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Oryx und Crake

Oryx und Crake

Titel: Oryx und Crake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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und suchten Trost. Oder sie fühlten sich einfach vernachlässigt.
    Es gab keinen Grund für ihn, nicht mehrere von ihnen gleichzeitig zu haben, solange er gewissenhaft in seiner Zeitplanung war. Zunächst genoss er die überstürzten Spontanbesuche, die Heimlichkeit, das Geräusch von hastig aufgerissenen Klettverschlüssen, das langsame Niedersinken auf den Boden; auch wenn er ziemlich bald herausfand, dass er ein Statist für diese Frauen war – nicht ernst zu nehmen, sondern eher wie ein Gratisgeschenk, das Kinder aus der Cornflakes-Schachtel buddeln, bunt und lustig, aber nutzlos: der Joker unter den Zweien und Dreien, die in ihrem wirklichen Leben an sie ausgeteilt worden waren.
    Er war schlicht ein Zeitvertreib für sie; so wie sie es für ihn waren.
    Obwohl für sie mehr auf dem Spiel stand: eine Scheidung, oder eine Portion außerplanmäßiger Gewalt; zumindest eine verbale Abreibung, wenn sie erwischt wurden.
    Eine gute Seite hatte es, sie sagten ihm nie, er solle erwachsen werden.
    Er vermutete, dass es ihnen irgendwie gefiel, dass er es noch nicht geworden war.
    Keine von ihnen wollte ihren Ehemann verlassen und sich bei ihm einnisten oder mit ihm ins Plebsland durchbrennen, was auch nicht mehr so einfach war wie früher. Man sagte, dass Plebsland extrem gefährlich geworden sei für alle, die sich dort nicht auskannten, und die CorpSeCorps-Kontrollen an den Komplex-Toren waren strenger als je zuvor.

Garage
    So sah also der Rest seines Lebens aus. Es war wie eine Party, zu der er eingeladen worden war, aber in einem Haus, das er nicht finden konnte.
    Jemand musste da wohl seinen Spaß haben, in diesem seinem Leben; er war es jedenfalls im Moment nicht.
    Sein Körper hatte sich immer leicht in Form halten lassen, aber inzwischen musste er daran arbeiten. Wenn er das Fitnessstudio mal ausließ, bildeten sich praktisch über Nacht schwabbelige Stellen, wo vorher keine gewesen waren. Sein Energiepegel war im Sinken begriffen, und er musste seinen Verzehr von Kraftriegeln im Auge behalten: Zu viele Steroide konnten den Schwanz schrumpfen lassen, und obwohl auf der Packung stand, dass dieses Problem durch den Zusatz von irgendeiner unaussprechlichen, patentierten Zusammensetzung gelöst worden war, hatte er selbst schon zu viele Texte für den Packungsaufdruck geschrieben, um das noch zu glauben.
    Sein Haar wurde im Schläfenbereich lichter trotz des sechswöchigen Wurzelbelebungskurses, den er bei AnooYou gemacht hatte. Er hätte wissen müssen, dass es Schwindel war – er hatte selbst die Anzeigen geschrieben –, aber es waren derart gute Anzeigen, dass er sogar sich selbst überzeugt hatte. Er ertappte sich bei der Überlegung, in welchem Zustand Crakes Haaransatz war.
    Crake hatte sein Studium früh abgeschlossen, hatte dann als Graduierter wissenschaftlich gearbeitet. Jetzt war er bei RejoovenEsense – einem der mächtigsten Komplexe von allen – und im Begriff, schnell aufzusteigen. Zuerst waren sie per E-Mail weiter in Kontakt geblieben. Crake sprach vage von einem Sonderprojekt, an dem er arbeitete, eine brandheiße Sache. Man habe ihm freie Hand gegeben, sagte er; was er anfasse, verwandle sich in Gold, das war die Meinung der Chefetage. Jimmy solle mal auf Besuch vorbeikommen, und er würde ihn rumführen. Was sei das noch mal, womit Jimmy sich beschäftige?
    Jimmy schlug im Gegenzug vor, Schach zu spielen.
    Crake schrieb, dass Onkel Pete plötzlich verstorben war. Irgendein Virus. Was immer es gewesen sein mochte, war durch ihn durchgegangen wie ein Messer durch warme Butter. Es war, als beobachtete man rosa Sorbet auf einem Grill – blitzartiges Abschmelzen. Es bestand Verdacht auf Sabotage, aber man hatte nichts nachweisen können.
    Warst du da?, fragte Jimmy.
    Sozusagen, sagte Crake.
    Jimmy dachte darüber nach; dann fragte er, ob sich sonst noch jemand den Virus eingefangen hatte. Crake sagte Nein.
    Im Lauf der Monate wurden die Abstände zwischen ihren Nachrichten länger und länger, der Faden, der sie verband, dehnte sich und wurde dünner. Was hatten sie sich noch zu sagen? Jimmys Job als Wortsklave war mit Sicherheit ein Beruf, den Crake verachten würde, wenn auch auf eine liebenswerte Art, und Crakes Beschäftigung konnte durchaus etwas sein, dem Jimmy nicht mehr zu folgen vermochte. Ihm wurde klar, dass er inzwischen an Crake als jemanden dachte, den er früher mal gekannt hatte.
    In zunehmendem Maße wurde er rastlos. Selbst Sex war nicht mehr das, was es mal gewesen war, obwohl

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