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Oryx und Crake

Oryx und Crake

Titel: Oryx und Crake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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umgeworfen wird, wobei sein Kohlenmund und seine Möhrennase zu Hohn und Spott einladen. Vielleicht ist das sein wahres Ich, der letzte Homo sapiens – die weiße Illusion eines Menschen, heute dort, morgen fort, so einfach umzukippen, der, wenn der Sonne überlassen, schmilzt, dünner und dünner wird, bis er sich verflüssigt und gänzlich zerfließt.
    So wie Schneemensch gerade. Er hält inne, wischt sich den Schweiß vom Gesicht, trinkt seine Wasserflasche halb leer. Er hofft, dass er Trinkwasser findet, und zwar bald.

    Da vorne lichten sich die Häuser und verschwinden von der Bildfläche.
    Es folgt ein Abschnitt mit Parkplätzen und Lagerschuppen, dann Stacheldraht, der zwischen Betonpfosten gespannt ist, ein aufwändiges Tor, aus den Angeln gehoben. Das Ende urbaner Bebauung und die Stadtgrenze des Plebslands, Anfang des Komplex-Geländes. Hier ist die Endstation für die Hochgeschwindigkeitszüge, die in die abgeschotteten schreiend bunten Tunnel fuhren. Keine Gefahr hier, sagen die Farben.
    Ein Kinderspiel.
    Aber jetzt kommt der gefährliche Teil. Bisher hat er stets etwas zum Raufklettern oder Hochhangeln gehabt, oder etwas, hinter dem er sich ducken konnte, für den Fall eines Flankenangriffs, aber nun kommt eine freie Fläche ohne Schutz und mit wenigen Senkrechten. Er zieht sich sein Laken über seine Baseballmütze, um sich vor der grellen Sonne zu schützen, wickelt sich ein wie ein Araber und schleppt sich weiter, beschleunigt den Gang, so gut er kann. Er weiß, er wird sich selbst durch das Laken hindurch einen Sonnenbrand holen, wenn er lange genug hier draußen bleibt: Er legt seine ganze Hoffnung in die Geschwindigkeit. Er muss bis Mittag, wenn der Asphalt vor Hitze nicht mehr begehbar ist, Schutz gefunden haben.

    Jetzt hat er den Komplex erreicht. Er kommt am Abzweig zu Cryojeenyus vorbei, einem der kleineren Unternehmen: Er wäre ja gerne eine Fliege an der Wand gewesen, als die Lichter ausgingen und zweitausend eingefrorene Millionärsköpfe, die auf ihre Wiederauferstehung warteten, im Dunkeln zu schmelzen begannen. Als Nächstes kommt das Gebäude von Genie-Gnomes mit dem Elfenmaskottchen, dessen Kopf mit den spitzen Ohren in ein Reagenzglas rein und wieder raus geht. Das Neonlicht war an, fiel ihm auf: Die Solaranlage funktionierte offenbar noch, wenn auch nicht einwandfrei. Diese Schilder sollten eigentlich nur nachts angehen.
    Und schließlich RejoovenEsense. Wo er so viele Fehler gemacht, so viel missverstanden hat, seine letzten Abenteuer erlebt hat. Größer als Organlnc Farms, größer als HelthWyzer. Das Größte von allen.
    Er kommt an der ersten Straßensperre mit den abgebrochenen Sensoren für Körperwärme und den eingeschlagenen Suchscheinwerfern vorbei, dann am Wachhäuschen des Kontrollpostens. Ein Wachposten liegt halb drinnen, halb draußen. Schneemensch ist nicht allzu überrascht, dass der Kopf fehlt: In Krisenzeiten können einem die Gefühle schon mal durchgehen. Er sieht nach, ob der Mann noch seine Energiepistole hat, aber nichts.

    Als Nächstes kommt ein Streifen, den man unbebaut gelassen hatte.
    Niemandsland, hat Crake immer dazu gesagt. Es gibt hier keine Bäume: Man hatte alles, hinter dem man sich hätte verstecken können, abgemäht, das Gelände hatte man in Quadrate mit Reihen von Wärme-und Bewegungsmeldern eingeteilt. Dieser unheimliche Schachbretteffekt ist bereits verschwunden; Unkraut ist überall auf der flachen Oberfläche aufgeschossen wie Bartstoppeln. Schneemensch nimmt sich ein paar Minuten Zeit, das Feld mit den Augen abzusuchen, doch abgesehen von einer Gruppe dunkler Vögel, die sich um irgendeinen Gegenstand am Boden zanken, regt sich nichts. Dann geht er los.
    Jetzt ist er auf der eigentlichen Zufahrtsstraße. Eine Spur von Gegenständen, die Leute auf der Flucht fallen gelassen haben müssen, zieht sich den Straßenrand entlang, wie eine Schnitzeljagd. Ein Koffer, ein Rucksack, aus dem sich Kleidung und Nippes ergossen haben; eine Reisetasche, aufgerissen, daneben eine verloren wirkende rosa Zahnbürste. Ein Armband; eine Haarklemme in Form eines Schmetterlings; ein Heft, die Seiten durchweicht, die Handschrift unleserlich.
    Die Flüchtlinge müssen am Anfang noch Hoffnung gehabt haben. Sie müssen gedacht haben, sie würden diese Sachen später gebrauchen können. Dann hatten sie es sich anders überlegt und alles fallen lassen.

RejoovenEsense
    Er ist außer Atem und verschwitzt, als er endlich den äußeren Mauerring des

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