behauptete, sich erinnern zu können, wie es dort ausgesehen hatte, bevor das Land ausgetrocknet und fortgeweht worden war, und wenn dem so war, dachte Jimmy, musste sie ungefähr zehn Jahre älter sein, als sie vorgab. Sie arbeitete seit einiger Zeit an einem Projekt, das sich »Geierskulpturen« nannte. Der Gedanke dabei war, eine Lastwagenladung großer Teile von Tierkadavern auf leere Felder oder die Parkplätze stillgelegter Fabriken zu bringen und sie in Form von Worten anzuordnen, zu warten, bis die Geier heruntergekommen waren und sie in Stücke rissen, und dann die ganze Szene von einem Hubschrauber aus zu fotografieren. Sie hatte zunächst viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt und auch ein paar Säcke Hassbriefe und Todesdrohungen von den Gottesgärtnern und von vereinzelten Irren wie Jimmys alter Mitbewohnerin aus dem Studentenwohnheim, Bernice, bekommen, die rhetorisch mächtig aufgedreht hatte.
    Dann hatte ihr eine verschrumpelte korrupte alte Mäzenin, die mehr als ein Vermögen mit einer Kette von Farmen für organische Herzkomponenten gemacht hatte, ein stattliches Stipendium gegeben in der irrigen Annahme, sich dadurch an der Speerspitze der Avantgarde zu bewegen. Das sei

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